Immobilien: „Das brennende Streichholz weiterreichen“

27.02.2014

Dr. Holger Schmitz

Insbesondere in Deutschland ist der Glaube an die Immobilie als allheilbringende Kapitalanlage noch immer ungetrübt. Aktien oder auch Aktienfonds werden dagegen eher stiefmütterlich behandelt. Ein guter Rat für alle Anleger, die sich daran nicht die Finger verbrennen wollen: Verkaufen Sie Ihre Immobilie jetzt, denn dafür gibt es gute Gründe!

Wenn es darum geht, die Kapitalanlage in einer Immobilie mit guten Argumenten zu untermauern, sprechen viele Anleger gerne über die stetig steigenden Preise. Diese Annahme ist schlichtweg falsch, womit wir zum ersten guten Trennungsgrund kommen. Wer auf die Entwicklung der Häuserpreise in den letzten drei Jahren im Euroraum blickt, wird erkennen, dass die Immobilienpreise in Krisenländern wie Italien, Portugal, Irland oder Spanien zum Teil dramatisch eingestürzt sind. Aber auch in Ländern, die wirtschaftlich mit Deutschland durchaus vergleichbar sind, befindet sich das Betongold auf dem absteigenden Ast. So sind beispielsweise die Immobilienpreise in den Niederlanden in den letzten zwei Jahren um 13 Prozent gefallen.

Bescheidene Rendite trifft auf drohende Überbewertung

Eine Studie aus den USA hat über einen Zeitraum von über einhundert Jahren für sechs verschiedene Inflations- bzw. Deflationsszenarien und die vier Assetklassen Immobilien, Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Gold, die jährlichen realen Renditen analysiert. Bei Immobilien liegt die erzielte Realrendite in allen sechs Fallunterscheidungen nur knapp über Null. Dagegen weisen Aktien in vier Fällen die höchsten Realrenditen aus. Lediglich in den zwei selten vorkommenden Situationen, in denen eine Deflation von mehr als fünf Prozent oder eine hohe Inflationsphase mit Kaufkraftverlusten von über sechs Prozent pro Jahr herrscht, sind Aktien nicht die beste Anlageform.

Einen weiteren Grund liefert die aktuelle Überbewertung der Immobilienpreise. Bereits seit längerem warnen Experten vor möglichen Preiskorrekturen in Deutschland. Die Deutsche Bundesbank sieht Wohnungen in Großstädten um bis zu 20 Prozent überbewertet. Auch das Rheinisch-Westfälische Institut (RWI) warnt vor Immobilienpreisblasen in einigen Regionen Deutschlands. Die schon länger anhaltende Niedrigzinsphase dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben.

Nicht zu vernachlässigen ist das Klumpenrisiko, ein dritter guter Grund gegen die Immobilie. Alles auf eine Karte heißt es bei vielen Anlegern, und so sind in Deutschland rund 50 Prozent der Privatvermögen sprichwörtlich in Immobilien „einbetoniert", lediglich rund zwei Prozent sind in Aktien investiert. Die bereits erwähnten Preiskorrekturen könnten somit für weite Teile der Anleger durchaus spürbare Vermögensverluste nach sich ziehen.

Klumpenrisiko trifft auf mögliche Vermögensabgabe

Die angesprochene Unbeweglichkeit der Immobilie könnte auch Begehrlichkeiten bei der politischen Kaste wecken, um deren im Zuge der Euro- und Schuldenkrise ins Trudeln geratene Staatshaushalte zu sanieren. Womit wir zu einem weiteren guten Trennungsgrund kommen. Der aufmerksame Bürger wird registriert haben, dass die deutsche Bundesregierung bei der Volkszählung im Jahr 2011 erstaunliches Augenmerk auf die Eigentumsverhältnisse bei Immobilienbesitzern gelegt hat. Lediglich zehn Prozent der Gesamtbevölkerung wurden zufällig ausgewählt und zu Aspekten wie Erwerbstätigkeit und Bildung befragt. Dagegen mussten ausnahmslos alle Besitzer von Wohnungen und Häusern Auskunft über ihr Eigentum geben – und lieferten damit quasi eine Inventarliste der Immobilien in Deutschland als Voraussetzung für einmalige Vermögensabgaben auf Immobilien. Beispiele dafür gibt es genug: Eine Abgabe in Höhe von bis zu 50 Prozent des Verkehrswertes war in der Vergangenheit bereits möglich. Neben möglichen einmaligen Abgaben werden schon jetzt die Transaktionssteuern auf Immobilien drastisch erhöht. Mit Beginn des Jahres 2014 haben einige Bundesländer die Grunderwerbssteuer angehoben. Lag der Steuersatz bis 2006 einheitlich bei 3,5 Prozent, sind jetzt bis zu 6,5 Prozent fällig.

Vor diesem Hintergrund klingt der Appell „Verkaufen Sie Ihre Immobilie jetzt!" gar nicht mehr so spektakulär. Warum also nicht die eigene Vermögensstruktur überdenken, die hohen Immobilienpreise nutzen und sich den Chancen der Aktienmärkte zuwenden? Halten Sie das „brennende Streichholz" nicht zulange zwischen den Fingern fest.

(Autor: Dr. Holger Schmitz, Vorstand der SCHMITZ & PARTNER AG – Privates Depotmanagement)