"Grundsätzlich sollte der ELTIF als langfristiges Investment betrachtet werden"

19.02.2025

Dr. Andrea Vathje - Foto: Copyright Privatize

Exklusiv

Der ELTIF 2.0 ist eines der Themen, die auch im Beraterspektrum durchaus breiteres Interesse erfahren. Wo liegen die Vorteile; was gilt es zu bedenken? finanzwelt sprach mit Dr. Andrea Vathje, Head of Privatize Private Markets Institute, Privatize. Die Plattform hat, nebenbei bemerkt, unlängst eine Kooperation sowohl mit Inno Invest als auch Fonds Finanz verkündet.

finanzwelt: Frau Dr. Vathje, zunächst die Frage nach dem Geschäftsmodell der Privatize. Wofür steht das Unternehmen?

Dr. Andrea Vathje: Privatize ist eine Plattform für Berater, um Privatmarktfonds wie ELTIFs einfach im Kundengeschäft einsetzen zu können. Privatize stellt drei zentrale Module bereit:

o   Ein digitales Wissensportal, das Privatize Private Markets Institut, bietet umfassende Informationen rund um Private Markets.

o   Eine transparente, deutschsprachige Präsentation der Privatmarktfonds, die Beratern eine fundierte Fondsauswahl und -vorstellung ermöglicht.

o   Eine rechtskonforme, digitale Abschlussstrecke, um ELTIFs in bestehende Depots zu zeichnen. Aktuell kooperieren wir bereits mit der V-Bank, der Fondsdepot Bank und der DAB BNP Paribas.

Mit dieser Gesamtlösung bietet Privatize einen effizienten Prozess für den Zugang zu Fonds der Anlageklassen Private Equity, Infrastruktur und Private Debt.

finanzwelt: Lassen Sie uns etwas über den Markt für Alternatives reden. Immer mehr Anbieter bieten einen ELTIF 2.0 an. Ist das Vehikel „gekommen, um zu bleiben“?

Vathje: Unbedingt. Die Gesetzesnovelle ELTIF 2.0 hat ein attraktives Anlagevehikel geschaffen, das sowohl für Vermögensverwalter, Family Offices und Vermittler als auch für Anleger interessant ist. Eine wichtige Neuerung ist die Einführung von Evergreen-ELTIFs, die regelmäßig (häufig quartärlich) Rückgabeoptionen bieten. Der Trend zu Evergreen-ELTIFs ist deutlich: Von den 21 im letzten Jahr für deutsche Privatkunden zugelassenen ELTIFs waren 17 Evergreen- und vier geschlossene Fonds. Die Flexibilität der fortlaufenden Zeichnung und Rückgaben sowie die unmittelbare und kontinuierliche Allokation des investierten Kapitals wird von institutionellen Anlegern, die Evergreenprodukte bereits seit Jahren einsetzen, geschätzt. Gleichzeitig bieten Evergreen-ELTIFs erstmals die Möglichkeit, Privatmarktfonds nicht nur im Beratungsgeschäft einzusetzen, sondern auch in die diskretionäre Vermögensverwaltung zu integrieren.

Auch die Marktinfrastruktur entwickelt sich rasant weiter: Immer mehr Privatbanken, Depotbanken, Haftungsdächer und Maklerpools sind inzwischen in der Lage, ELTIFs abzuwickeln und ihren Beratern diese Produkte bereitzustellen. All das spricht dafür, dass ELTIFs dauerhaft ein fester Bestandteil der Anlagelandschaft werden.

finanzwelt: Bindung über einen langen Zeithorizont. Sind ELTIFs für private Investoren grundsätzlich geeignet?

Vathje: Grundsätzlich sollte der ELTIF als langfristiges Investment betrachtet werden. Der Zugang zu Privatmärkten, den ELTIFs ermöglichen, erschließt Privatanlegern über ihre Berater ein riesiges Investmentuniversum: Rund 90 % aller Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen USD befinden sich in privater Hand. Dieses Universum war bislang institutionellen Investoren vorbehalten, die seit Jahrzehnten signifikante Volumina investiert haben und neben dem Renditepotential auch die Diversifikationseigenschaften von Privatmarktanlagen schätzen.

Dennoch muss jeder Anlageberater und -vermittler prüfen, ob und welches ELTIF-Produkt für seinen jeweiligen Kunden geeignet ist. Ein geschlossener ELTIF mit zehn Jahren Laufzeit und einem Mindestinvestitionsvolumen von 50.000 EUR ist eher für Private-Banking-Kunden passend. Ein sparplanfähiger ELTIF mit 1.000 EUR Mindestanlage, der quartalsweise veräußerbar sein kann, könnte hingegen auch für kleinere Investoren, beispielsweise einen Berufseinsteiger, interessant sein — gerade mit Blick auf den langen Anlagehorizont und die Notwendigkeit privater Vorsorge für das Alter.

finanzwelt: Welche Rolle spielt dabei die Aufklärungsarbeit durch die Berater? 

Vathje: Eine ganz wesentliche. Die ELTIF-Verordnung sieht vor, dass bei diesen Produkten grundsätzlich eine Geeignetheitsprüfung durchzuführen ist — ein "Execution only"-Geschäft ist damit ausgeschlossen. Daher ist es entscheidend, dass Berater sich intensiv mit den Besonderheiten von Privatmarktanlagen vertraut machen und diese transparent mit ihren Kunden besprechen.

Die Privatize Plattform bietet hierfür gezielte Unterstützung: Das umfassende Wissensportal informiert Berater vollumfänglich über die verschiedenen Assetklassen und deren Eigenschaften im Unterschied zu Aktien- und Anleihefonds. Mit einem Portfolio-Simulations-Tool können Berater sogar modellieren, wie sich eine Beimischung von Privatmarktfonds in der Vergangenheit auf ein individuell zusammengestelltes Portfolio ausgewirkt hätte.

finanzwelt: Umreißen Sie kurz die Chancen und Risiken, die es einem ELTIF zu berücksichtigen gilt.

Vathje: ELTIFs bieten attraktive Ertragschancen in Relation zum Risiko, die historisch oft über denen ihrer liquiden Pendants lagen. Darüber hinaus ermöglichen Privatmarktanlagen eine breitere Diversifikation, da sie meist unkorrelierte Assets in ein Portfolio integrieren und dadurch das Risiko kurzfristiger Marktschwankungen reduzieren können. Zudem können Privatmarktanlagen als Sachwerteinvestments einen gewissen Schutz vor Inflation bieten und attraktive, planbare Ausschüttungen beisteuern.

Auf der anderen Seite stehen jedoch auch Risiken, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Die Illiquidität solcher Investments erfordert einen langen Anlagehorizont, da Kapital meist über mehrere Jahre gebunden ist. Auch das Risiko von Kursverlusten und die geringere Transparenz — mit in der Regel vierteljährlicher Kursversorgung — sind Aspekte, die Anleger kennen und einschätzen müssen. Insbesondere bei geschlossenen Fonds besteht zudem ein sogenanntes Blindpool-Risiko, da die konkreten Zielinvestments bei Zeichnung noch nicht feststehen. Bei Evergreen-Produkten ist dieses Risiko abseits der anfänglichen Investitionsphase bei der Aufsetzung des Fonds abgemildert, da der Fonds bereits in ein diversifiziertes Portfolio investiert ist.

Mit der richtigen Produktauswahl und Beratung lassen sich jedoch die Chancen gezielt nutzen und die Risiken steuern. Genau hier setzt Privatize an, um Berater zu unterstützen, den Zugang zu ELTIFs transparent und effizient für ihre Kunden zu gestalten.

finanzwelt: Zum Abschluss: Das Haftungsdach Inno Invest und jetzt der Maklerpool Fonds Finanz. Suchen Sie weitere Kooperationspartner? Welche Erwartungshaltung verbinden Sie mit der jeweiligen Zusammenarbeit?

Vathje: Bislang sind insbesondere Vermögensverwalter und Multi-Family Offices die häufigsten Nutzer auf Privatize. Unser Ziel ist es gleichzeitig, Privatmarktfonds wie ELTIFs allen Beratern und geeigneten Anlegern zugänglich zu machen. In diesem Zuge arbeiten wir sehr gerne mit führenden Netzwerken von Beratern und Vermittlern zusammen.

Unsere Kooperationen mit Fondsnet, Fonds Finanz und Inno Invest sind hierbei erste Meilensteine. So steht Privatize marktführenden Maklerpools und allen angeschlossenen Beratern bereit. Zudem finalisieren wir bereits weitere Partnerschaften mit weiteren Banken, Haftungsdächern und Maklerpools, die wir bald bekannt geben können. (ah)