Immobilien und Inflation? Ist der Schutz Makulatur?

11.04.2023

Sebastian Eraghi, COO Neho GmbH / Foto: © Neho

Immobilien gelten traditionell als Investitionen, die gegen einen Wertverlust durch Inflation geschützt sind. Ihren Ursprung hat diese Annahme darin, dass es sich bei Immobilien um harte Vermögenwerte handelt. Der inhärente Wert von Immobilien kann losgelöst von der Entwicklung einer Währung betrachtet werden. Trotz wirtschaftlicher Krisen bleibt die reelle Beschaffenheit einer Immobilie unverändert. Hinzukommt es besteht ein gesicherter gesellschaftlicher Bedarf nach Wohnraum, an dem sich der Wert von Immobilien orientiert. Aktien hingegen können im Fall einer schweren Wirtschaftskrise ihren Wert gänzlich verlieren.

Im Fall einer Rezession, bei der kein kompletter Wertverlust zu befürchten wäre, verliert diese Erkenntnis jedoch an Relevanz. In einem solchen Szenario liegt es für Investoren nahe nach Anlagemöglichkeiten zu suchen, die den inflationsbedingten Wertverlust möglichst ausgleichen. Momentan liegt die Inflationsrate in Deutschland bei etwa 8 Prozent, die Wirtschaft verzeichnet ein niedriges Wachstum, gleichzeitig sinken die Preise für Immobilien. Wenn Immobilien durch Inflation und sinkenden Marktpreis einen doppelten Wertverlust erleiden, schützen sie dann momentan überhaupt vor Inflation?

Nicht jede Immobilieninvestition entfaltet in gleichen Maßen einen Inflationsschutz. Investoren betrachten Immobilien normalerweise anhand des Verhältnisses zwischen Nettokaltmiete und Kaufpreis. Hierbei bedeutet eine hohe Miete bei einem niedrigen Kaufpreis eine attraktive Investition. In diesem Kontext wären die sinkenden Preise für Kaufinteressenten also positiv zu werten. Ebenso können Mieten auch bei hoher Inflation in einem ähnlichen Verhältnis steigen. Indexmieten sind unmittelbar an die Inflation gebunden und stellen damit einen besonders sicheren Ausgleich zur Inflation dar. In klassischen Mietverträgen liegt die maximale Erhöhung zwischen 15 und 20 Prozent in einem Zeitraum von drei Jahren. Damit ist auch hier realistischer Spielraum für einen Ausgleich gegeben. Eine Untersuchung des Deutschen Bank Research kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass angesichts der aktuell steigenden Mieten und der hohen Nachfrage nach Wohnraum der Inflationsschutz durch Wohnimmobilien langfristig intakt sei.

Im Falle einer hohen Inflation gepaart mit hohem Wirtschaftswachstum rentieren sich besonders Immobilien, die von Wachstumstrends profitieren. Dabei würde es sich klassischerweise um Objekte in Wachstumsregionen handeln. Ein hoher Nachfrageüberhang, eine günstige wirtschaftliche Entwicklung in der Region und ein vergleichsweise günstiges Preiseinstiegsniveau sind dabei Indikatoren für lohnenswerte Investments.

Beim Kauf von Immobilien wird zudem meist mit Fremdkapital gearbeitet, dadurch spielt noch ein anderer Aspekt der Inflation eine Rolle. Zwischen Zinsen und Inflation besteht eine Wechselwirkung. Der Leitzins wird von den Notenbanken zur Eindämmung der Inflation erhöht. Die Inflation sorgt für einen Wertverlust beim Kredit, wodurch dieser deutlich leichter zurückgezahlt werden kann. Gleichzeitig erschweren die gestiegenen Zinssätze die Tilgung des Kredits. Während der Zinssatz bei einem Kredit normalerweise fix ist, ändert sich die Inflation. Eine steigende Inflation kommt dementsprechend allen Schuldnern zugute aber in besonderem Maß jenen die einen niedrigen Zins zu bedienen haben. Die Inflation frisst die Schulden auf – diese „Sondertilgung“ gilt es bei der wirtschaftlichen Betrachtung einer Immobilie immer zu mitzubetrachten. Die Inflation hat somit auch etwas Gutes – unter den richtigen Umständen.

Wie lohnend welche Immobilien gegen Inflation sind, hängt davon ab, wie sich Inflation und Wirtschaftswachstum entwickeln. Zukünftige makroökonomische Entwicklungen sind nie leicht vorherzusehen, aber genau darin liegt die größte Stärke von Immobilieninvestments. Die Investitionsalternativen sind von diesen Entwicklungen weitaus stärker abhängig und langfristig ist nicht damit zu rechnen das der Bedarf nach Immobilien sinkt.

Gastbeitrag von Sebastian Eraghi,
COO der Neho GmbH