Mikroapartments werden zur längerfristigen Wohnform

30.07.2019

John Bothe, Gründer und Geschäftsführer der Silverlake Real Estate Group / Foto: © Silverlake Real Estate Group

Deutschland wohnt in kleinen Wohnungen, denn es wird zum Land der Single-Haushalte. So zumindest prognostiziert es das Statistische Bundesamt: 19 Millionen könnten es im Jahr 2035 sein – fast ein Viertel der Deutschen würde dann allein leben. Gemeinsam mit der fortschreitenden Urbanisierung und dem Wachstum der Großstädte ergibt sich daraus eine immer stärkere Verdichtung des urbanen Raums. Die Mieten steigen, während Jahr für Jahr mehr Menschen in Innenstadtnähe leben wollen. Gleichzeitig wächst die Zahl der Pendler, die unter der Woche in Großstädten arbeiten, ihren Lebensmittelpunkt aber anderswo pflegen.

Dieser Trend ist schon seit Jahren zu beobachten. Es ist deshalb kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen für ein Mikroapartment entscheiden. Eine vergleichsweise günstige Miete kann sich hier mit kurzen Wegen im Alltag und hohem Komfort koppeln und so eine für viele – insbesondere junge Menschen – attraktive Wohnform bereitstellen. Dieses Potenzial haben auch Investoren aus dem In- und Ausland erkannt. Und dementsprechend hat sich auch der Markt für Mikroapartments in den vergangenen Jahren entwickelt: Angesichts von Nettoanfangsrenditen von bis zu sieben Prozent stieg das Investitionsvolumen auf dem deutschen Markt von 350 Mio. Euro im Jahr 2015 auf 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2018.

Nutzer denken um und wollen länger bleiben

Die hohen Erträge ergaben sich in der Vergangenheit auch aus der relativ hohen Mieterfluktuation. Für Studenten, Pendler oder Freelancer waren Mikroapartments oft eine kurzfristige Übergangslösung bis zum Ende des Studiums, dem Finden einer günstigeren Alternative oder dem nächsten Auftrag in einer anderen Stadt. Doch offenbar vollziehen viele potenzielle Nutzer angesichts der Mietanstiege in normalen Geschosswohnungen einen Bewusstseinswandel. Wie eine von Silverlake in Auftrag gegebene Studie des Marktforschungsinstituts YouGov ergeben hat, können sich mehr als die Hälfte der Befragten vorstellen, für mindestens ein Jahr in ein Mikroapartment zu ziehen. 26 Prozent gaben sogar an, dies für bis zu zwei Jahre zu tun.

Der boomende Markt für diese Wohnform blickt damit einem weiteren Schub entgegen. Eine stetig wachsende Mietergruppe ist bereit, für die offensichtlichen Vorteile höhere Quadratmetermieten zu bezahlen und im Gegenzug eine Kombination aus Wohnwert und -lage zu bekommen, die anders kaum noch auf dem regulären Markt zu finden ist. Zusätzliche Angebote wie etwa ein Concierge-Service, umfangreiche Freizeiteinrichtungen im Gebäude und die Gewissheit einer stets makellosen Infrastruktur stellen für diese wenig preissensible Gruppe handfeste Argumente für Mikroapartments dar.

Denn Kompromisse zu machen, kommt für diese Interessenten nicht infrage: 70 Prozent der Befragten in der YouGov-Studie wollen eine zentrale Lage, sogar 72 Prozent machen einen schnellen Internetanschluss zur Bedingung. Angesichts des wachsenden Angebotes auf dem Markt sind deshalb in den kommenden Jahren eine Ausdifferenzierung und ein stärkerer Wettbewerb zu erwarten. Aus Investorensicht wird es somit wichtiger, auf Projekte zu setzen, deren Vorteile klar ersichtlich sind. So sind vor allem A- und wachsende B-Städte dafür geeignet, dauerhaft einen stabilen Markt für Mikroapartments zu ermöglichen. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche der Nutzer an Charakteristika wie die Ausstattung oder eine hervorragende Erreichbarkeit und ein attraktives Umfeld. Denn die praktischen Aspekte eines Lebens in Mikroapartments sind nur ein Kriterium – mindestens genauso wichtig ist, dass Bewohner die schönen Seiten des urbanen Lebens auch im Alltag konkret erfahren.

Gastbeitrag von John Bothe, Gründer und Geschäftsführer der Silverlake Real Estate Group