Gehalt reicht jedem Dritten nicht

13.07.2023

Foto: © nicoletaionescu - stock-adobe. com

Dass steigende Preise sich auch auf den Alltag vieler Deutscher auswirken, ist klar. Allerdings reicht jedem Dritten das eigene Gehalt nicht einmal für tägliche Ausgaben. Kritisch ist die Situation speziell für Menschen mit geringem Einkommen, denn sie haben besonders selten Aussicht auf eine Gehaltserhöhung oder die Inflationsprämie.

In einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung interviewte YouGov im Auftrag der Postbank zwischen dem 24. und 27. April 2023 insgesamt 1.011 Arbeitnehmer ab 18 Jahren. Das Ergebnis:  Jeder dritte Beschäftigte (30 %) stößt an seine finanziellen Grenzen. Insgesamt 21 % geben an, dass ihr Gehalt eher nicht ausreicht, um ihre Lebenshaltungskosten zu bezahlen; und knapp 9 % sagen sogar, dass sie mit ihrem Geld überhaupt nicht auskommen.

„Zwar ist die Inflationsrate in den letzten Monaten leicht rückläufig, liegt aber immer noch auf einem hohen Niveau. Vor allem die steigenden Lebensmittelpreise setzen die Budgets der Verbraucher unter Druck“, erklärt Dr. Ulrich Stephan von der Postbank. Besonders belastet werden Beschäftigte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.500 Euro. Von ihnen kommen 43 % nicht über die Runden. Unter Befragten mit einem höheren Einkommen wird es hingegen nur für rund 22 % eng.

„Die Inflation ist nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein soziales Problem. Diejenigen mit den geringsten Einkommen sind von den steigenden Preisen am meisten betroffen. Insofern kann es auch sinnvoll sein, insbesondere bei diesen Gruppen die Löhne anzuheben“, so Dr. Ulrich Stephan. „Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage über die höheren Löhne nicht noch weiter angefacht wird. Denn das führt wiederum zu steigenden Preisen.“

Untere Einkommensgruppen gehen leer aus

Immerhin rechnen 54 % der Beschäftigten in den kommenden zwölf Monaten mit einer Gehaltserhöhung. Die meisten von ihnen (25 %) setzen ihre Hoffnungen auf bessere Konditionen durch einen Tarifabschluss oder darauf, individuell mehr Lohn aushandeln zu können (12 %). Rund jeder dritte Beschäftigte (37 %) geht nicht davon aus, dass sein Gehalt in absehbarer Zeit steigt. Wenig Hoffnung auf ein höheres Einkommen haben vor allem die Menschen, die ein Gehaltsplus besonders nötig hätten: Knapp jeder zweite Befragte, der aktuell kaum seine Lebenshaltungskosten bezahlen kann (46 %), hat keine Aussicht auf höhere Bezüge – im Vergleich zu 33 % , die ihr Einkommen als ausreichend bezeichnen.

(K)ein Tropfen auf den heißen Stein? 

Beschäftigte mit einem niedrigen Einkommen haben zudem deutlich seltener Aussichten, dass die „Inflationsausgleichsprämie“ ihre Einkommenssituation verbessert. Diese Prämie in Höhe von bis zu 3.000 Euro können Arbeitgeber ihren Beschäftigten noch bis Ende 2024 steuer- und sozialabgabefrei auszahlen. Knapp 50 % der Beschäftigten, deren monatliches Haushaltsnettoeinkommen bei 2.500 Euro und mehr liegt, haben die Inflationsprämie bereits erhalten oder rechnen mit der Auszahlung. Von den Arbeitnehmern, denen weniger als 2.500 Euro im Monat zur Verfügung stehen, haben hingegen nur 35 % den Bonus bekommen oder Hoffnung darauf. Laut Umfrage profitieren 43 % aller Beschäftigten von der Inflationsprämie, 49 % gehen leer aus, knapp 7 % wissen nicht, ob sie Chancen auf die Prämie haben.

„Die Inflationsprämie ist sicherlich ein Mittelweg zwischen einem Ausgleich für gestiegene Preise und der Vermeidung einer Lohn-Preis-Spirale“, ordnet Dr. Ulrich Stephan ein. „Allerdings werden die Preise in Zukunft kaum fallen, sondern nur weniger stark steigen.
Die Prämie hat insofern einen Einmaleffekt, hilft aber den Ärmsten in den Folgejahren nicht. Ein dauerhafter Inflationsausgleich wäre hier sicherlich die geeignetere Maßnahme.“

(ml)