Nachhaltigkeit – Erneuerbare Energien als volatiler Bestandteil

25.06.2024

Andreas Görler. Foto: Pruschke & Kalm GmbH

In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit weltweit an Relevanz gewonnen. Allerdings ist der größte Teil in Europa verordnet und auch dort am stärksten reguliert. Aber selbst in den USA, wo Begriffe, wie ESG oder „sustainability“, in einigen Bundesstaaten schlecht beleumundet bis verboten sind, wird ein großer Teil so investiert. Nur heißt es dann eben „responsable“ oder „renewable“.

Die meisten Direktinvestitionen gehen in den USA in diese Segmente und nicht in Öl und Gas. Hier geht es den Investoren eher nicht um die Nachhaltigkeit oder die ökologischen Effekte, sondern schlicht um die Rendite. In Europa schafft man es hingegen häufig nicht, in diesem Segment die Förderungen so zu steuern, dass langfristig auskömmliche Erträge für die Unternehmen möglich sind. In Deutschland hat man es gerade „geschafft“ die Solarindustrie ein zweites Mal gegen die Wand zu fahren. Auch das Schweizer Unternehmen Meyer Burger schließt seinen deutschen Standort und geht in die USA. Der Schweizer Bundesrat hat außerdem beschlossen keine eigene Solarindustrie in der Schweiz zu entwickeln, sondern eher gesamteuropäische Projekte zu unterstützen.

Gute Wertentwicklung, bei diversifizierten Portfolios

Auch bei Geldanlagen spiegelt sich das wider. Nach einer Abschwächung im April setzte der Aktienmarkt seine Aufwärtsbewegung der Vormonate fort. Weltweit gewannen Aktien im Mai etwa 1,8 Prozent an Wert. Ein Teil nachhaltiger, aktiver Aktienfonds legten im Schnitt sogar 3 Prozent zu - auch weil zahlreiche Erneuerbare-Energien-Aktien sehr gut liefen und einen Teil ihrer erheblichen Verluste aus dem letzten Jahr wettmachen konnten. Die größten Gewinner waren daher im Mai drei Fonds mit Schwerpunkt „grüner Strom“, die im Jahresvergleich aber weiterhin noch eher schwach dastehen: der LSF Active Solar (+16 Prozent), der Green Benefit Global Impact Fund (+12 Prozent) und der Erste WWF Stock Environment (+ 11 Prozent).

Fonds mit vielen „Erneuerbare-Energien-Aktien“, die Schwerpunkte bei Wind-, Solar- und Wasserstoff setzen, waren in den letzten Jahren besonders anfällig für starke Kursschwankungen. Diese Fonds eignen sie sich, wie viele Themen oder Nischenfonds eher nicht als Basis-Investment für sicherheitsorientierte Anlegerinnen und Anleger, weil hier die Risiken wegen der geringen thematischen Streuung und der oft nur sehr wenigen Aktien im Portfolio hoch sind. Es handelt sich hierbei eher um eine Ergänzungfür das Depot und man benötigt mehr Geduld als bei breiter aufgestellten Fonds. Seit Wind- und Solarkraft keine Lieblingsthemen mehr an der Börse sind, sondern imGegenteil häufig gemieden werden, erzielen ökologisch ausgerichtete Fonds, mit diesem Schwerpunkt, deutlich niedrigere Renditen. Abzulesen etwa an der Wertentwicklung auf Sicht von drei Jahren. Im Frühjahr 2021 standen Fonds mit hohem Erneuerbare-Energien-Anteil wie der Erste WWF Stock Environment deutlich besser da als heute.

Die Energiewende bleibt aber eines der wichtigsten Zukunftsthemen, von daher stehen die Chancen gut, dass diese Fonds mittelfristig wieder spürbar zulegen. Hier bieten sich also durchaus Kaufgelegenheiten.

Aktuell hohe Renditen in anderen Segmenten

Nachhaltige Fonds, die auch in große Technologiewerte investieren, machen seit einigen Monaten eine bessere Performance. Auch hier werden die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllt, auch, wenn man nicht jeden Fonds als „dunkelgrün“ bezeichnen kann. Hohe Zuwächse schafften LBBW Global Warming (+ 28 Prozent), der Bergbaufonds Earth Sustainable Resources Fund (+27 Prozent) und der nachhaltige Swisscanto Equity Fund Sustainable mit einem Plus von 22 Prozent.

Hohe Wertzuwächse im Fünf- und Zehn-Jahresbereich

Langfristig haben praktisch alle Fonds an Wert gewonnen. Erfolgreiche Produkte auf Sicht von fünf Jahren: Protea II Solar & Sustainable Energy Fund (ehemals LSF; plus 118 Prozent), LBBW Global Warming und Swisscanto Equity Fund Sustainable (beide plus 97 Prozent) sowie der GreenEffects NAI-Werte Fonds (plus 93 Prozent). Der globale Referenzindex MSCI World stieg im gleichen Zeitraum um 87 Prozent. Grüne Fonds, die seit zehn Jahren am Markt sind, legten in diesem Zeitraum im Schnitt um knapp 119 Prozent zu. Gut entwickelten sich beispielsweise der DKB Nachhaltigkeitsfonds Klimaschutz (+239 Prozent), der LBBW Global Warming (+209 Prozent), der GoldmanSachs Global Sustainable Equity (+192 Prozent) und der Swisscanto Equity Fund Sustainable (plus 186 Prozent). Der MSCI World lag in zehn Jahren bei +201 Prozent.

ETF als Alternative?

Weil Nachhaltigkeit im Trend liegt, setzt die Finanzbranche nun vor allem auf nachhaltige ETFs, die oft mit der Zusatzbezeichnung „ESG“ oder „Low Carbon“ bzw. „Ex Fossil Fuels“ angeboten werden. ETFs sind vor allem wegen ihrer niedrigen Kostenbeliebt. Verbraucherschützer und Finanzportale empfehlen ETFs als Altersvorsorge.

Besonders stark ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach nachhaltigen ETFs gestiegen, so dass mehrere 100 Mrd. Euro investiert sind. Als kostengünstiger Weg zu besseren ETFs sollten strenge Ausschlusskriterien im Fokus stehen – doch hier lassen viele ETFs Schlupflöcher. Mit der Nachfrage steigt auch das Angebot: Jede Woche starten neue ETFs, die mit dem Etikett „nachhaltig“ beworben werden. Um die Kosten niedrig zu halten, verzichtet man dann auf Nachhaltigkeitsgremien, intensive Dialoge mit Unternehmen, und transparente Informationen zum Auswahlverfahren. Anleger, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen, sollten daher einen Blick auf aktive Fonds werfen und dabei auf die Internetseite des FNG (Forum Nachhaltige Geldanlagen) schauen. Hier werden ca. 600 nachhaltige Fonds aufgeführt und eine Selektionsmaske mit einer Vielzahl von Sektionskriterien angeboten. Zusätzlich sollte man sich aber auch die entsprechenden Factsheets der ausgewählten Fonds ansehen.

Auf Risiken achten

Ob nachhaltig oder nicht, jedes Investment muss in das persönliche Chance-Risiko-Profil eines Anlegers passen. Alles Geld in einen „hellgrünen“ Halbleiter-ETF oder einen „dunkelgrünen“ Solarfonds zu stecken, ist grundsätzlich keine gute Idee, weil die Wertentwicklung solcher Produkte sehr stark schwanken kann und auch politische Einflüsse durch Regierungswechsel, außenpolitische Stress-Szenarien und Änderungen in der Subventionspolitik überproportionale Einflüsse haben können. Die Basisinvestments sollten daher breit diversifiziert sein. Das geht am leichtesten mit Welt-ETFs, die oft sogar mehr als tausend Aktien enthalten, aber auch mit einer ordentlichen Anzahl sehr nachhaltigen, breit aufgestellten aktiven Fonds.

Marktkommentar von Andreas Görler, Senior Wealth Manager, Pruschke & Kalm GmbH, Berlin