Japan: Abe muss nach Sieg bei Oberhauswahl liefern

21.07.2013

**Der gestrige Sonntag brachte das erwartete Ergebnis. Die Liberaldemokratische Partei (LDP) hat bei der Oberhauswahl einen haushohen Sieg errungen. Das Unterhaus und das Oberhaus werden von der Regierungspartei kontrolliert. Was die „Abenomics" bedeuten, veranschaulicht **Markus Schuller, Gründer Panthera Solutions, in einem exklusiven „finanzwelt"-Kommentar.

Japan leidet seit rund zwei Jahrzehnten unter deflationären Preisentwicklungen. Das nominale BIP wuchs in dieser Zeit nicht an. Die Staatsverschuldung stieg auf über 240% zum BIP. Leitzinsen notieren seit vielen Jahren nahe Null. Das Budgetdefizit fungierte als Ausgleichsmechanismus. Das Handelsdefizit stieg kontinuierlich an. Rosige Aussichten.

Premier Abe versucht nun seit Dezember der desparaten Situation aus drei Richtungen Herr zu werden:

1 fiskalische Konsolidierung

2 aggressive Zentralbank-Interventionen und

3 Wachstumsimpulse durch Strukturreformen.

Soweit, so plausibel. In der Umsetzung wäre wohl eine Quadratur des Kreises einfacher zu bewerkstelligen. Ebenso plausibel stellte sich in der Zwischenzeit heraus, dass #2 die am Widerstandslosesten zu realisierende Richtung darstellt. Die BoJ engagiert sich derzeit am Markt in nahezu gleichem Volumen wie die Fed, bei nur 1/3 der volkswirtschaftlichen Größe der USA. Immerhin, in Summe liegt die Expansion der BoJ-Bilanzsumme im vergleichbaren Rahmen zu den anderen Zentralbanken von Relevanz

Nebeneffekt: die BoJ als unabhängig zu bezeichnen, würde wohl nicht nur im BoJ Board zu Amusement führen.

Mit dem Nikkei225 auf über 14.000 notierend, einem annualisierten BIP-Wachstum von 4,1% in Q1/13, einem positiv zu interpretierenden Tankan Report von Ende Juni und einer immer noch negativen, aber zumindest sich gegen Null bewegenden Inflationsrate könnte man meinen, Abenomics wirkt.

Indeed, es wirkt kurzfristig, wie ein Adrenalinrausch. Die entscheidende Frage ist, ob der Effekt anhält. Denn diese Nachhaltigkeit wird benötigt, um Japan aus der Deflationsspirale zu befreien. Die Antwort selbst ist nicht im Land zu finden.

Mit dem Maßnahmenbündel setzt Japan darauf, seine Deflation exportieren zu können. Nebeneffekt: eine stark fallende Währung. Diese indirekte Abwertungspolitik auf dem Rücken der Handelspartner, also speziell seiner geographischen Nachbarn ist gegen die vereinbarten Spielregeln der G20 Runde. Bisher konnte Abe seine Kollegen davon überzeugen, dass eine Yen Abwertung nicht das Ziel, sondern eine Begleiterscheinung seiner Maßnahmen ist. Well, ein schmaler Grad, to say the least.

Dieser indirekte Effekt hat bereits negative Konsequenzen für die Handelsbilanzen von Vietnam, Malaysia, Thailand, Korea und nicht zuletzt China.

Die Absatzmärkte der Nachbarn Korea, Taiwan und Japan überlappen sich. Ebenso jener von Deutschland, den USA und UK mit Japan. Doch Hauptaugenmerk soll hier nun auf die unmittelbaren Nachbarn liegen, weil diese eine entscheidende Rolle in der Frage der Abenomics-Überlebenschance spielen.

Japan ist China´s größter Zulieferer. Unmittelbar konkurriert das Land hier mit Korea, Hong Kong und Taiwan.

Gemessen am Handelsvolumen der Im- und Exporte könnte man bei den Partnern China, Malaysia und Indonesien in ihrem Güteraustausch mit Japan ein pars pro toto annehmen. Sodass also eine Abwertung des Yens zu einer Aufwertung der Importpreise führt, die letztendlich ein Nullsummenspiel darstellt.

Sieht man sich die Struktur der Import und Export Bilanzen näher an, wird deutlich, dass die Veredelung weiterhin in Japan vorgenommen wird. Die geringwertigeren Teile der Wertschöpfungskette wurden in die Nachbarländer ausgelagert. Es ist nun einfacher eine Produktionsfabrik von Malaysia nach Kambodscha zu verlegen, um steigende Importpreise auf Seiten der Produktionskosten auszugleichen, als in Japan selbst die Produktionskosten zu senken, um international wettbewerbsfähiger zu werden. In Summe ergibt sich ein Vorteil für Japan.

Der entscheidende Punkt ist nun, ob, eher wie lange, die Volkswirtschaften Südostasiens still halten und nicht ebenso beginnen, ihre Währungen abzuwerten. Setzt dies ein, muss auch China reagieren. Reagiert China, müssen die westlichen Schwergewichte des Welthandels reagieren. Eine Kettenreaktion wäre ausgelöst. Ein Mikado Spiel mit hohem Einsatz.

Zusammengefasst: Japan´s derzeitige Chance liegt darin, #1 und #3 rasch umzusetzen, um die Zeit, die mit #2 und dem Stillhalten der Handelspartner gekauft wurde, die domestischen Probleme zu lösen. Möglich, aber unwahrscheinlich.

Das Hintergrundgespräch führte Alexander Heftrich