Fernöstliche Delikatessen
28.07.2013
Eine im internationalen Kontext vergleichsweise stabile Entwicklung der einheimischen Wirtschaft und die von der Regierung beschlossene Internationalisierung der chinesischen Währung sorgen dafür, dass der chinesische Renminbi mehr an Bedeutung gewinnt. Dies öffnet Investoren neue und interessante Anlagemöglichkeiten, beispielsweise in Renminbi denominierte Anleihen, sogenannte Dim-Sum-Papiere. Das Emissionsvolumen von Dim-Sum-Anleihen schnellte in den vergangenen zwei Jahren in die Höhe.
China, die gemessen am Bruttoinlandprodukt weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, hatte im Sommer 2010 seine Initiative für eine stärkere Verwendung des Renminbi (RMB) außerhalb des Festlands gestartet. Seit diesem Zeitpunkt ist es möglich, dass ausländische Emittenten Anleihen in chinesischer Währung begeben als auch ausländische Käufer solche Anleihen kaufen können – und dies im so genannten Offshore-Markt in Hongkong.
Bisher werden etwa 80 % des Offshore-Renminbi-Handels in Hongkong abgewickelt. Das Geschäft blüht. Laut Informationen von Bloomberg hatte das Emissionsvolumen im vergangenen Jahr einen Wert von über 170 Mrd. Yuan erreicht, und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die „Financial Times" berichtete Anfang Juli, dass viermal so viele Emissionen im zweiten Quartal 2013 begeben wurden wie in den ersten drei Monaten. Für das Gesamtjahr wird laut Reuters ein Anstieg der Emissionstätigkeit auf circa 280 bis 320 Mrd. Yuan erwartet. Markus Ackermann, Spezialist für Emerging Markets bei HSBC Global Asset Management, umreißt die Entwicklung wie folgt: „Der Offshore-Renminbi-Markt startete in der zweiten Jahreshälfte 2010, als es eine Anpassung chinesischen Rechts bestimmten Institutionen erstmals möglich machte, RMB-denominierte Anleihen in Hongkong zu emittieren. Der Markt startete damals mit einer Marktkapitalisierung von rund 50 Mrd. RMB, die mittlerweile auf ca. 500 Mrd. RMB gewachsen ist." Die aktuelle durchschnittliche Rendite der Anleihen am Markt liege bei circa 3,9 % p. a., fügt Ackermann an.
Auslandshandel mit Renminbi floriert. Dim-Sum sind in Asien beliebte Kleinspeisen und der Hunger ist offenbar noch nicht gestillt. Seit Begebung der ersten Dim-Sum-Unternehmensanleihe im Juli 2010 ist das Dim-Sum-Anleiheuniversum im Rahmen eines verbesserten regulatorischen Umfelds deutlich gewachsen, so Angus Hui, Fondsmanager des Schroder ISFRMB Fixed Income, und ergänzt, dass inzwischen viele ausländische Firmen und Banken ihre Anleihen in diesem Offshore-Markt emittieren. Die Volksrepublik strebt mit der Marktöffnung eine Reduzierung ihrer Abhängigkeit vom Dollar und eine stärkere Nutzung des Renminbi als Weltreservewährung an. Die Öffnung erschließt dabei chinesischen Unternehmen neue Investorenkreise und verschafft parallel ausländischen Firmen die lukrative Möglichkeit, sich dafür Renminbi zu beschaffen. Laut Medienberichten erwägt momentan die taiwanesische Regierung, die Ausgabe von Renminbi-Anleihen für chinesische Unternehmen in Taiwan zu erleichtern. Voraussetzung sei, dass die anvisierten Käufer institutionelle Anleger sind. Damit eröffnet sich für chinesische Firmen eine weitere Geldquelle. Das Rennen um die führende Position im Auslandshandel mit dem Renminbi nach dem etablierten Standort Hongkong ist längst in vollem Gange. „Das Bekenntnis zu einer Öffnung des chinesischen Anleihemarkts geht auch aus den neuen Renminbi-Handelszentren in Taiwan und Singapur hervor. Rund 12 % des chinesischen Außenhandels werden schon in der Währung abgewickelt", sagt Hayden Briscoe, Director Asia-Pacific Fixed bei ACMBernstein, in diesem Zusammenhang.
Die Finanzplätze London, Frankfurt und Zürich möchten ebenfalls auf dieser Klaviaturmitspielen und sich auf dieser Art ein Stück vom Kuchen der Internationalisierungsstrategie sichern. Nach dem McDonalds als erstes internationales Unternehmen 2010 die sogenannten Dim-Sum-Bonds emittiert hat, kamen in den vergangenen anderthalb Jahren auch deutsche Unternehmen dazu. Nach Emissionen von Volkswagen, BMW sowie Bosch sorgte die Begebung einer Anleihe in chinesischer Währung durch die hiesige Förderbank KfW für Aufmerksamkeit. Die Staatsbank habe mit dem sogenannten Dim-Sum-Bond über 1 Mrd. Yuan (122 Mio. Euro) eingesammelt, teilte die KfW im Sommer 2012 mit. Diese Emission sei ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Refinanzierung der KfW und erschließe einen zukunftsträchtigen Markt, kommentierte Kapitalmarkt-Vorstand Günther Bräunig. Beherrscht wird der Markt aber weiterhin von Unternehmen aus China und Hongkong; Emittenten aus den USA und Europa werden jedoch immer wichtiger.
Kreditqualität bei Emission wird wichtiger. Im Zuge deswachsenden Interesses ausländischer Unternehmen und Investoren am Dim-Sum-Markt dürfte in Zukunft die Bedeutung eines Ratings zunehmen, um den Anforderungen der ausländischen Investoren gerecht zu werden. Dies war in der Vergangenheit, aufgrund für unsere Verhältnisse recht undurchsichtiger Regularien, der Pferdefuß dieses Marktes. Wegen der recht kleinen Emissionsvolumina verfügten bis Ende 2011 deutlich mehr als die Hälfte der Dim-Sum-Anleihen über kein Rating. Dies hat sich gewandelt: 2012 lag die Anzahl der über ein Rating verfügenden Neuemissionen laut Wall Street Journal bei 57 %, im Vorjahr war dieser Wert noch bei 37 %. Bei Papieren mit Rating liegt die durchschnittliche Bewertung inzwischen bei AA und A. „Nur 2 % des gesamten Emissionsvolumens zählen zum spekulativen Bereich", sagten die Experten von Invesco. „Anleger unterteilten den Markt ab der zweiten Jahreshälfte 2011 stärker in die besseren und die weniger guten Qualitäten und forderten allgemein dem Risiko entsprechende Renditen. Mittlerweile wurde der Offshore-RMB-Markt zu einem gesunden Kreditmarkt, an dem die Kurse der Anleihen das zugrundeliegende Kreditrisiko besser reflektieren", sagt HSBC-Experte Ackermann. „Der Offshore-RMB-Markt ist ein Markt mit kurzen Laufzeiten", bemerkt Rentenfondsmanager Hui. Bei Investment-Grade-Anleihen liege die Duration (durchschnittliche Kapitalbindungsdauer bis zur Rückzahlung) unterdrei Jahren, was potenzielle negative Effekte abfedere, falls die Anleihenverzinsungen ansteigen. Dessen ungeachtet wird der Dim-Sum-Markt nach wie vor von chinesischen High Yield-Emittenten vom Festland dominiert, gibt ACMBernstein-Experte Briscoe zu verstehen. Bei High Yields ist die Ausfallwahrscheinlichkeit höher.
Der Anfang 2013 zugelassene, von Angus Hui verwaltete Schroders ISF RMB Fixed Income legt seine Mittel vorrangig in Anleihen chinesischer und Hongkonger Unternehmen an. In Emissionen ausländischer Gesellschaften dürfen maximal 30 % investiert werden; die genannten chinesischen High Yield-Emittenten werden dabei nicht berücksichtigt. Ebenfalls auf die Aufwertung des Renminbi setzt die DWS mit ihrem vor zwei Jahren aufgelegten DWS China Bonds. Dieses Produkt erzielte seit Jahresbeginn2012 einen Wertzuwachs von 8,7 % und investiert in Anleihen chinesischer und nicht-chinesischer Emittenten vor allem im Investment-Grade-Bereich.
Fazit
Interessant ist die Möglichkeit, zusätzlich zur höheren Bondrendite von einem Anstieg der chinesischen Währung gegen den Dollar zu profitieren. Der Renminbi ist derzeit nicht frei konvertierbar, sondern bewegt sich in einem von der chinesischen Zentralbank festgelegten Korridor um den Greenback. Eine allmähliche, moderate Aufwertung von um die 2 % wird zugelassen. Langfristig besteht noch Aufwertungspotenzial. Letztlich behält aber die chinesische Notenbank die Zügel in der Hand – fallen die Ausschläge zu stark aus, greifen die Notenbanker am Devisenmarkt ein. Meist kauften sie dabei Dollar auf, um die Aufwertung des Renminbi zu begrenzen und damit die Exportfähigkeit Chinas sicherzustellen.
(Alexander Heftrich)