Notenbanken produzieren Inflation an falscher Stelle

15.09.2017

Lukas Daalder, Chief Investment Officer bei Robeco Investment Solutions

Alternative Sichtweisen

Der Robeco-Experte verweist auf Ökonomen, die zwar die Erklärung für sinkende Inflationsraten akzeptieren, sich aber eher auf die mit rückläufiger Inflation und entsprechenden Erwartungen verbundenen Risiken konzentrieren und ihnen begegnen wollen. Diese Gruppe betont, dass die hauptsächlich auf den Leitzins gestützte Geldpolitik an Wirksamkeit bei der Erzeugung von Inflation verloren hat. Daraus schließen sie, dass eine andere Vorgehensweise erforderlich ist. Des Weiteren argumentieren sie, dass die Löhne üblicherweise nach unten kaum flexibel sind, wenn es einfacher ist, Arbeitnehmer zu entlassen, was der Konjunktur abträglich sein kann. Und wenn man die Inflation sinken lässt, steigt das reale Verschuldungsniveau im Zeitverlauf (bei konstanten Zinsen). Demnach ist jemand, der bei Aufnahme einer 30-jährigen Hypothek eine Inflationsrate von zwei Prozent unterstellt, bei strukturell rückläufiger Inflation mit einem effektiv höheren Schuldenstand konfrontiert.

„Gemessen an den Aussagen diverser Notenbankvertreter scheinen die meisten davon dem zweiten Lager anzugehören. Dies deutet auf ein Boom & Bust-Szenario hin, das heißt die Notenbanken pumpen zu viel Liquidität in das Finanzsystem und produzieren dadurch ‘Inflation’ an der falschen Stelle", fasst Daalder zusammen. Möglich ist aber auch ein günstigeres Szenario, in dem die klassische Inflation zurückkehrt, wenn auch mit Verzögerung. „Wir sind etwas skeptisch, was die These ‚die Inflation ist tot‘ angeht. Unter anderem, weil es derartige Behauptungen in der Vergangenheit schon öfters gab. Sie erinnern ein wenig an die alle zehn Jahre aufkommende These, dass es keinen Konjunkturzyklus mehr gebe. Wir denken, dass sich Inflation niemals ganz vermeiden lässt.”

Daalder weiter: „Solange Angebot und Nachfrage nicht vollkommen miteinander übereinstimmen, bleibt Inflation ein Merkmal unseres Wirtschaftssystems. Man kann insbesondere an den Arbeitsmärkten eine Verknappung beobachten, wo die Nachfrage das Angebot übertrifft. Der technische Fortschritt mag die Anhebung der Löhne verzögert haben. Wir sehen jedoch keinen Grund, warum es am Ende nicht dazu kommen sollte. In diesem Fall – unserem Basisszenario – wird die Inflation mit einer gewissen Verzögerung einsetzen. Und dann dürften auch die Anleihenrenditen steigen."

Kommentar von: Lukas Daalder, Chief Investment Officer Robeco Investment Solutions