Fidelity: Das Märchen der Schwellenländer lebt weiter!
05.08.2013
Nick Price_Fidelity Worldwide Investment
**Ob Chinas moderatere Wirtschaftswachstumsraten oder Unruhen in Brasilien, Ägypten und der Türkei - mancher Beobachter fragt sich derzeit, ob wir gerade das Ende der Blütezeit in den Schwellenländern erleben. Fidelity-Schwellenländerexperte *Nick Price* erklärt, warum dies nicht stimmt und Investoren sich nicht abwenden sollten.**
(fw/ah) "Die Schwellenländer sind derzeit kräftig in Bewegung: soziale Unruhen in Brasilien, politisch motivierte Aufstände in Ägypten und der Türkei und eine neue Führung in Peking, die bereit ist, für die kontrollierte Umstellung auf ein stärker vom heimischen Konsum getragenes Wirtschaftsmodell moderateres Wachstum in Kauf zu nehmen. Phasen wie diese rufen zwangsläufig auch Zweifler auf den Plan.
Für Anleger ist daher gerade jetzt wichtig, das große Ganze im Auge behalten: Die einzelnen Ereignisse mögen aufsehenerregend, teilweise auch dramatisch sein. Die grundlegenden Erfolgsfaktoren, die eine Geldanlage in den Schwellenländern attraktiv machen, werden jedoch auch mittel- bis langfristig Bestand haben. Insgesamt betrachtet werden die Schwellenländer auch in Zukunft deutlich stärker wachsen als die Volkswirtschaften der Industrieländer. Aus den im Vergleich mit den überalternden Gesellschaften des Westens schnell wachsenden und zunehmend gut ausgebildeten Bevölkerungen der Schwellenländer werden auf lange Sicht immer breitere Mittelschichten hervorgehen. Mit wachsendem Wohlstand wird die Kauflaune dieser Menschen zu einem immer wichtigeren Wachstumstreiber. Laut einer Studie von McKinsey, wird der Konsum in den Schwellenländern zwischen 2010 und 2025 sogar sechsmal schneller ansteigen als in den entwickelten Volkswirtschaften. Von diesem Trend werden vor allem Unternehmen profitieren, die diese wachsende Nachfrage bedienen. Das ist der Kern des Schwellenländerversprechens. Zwischenzeitliche Turbulenzen an den Börsen der aufstrebenden Märkte können dabei immer wieder auftreten. Generell jedoch gilt: Je länger der Anlagehorizont, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger in Genuss überdurch-schnittlicher Renditen kommen.
Die Zweifel der Schwellenländerskeptiker deuten natürlich eines zu Recht an: Nach einem Jahrzehnt des pauschalen Wachstums und der relativen Stabilität präsentiert sich die Welt der Schwellenländer heute deutlich komplexer. Einzelne Märkte, Sektoren und Aktien entwickeln sich sehr viel unterschiedlicher als noch vor einigen Jahren. Griffige Akronyme wie BRIC oder Next 11 werden dieser neuen Realität schlichtweg nicht mehr gerecht. Ein Beispiel: Die Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft von der Export- auf eine stärkere Binnenorientie-rung etwa wird ganz neue Gewinner und Verlierer hervorbringen. Unternehmen wie der brasi-lianische Bergbaukonzern Vale werden unter den sinkenden Infrastrukturausgaben im Reich der Mitte zu leiden haben. Umgekehrt dürfte die brasilianische Zucker- und Sojabohneindustrie von der wachsenden Kauflaune chinesischer und anderer Konsumenten profitieren. Auch in anderen Schwellenländern führen dynamische Strukturveränderungen zu neuen Verteilungen des Wohlstands. Aus Sicht der Anleger bedeutet dies keinesfalls das Ende der Blütezeit der Schwellenländer - wohl aber, dass Anleger künftig genauer hinschauen und ihre bisherige Art, in diese Ländern zu investieren, auf den Prüfstand stellen müssen.
Die neue Schwellenländerwelt erfordert mehr denn je ein aktives Fondsmanagement. Genügte im Jahr 2000 noch eine passive Anlage in den MSCI Emerging Markets Index, um ein großes Spektrum an aufstrebenden Märkten abzudecken, wird der Index heute stark von großen chinesischen und brasilianischen Unternehmen dominiert. Das Problem: Beim MSCI Emerging Markets macht der Konsumsektor lediglich 20 Prozent der Gesamttitel aus und bildet somit nicht unbedingt die Gewinner von morgen ab. Genau diese müssen Anleger aber identifizieren, statt nach dem Gießkannenprinzip auf die wenigen Schwergewichte in einem Index zu vertrauen, die ihre Blütezeit vielleicht schon hinter sich haben."