Mensch gegen Maschine

14.01.2016

Wird die Finanzberatung wie früher persönlich oder in Zukunft nur noch digital stattfinden? Die Digitalisierung schreitet voran und wird nach Meinung von Experten den künftigen Workflow der Maklerwelt entscheidend mitbestimmen.

(fw) FinTech ist in aller Munde. Und während die großen Versicherer und Verbände noch über Schnittstellen und Datenschutz diskutierten, fangen einige Vermittler, Maklerpools und Startups schon mal an: Knip, Get Safe, Clark und Simplr heißen die Anwendungen, die um Kunden, Daten und nicht zuletzt Maklerverträge buhlen. Tagtäglich bauen diese ihren Marktanteil aus und gewinnen neue Kunden.

Unter dem Schwerpunktmotto „Über den Einflussfaktor Digitalisierung auf das Maklerprofil der Zukunft“, diskutierten am 14. Januar Medienvertreter, der FinTec Experte Marco Kantner, Geschäftsführer der INFOS GmbH, und die Vorstände des Oberurseler Maklerpools BCA im Rahmen ihres Pressedialogs 2016 über mutmaßliche Konsequenzen von fortschreitender Digitalisierung und Regulierung für Vermittler wie Maklerpools.

Das große Daten-Raten

Die Grundidee vieler FinTechs ist gleich: Die Vereinfachung des Abwicklungsprozesses sowie eine digitalisierte, transparente Verwaltung. Was im Investmentbereich schon seit geraumer Zeit mit einigen digitalen Plattformen sehr gut funktioniert, stellt die Versicherungsbranche vor große Herausforderungen. Denn allzu oft krankt es an einheitlichen Datenstandards und den fehlenden Schnittstellen. Die grundlegende Problematik fehlender Standards, so BCA-Vorstand Christina Schwartmann, führe dazu, dass viele Makler sich mit den nicht einheitlichen Daten der Versicherer und Kunden herumplagen müssten. Die Folge: Ein erhöhter Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwand. Die Herausforderung sei es, endlich eine einheitlich standardisierte, digitale Kommunikation zwischen Maklern und Versicherern zu bewirken, so Schwartmann. Erst dann bestehe die Möglichkeit, sicheren Datenaustausch zum Beispiel über Verwaltungsprogramme prozessoptimiert darzustellen. Wie so etwas funktioniert, zeigt Marco Kantner am Beispiel der Analysesoftware „DepotSTAR“ eindrucksvoll: „Automatische Datenübernahme von ebase- und FFB-Depots sind selbstverständlich. Die Anlage von realen und fiktiven sowie konsolidierten Depots können einfach dargestellt und mit zahlreichen Auswertungsmöglichkeiten verglichen werden.“ Der Kunde sei über den aktuellen Stand seines Investments bestens digital informiert, kann aber im Bedarfsfall noch persönlich beraten werden.

Der Kunde als sein eigener Makler

Im Versicherungsbereich besteht da noch Nachholbedarf. Denn bei den bereits erwähnten App Anbietern wie Knip, Clark und Co. kocht jeder sein eigenes Datensüppchen. Dabei ist die Dateneingabe meist noch nicht mal automatisch, sondern muss manuell erfolgen. Und das ist bei den meisten Anbietern die Aufgabe der Kunden. Diese sind aber in der Regel keine Versicherungsexperten. Fehler sind somit im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert und die Haftungsfrage zumindest fragwürdig. „Wo ist etwa der Nutzen für den Verbraucher, wenn dieser seine Versicherungsdaten eigenständig zusammensuchen und Daten selbst einpflegen, die Einstellung der Dokumente die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Unterlagen nicht ersetzt beziehungsweise bei Leistungsschäden keine Hilfe durch den FinTech-Dienstleister gewährt wird?“, hinterfragt BCA-Vorstand Dr. Frank Ulbricht und stellt fest, „dass manche FinTech-Plattform in nicht wenigen Punkten die Aufgaben eines Maklers schlicht auf den Kunden abwälzen. Ob dies ein Kunde am Ende des Tages als Mehrwert versteht, darf angezweifelt werden.“ Auch stelle sich die Frage, warum die Darstellung aller Verträge unbedingt mobil darstellbar sein muss. Wenn diese nicht mit einer mobilem Schadensmanagement gekoppelt sei, bietet eine mobile App im Vergleich zu einer Onlinesoftware keinen signifikanten Vorteil.

Viele offene Fragen

Die FinTech Apps, die Versicherungsverträge verwalten, bewegen sich auf Neuland. „In dem stark regulierten Versicherungsmarkt erscheinen sie fast wie das kleine gallische Dorf, das nicht von Rom besetzt ist“, schmunzelt BCA-Vorstand Oliver Lang. „Noch“, fügt er hinzu, „denn auch hier werde es früher oder später zu einer einheitlichen Regelung kommen.“ Die FinTech Firmen sichern sich mit langen AGBs ab, die aber viele Fragen offen lassen. Wer informiert den Makler oder Vermittler, dass die Verträge seines Kunden nicht mehr von ihm betreut werden? Ist sich der Kunde bewusst, dass er einen Maklervertrag unterschreibt? Denn, wie so viele Online AGBs, werden diese kaum gelesen. „Der langjährige vertraute Makler wird mit einem Mausklick ersetzt“, erklärt Mirko Faust, Leiter Marketing BCA. Eine persönliche Beratung fände online kaum oder gar nicht statt. Weiß das der Kunde? Wie ist er beim Schadensmanagement gestellt?

Es lohne auch ein Blick in die AGBs, erklärt Faust. „Ausschluss der Beratung trotz Maklerstatus, Ausschluss verschiedener Versicherungssparten, der Kunde ist verantwortlich für Datensicherung – da ist noch viel Optimierungsbedarf,“ so der Marketingexperte weiter. Die Idee der Apps sei gut, jetzt komme es auf die weitere Umsetzung an.

Hybrid siegt

Nach Überzeugung der BCA lösen aber die derzeitigen FinTech Anwendungen weder die persönliche Beratung ab, noch stellen sie eine grundsätzliche Bedrohung für den Vermittler dar. Derzeit könne kein FinTech das umfassende Leitungsangebot beziehungsweise die persönliche Kunden- und Vertrauensbeziehung eines Maklers widerspiegeln. Zudem wäre mancher Start-Up nicht derart hochgradig innovativ und serviceorientiert unterwegs, wie man denke – so Oliver Lang. Dessen ungeachtet wird es künftig kaum noch Kunden geben, die sich nicht zumindest online informierten oder gleich online abschließen. „Nichtsdestotrotz muss nicht jeder Makler gleich ein FinTech-Unternehmer werden. Zumeist reicht es bereits aus, wenn er mittels professioneller Homepage für den Kunden präsent ist. Sowohl FinTech-Lösungen als auch persönliche Maklerbetreuung werden künftig beide gleichberechtigt neben- und miteinander und weniger gegeneinander ihre Daseinsberechtigung haben“, erklärt Lang abschließend.

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