Greiffbar – Investments zum Anfassen
12.05.2023
Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG / Foto: © Greiff capital management AG
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
König der Narren
Eine wahrhaft königliche Woche. „God save the king“, dürfte wohl der passende Satz dafür sein. Und während die Briten ihren König zelebrieren, sorgt der „King of Debt“, wie Donald Trump sich gerne selbst nennt, für die nötige Hofberichterstattung aus dem Gerichtssaal. Dabei verwechselte er anscheinend, dass Mätressen nicht Freiwild sind, sondern man ihnen bestenfalls den Hof macht. Das hat man davon, wenn man die Stellenbeschreibung des Königs mit der des Narren verwechselt. Deswegen heißt es wohl auch Narrenfreiheit. Die hatte auch Elon Musk bei Twitter für sich beansprucht. König Elon tritt aber diese Woche von seinem Twitter-Thron zurück. Der König ist tot, es lebe der König. Umgekehrte Ambitionen hat Recep Tayyip Erdoğan, der sich gerne am kommenden Sonntag wieder zum König der Türkei ausrufen lassen möchte. Wahrscheinlich reicht es aber nicht zur Krönungsfeier und es folgt aufgrund fehlender absoluter Mehrheiten eine Stichwahl am 28. Mai. Zusammenfassend lässt es sich am besten mit einem alten römischen Zitat sagen: „Wer alles zu tun begehrt, was ihn gelüstet, muss entweder als König oder als Narr geboren sein.“
Narren des Zufalls
Eines meiner Lieblingsbücher ist „Narren des Zufalls“ von Nassim Nicholas Taleb. Wer sich auch nur ein wenig mit Finanzmärkten und Philosophie beschäftigt, der sollte dieses Buch lesen. Oder wie Albert Einstein es formulieren würde: „Gesunder Menschenverstand ist nichts anderes als die Ansammlung irriger Annahmen, zu denen man im Alter von 18 Jahren gelangt ist.“ So weiß der heute 18-jährige meist wenig über Geld, aber viel über soziale Medien. Und letztere wissen alles, wie man schnell reich werden kann. Dazu fällt mir spontan der bekannte Kostolany Satz ein: Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird; ich kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man nämlich versucht, schnell reich zu werden.“ Wie schnell es gehen kann, zeigen die fragilen Kapitalmärkte an ihren Fugen. Eine dieser Nahtstellen wird gerade wieder einmal sehr angespannt. Die Rede ist von der Schuldenobergrenze der USA. Schon längst überschritten, muss hier dringend eine Erhöhung her. Kommt diese nicht bald, werden wir alle Zeugen der Narren des Zufalls, kommt sie wie von mir vermutet in den nächsten 14 Tagen, dann ist dies eine glückliche Fügung:
Zufall oder Fügung
Während der Zufall unkontrolliert daherkommt, ist die Fügung im aristotelischen Sinne eine Ursache im nebensächlichen Sinne. So wie die in dieser Woche gemeldeten US-Inflationszahlen, die mit 4,9% sich dem Zinserhöhungszyklus gefügt haben. Oder die VW-Hauptversammlung in dieser Woche, bei der es das Schicksal mit Geburtstagskind Wolfgang Porsche gut meinte und ihm eine Torte bescherte, der er erfolgreich ausweichen konnte. Oder Warren Buffett und Charlie Munger, das kongeniale Duo, welches bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway, mit 92 und 99 Jahren, ganze 6 Stunden Fragen beantwortete. Und die angereisten Geldpilger aus aller Welt danken es den beiden mit Ehrfurcht. Die Fügung hat aus den beiden lebende Börsenlegenden gemacht. Oder war das Zufall? Entscheiden Sie selbst. Oder wie Aristoteles sagen würde: „Wenn nun aber jemand den Vorsatz hat etwas zu tun, woraufhin ein etwas eintritt, was man aber vorher nicht wusste, dann spricht man von Zufall.“ In diesem Sinne, ist es hoffentlich kein Zufall, wenn Sie auch nächste Woche wieder von mir lesen.
Ihr Volker Schilling
Kolumne von Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG