Inflation – Warum haben alle Angst davor?
17.05.2021
Heiko Löschen, Vermögensverwalter der GSP Asset management GmbH / Foto: © GSP
Seit Wochen geistert das Gespenst der Inflation durch die Schlagzeilen und verschreckt den ein oder anderen Kapitalanleger. Warum eigentlich, fragt von Heiko Löschen, Vermögensverwalter der GSP asset management GmbH in Münster.
Jüngst äußerte sich die Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB) Isabel Schnabel dahingehend, dass die Inflation kurzfristig über die Marke von drei Prozent springen könnte. Ein Raunen ging durch die Presse. Nur frage ich mich warum eigentlich? Es ist doch überhaupt keine Überraschung, dass nach einem Jahr wie 2020 mit einer darniederliegenden Wirtschaft die wirtschaftliche Aktivität im Folgejahr zum Glück wieder zunimmt und dadurch höhere Preise spürbar sind. Wenn der Export boomt, die Rohstoff- und Energiepreise steigen und Nachholeffekte in den Unternehmen zu vollen Auftragsbüchern führen, dann löst dies Preissteigerungen/ Inflation aus. Grundsätzlich ganz logisch nachvollziehbar und überhaupt nicht besorgniserregend. Allerdings Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Die Frage ist: was bedeutet „kurzfristig“?
Die Notenbanken bemühen sich sehr, den Marktakteuren das größtmögliche Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Die Zinsen in Europa sollen vor 2023 auf gar keinen Fall angehoben werden. Auch wenn die Inflationsrate „dauerhaft“ über zwei Prozent verharren sollte. Diese Aussage der EZB ist ein Pfund! Wenn sie sich daran nicht hält, so verspielt sie ihre Glaubwürdigkeit und das Fundament unserer sich langsam stabilisierenden Währung Euro könnte erneut Risse bekommen. Das wird die EZB nicht riskieren. Somit drohen uns in Europa in den kommenden Monaten keine massiv höheren Zinsen als vor der Pandemie und die erwartete wirtschaftliche Erholung sollte aus dieser Seite keine großen Störfeuer bekommen.
Hüben wie drüben? Europa und die USA im Gleichklang?
In den USA sieht es ein wenig anders aus. Hier brummt der Konjunkturmotor viel stärker und die Zentralbank wird die Zinsen stetig und kontrolliert anheben. Dies ist für die Märkte aus meiner Sicht kein Drama. Wenn dies mit dem Wachstum der Wirtschaft einhergeht versetzt diese Strategie die Notenbank in die Lage, bei einem Abschwächen der wirtschaftlichen Aktivität wieder mit Zinssenkungen zu agieren anstatt untätig zuschauen zu müssen. In der Vergangenheit hat dies auch bereits in der Ära der Regierung Clinton durch die Fed unter Führung von Alan Greenspan sehr gut funktioniert. Die Frage ist natürlich, wie dieser Balanceakt zwischen Wirtschaftswachstum, Inflation und Zins weiter verlaufen wird. Gerade die relativ „junge“ Regierung in den USA wird sich bemühen, den eingeschlagenen Kurs zu stabilisieren.
Und wenn es doch anders kommt?
Aber was ist zu tun, wenn die Schlagzeilen rund um die toxischen Einflussfaktoren Inflation und steigende Zinsen die Kapitalmärkte durchschütteln werden? Aktien sind nach wie vor die beste Versicherung gegen Inflation. Den gesunden Unternehmen wird es gelingen höhere Preise an ihre Kunden weiterzugeben und somit werden diese Unternehmen auch weiterhin wirtschaftlich erfolgreich agieren. Der Börsenwert sowie die Aktienkurse werden steigen. Mögliche Abschwünge an der Börse sollten zu Käufen genutzt werden. Gold- und Immobilienpreise sollten weiter von derartigen Strömungen gestützt werden. Durch die vor allem in den USA bereits gestiegenen Zinsen sind wieder einzelne Unternehmensanleihen attraktiv und Investitionen rechnen sich.
Inflation ist Gift für Kontoguthaben
Der große Verlierer ist und bleibt der Anleger in Papiergeld. Anlagen in Papiergeld, auf Giro- und Tagesgeldkonten, in Versicherungen und in Bausparguthaben sind der drohenden Inflation schutzlos ausgesetzt. Bei einer Inflationsrate von drei Prozent verlieren 50.000 Euro binnen eines Jahres 1.500 Euro an Kaufkraft. Sollte die Teuerung für die kommenden Jahre auf dem von Frau Schabel „kurzfristig“ bezeichneten Niveau verharren, so läge der Kaufkraftverlust bei rund 11.700 Euro bis zum Jahr 2030. Spätestens bei Betrachtung dieser Zahlen unter Berücksichtigung des realen Kaufkraftverlustes, sollte der fürsorgliche Anleger seine Strategie auf den Prüfstand stellen, die Verteilung seines Vermögens überprüfen und die für die Zukunft wichtigen Weichen stellen.
Cash war und ist King!
Allerdings nur in dem Maße, welches für einen überschaubaren Zeitraum zum Leben und bereits feststehende Verwendung gebraucht wird und/oder welches für Investitionen in Aktien und andere Sachwerte bereit liegt. Also: Butter bei die Fische!
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de