Gestern, heute und morgen
23.01.2019
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Nach einigen Jahren des nahezu ununterbrochenen Aufschwungs geht 2018 wohl als ein schwaches Kapitalmarktjahr in die Historie ein. Doch Trübsal blasen ist keine Lösung, zumal es auch in diesem sehr ambitionierten Umfeld gute Renditeopportunitäten gab. Lagen Sie mit Ihren Empfehlungen für die Kunden richtig? Ein (vorläufiges) Resümee.
Ihren Kapitalmarktausblick 2018 überschrieb die Deutsche Bank Ende 2017 mit der Headline „Ende der trügerischen Ruhe?“ Nun, soviel ist sicher – die sorglosen Zeiten mit satten Gewinnen sind derzeit vorbei. Zwar ist die Weltwirtschaft auch in diesem Jahr solide gewachsen, aber im Jahresverlauf mehrten sich Skepsis, Gewinnwarnungen und andere Vorboten einer abflauenden Ökonomie. Das lässt sich in erster Linie auch an den BVI-Absatzstatistiken festmachen. So erzielten Investmentfonds von Anfang Januar bis Ende September zwar Netto-Zuflüsse von mehr als 75 Mrd. Euro, das Geschäft mit offenen Publikumsfonds trug jedoch „nur“ knapp 18 Mrd. Euro dazu bei. Zum Vergleich: In 2017 summieren sich die Zuflüsse in Investmentfonds in den ersten drei Quartalen auf 120 Mrd. Euro; 55 Mrd. Euro allein in offenen Publikumsfonds. Es ist Sand im Getriebe, aber das ist nach einigen Hausse-Jahren wohl auch normal. Was war nur gefragt? Mit welchen Empfehlungen lagen Sie richtig?
Ausgewogenheit macht sich bezahlt
Risikoaversion, Diversifikation in verschiedene Assetklassen und das allgemeine Zinsniveau in Kerneuropa sorgten dafür, dass insbesondere ausgewogene Mischfonds deutliche Nettomittelzuflüsse generieren konnten. Knapp 14 Mrd. Euro der Zuflüsse flossen in Fonds, die jeweils zur Hälfte in Aktien und in Renten investieren. „Diese Gruppe hat ihren Anteil am Neugeschäft seit Anfang 2017 wieder ausgebaut“, so der BVI in einer aktuellen Pressemitteilung. Somit setzte sich hier ein Trend fort, der bereits im vergangenen Jahr eindeutig ablesbar war. Fondsmanager reduzieren (geringfügig) ihren Aktienanteil und mixen stattdessen oftmals andere Assetklassen wie Private Equity, Wandelanleihen oder Immobilieninvestments hinzu. Vorsicht bei Anleihen ist natürlich wegen der steigenden Zinsen in den USA geboten; hier sind kürzere Laufzeiten angesagt, um rechtzeitig reagieren zu können. Neben dem Trend zu ausgewogenen Mischfonds generierten auch aktiv gemanagte Aktienfonds im Jahresverlauf 2018 Zuflüsse in Höhe von 4 Mrd. Euro (bis zum Stichtag 30.09.). Werfen Sie nun einen Blick auf einzelne Regionen und/oder Sektoren, so fällt folgendes auf: Klammern wir den argentinischen Aktienmarkt als hoch spekulativ aus (Stichwort: Inflationserwartung 2018 bei 30 %!), so liegen der US-amerikanische und der japanische Aktienmarkt in den ersten drei Quartalen weit vorne. Ihre Indizes legten in diesem Zeitraum rund 18 % zu. Im Oktober setzte dann der Kursverfall an den internationalen Weltbörsen ein, der sämtliche Regionen erfasste. US-Aktien waren in diesem Jahr fürwahr ein renditestarkes Investment. Und das hat Gründe. So liegt die Arbeitslosenquote aktuell bei unter 4 %; so niedrig war sie zuletzt vor 50 Jahren. Präsident Trump hat die Wirtschaft mit Steuersenkungen beflügelt. Insbesondere Technologie-Aktien gingen zeitweise durch die Decke (Facebook etc.). Die Ernüchterung setzt nun ein und gleichwohl der US-Motor weiter rund läuft, dürften Gewinne am US-Aktienmarkt schwieriger werden. Auch unter dem Vorzeichen möglicher innenpolitischer Spannungen nach den Midterm-Wahlen Anfang November. In Japan könnten die positiven Vorzeichen anhalten, wenn es der Regierung beispielsweise gelingt, die Strukturreformen umzusetzen und die Steuerbelastungen für die Bevölkerung nicht exorbitant ansteigen zu lassen.
Konzentrieren Sie sich im Beratungsalltag eher auf den europäischen Kontinent, so gab es auch hier kleinere Lichtblicke im negativen Gesamtbild. So ist Portugal dem Krisenmodus etwas entkommen. Die Ratingagentur Moody‘s bewertet das einstige Krisenland nicht mehr als Ramsch. Das Wirtschaftswachstum bewegt sich um die 2 % – damit steht das kleine Land europaweit gut da. Auch im hohen Norden stehen einige Ampeln auf Grün. Laut aktueller Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission wird Finnland 2018 als auch 2019 um 2,5 % wachsen und damit in der europäischen Rangfolge einen guten Platz einnehmen. Mitunter lohnt ein Blick auf skandinavische Aktien, wenn gleich nur als Beimischung in einem breitgestreuten Portfolio. Konzentriert auf die Kernstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien schlugen sich französische Aktien vergleichsweise wacker. In diesem Kontext hatte der deutsche Aktienmarkt das Nachsehen, zumindest DAX- und MDAX-Werte. Entgegen dem allgemeinen Trend hierzulande stieg der TecDAX im Jahresverlauf um circa 5 % (Stichtag: 11.11.2018). Ein Blick auf Einzelwerte im TecDAX zeigt, wo die Post in 2018 sozusagen abging. Pharma- und Biotech-Werte waren auf der Überholspur und legten deutlich zweistellig zu. Positiv ist auch die Entwicklung von Immobilien-Aktien. Diese Branche ist großer Profiteur der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des Niedrigzinsniveaus. Nicht grundlos sind Immobilien-Werte in den einzelnen Indizes aufgestiegen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Länderinvestments und/oder Branchen, die es eher zu meiden gilt. Die europäische Peripherie, insbesondere italienische Aktien, ist beispielsweise zu nennen. Hier drücken nach wie vor die Haushaltssorgen und belasten den Finanzmarkt. Leiden mussten auch Anleger, die auf eine positive Wertentwicklung türkischer Aktientitel gesetzt hatten; auch in diesem Fall folgte die Enttäuschung. Dennoch darf nicht ganz unerwähnt bleiben, dass man entsprechende Investmentideen langfristig sehen und betrachten sollte. Hier kann es auch – relativ zeitnah – zu einem Turnaround kommen und die Kurse drehen wieder ins Plus.
Branchenbezogen mussten auch einige Finanztitel im Jahresverlauf Federn lassen. Zum Hintergrund: Insbesondere der deutsche Bankensektor weist im Vergleich zu anderen Staaten eine geringere Profitabilität auf. Die starke Ausprägung der Drei-Säulen-Struktur mit privaten Geschäftsbanken, öffentlich-rechtlichen Anbietern und Genossenschaftsbanken unterliegt einem tiefgreifenden Wandelungsprozess und ist in einem Konsolidierungspfad. Finanzinstitute und Filialen verschwinden; es kommt zu schlankeren Strukturen. So sind französische und US-amerikanische Banken ihren deutschen Pendants (deutlich) überlegen. Nicht grundlos werden deutsche Finanzhäuser immer wieder als mögliches Übernahmeziel ins Gespräch gebracht. Anders bei den Top-Versicherungsunternehmen – der Branchenprimus glänzte unlängst mit guten Zahlen. Die Allianz konnte ihr Lebensversicherungs-Geschäft noch einmal deutlich steigern. Charttechnisch betrachtet besteht durchaus weiteres Aufwärtspotenzial. Weder in die noch in die andere Kategorie lassen sich die Emerging Markets einordnen. Zwar ist die grundsätzliche Entwicklung in den abgelaufenen drei Quartalen eher negativ (Stichwort: steigende US-Zinsen), aber entsprechende Investments sollten sowieso eher langfristig und nur als Beimischung im Portfolio betrachtet werden. Südostasien und Osteuropa sind im Zweifel dem lateinamerikanischen Kontinent zu favorisieren. (hsd)