Erdgeschoss darf nicht sterben
07.10.2020
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Wie die an der Studie beteiligten Projektpartner berichten, sorgen die aktuellen Bau- und Grundstückkosten zusammen mit den für viele Nutzungen aufwendigen Ausbaustandards der Erdgeschosse dafür, dass sich ihre Entwicklung in A-Städten erst ab Mieten von deutlich über 20 Euro/m² Mietfläche wirtschaftlich lohnt. Jedoch seien diese Mieten nur selten auch marktfähig, sodass das Erdgeschoss mittlerweile in den meisten Fällen über die darüber angeordneten Nutzungsarten quersubventioniert werde – was aber nicht ohne Folgen für die anderen Mieter der Immobilie bliebt. „Durch die Quersubventionierung steigen die Mieten in den darüber liegenden Büros und vor allem Wohnungen. Gerade der Wohnungswirtschaft wird in der Folge oftmals Profitgier vorgeworfen. Diese Entwicklung ist politisch nicht unproblematisch“, gibt Andreas Schulten zu bedenken.
Einheimische sind gefragt
Um das Problem zu lösen, dass Erdgeschossflächen durch die restlichen Mieter in dem Gebäude quersubventioniert werden müssen, haben die Autoren der Erdgeschossstudie Empfehlungen herausgearbeitet, die sich an Projektentwickler, Investoren und Stadtplaner richten. Demnach sollten Projektentwickler Quartiere im politischen und intensiven Kontext ganzheitlich betrachten und den Managementaufwand bereits in den Planungen berücksichtigen, insbesondere für die Erdgeschossflächen. Um die Akzeptanz des Quartiers zu erhöhen und potenzielle Mieter zu akquirieren sollten zudem lokale Wirtschaftsakteure einbezogen werden. So würden Mieter aus dem lokalen Umfeld weit mehr als überregionale oder gar globale Einzelhandelsketten zu resilienteren Strukturen führen. Die Planungsämter sollten stärker würdigen, dass niedrige Renditen durch relativ hohe Kaufpreise und „Stadtrendite“ Hand in Hand mit einem geringeren sozialen Risiko einhergehen. Zwar sei die „Stadtrendite“ als Ausdruck von gesellschaftlichem Gegenwert einer Neubaumaßnahmen nur schwer quantifizierbar, sie helfe aber zu einem erweiterten ökonomischen Verständnis von Stadtentwicklung. So würden Projektentwickler incentiviert, die auch selbst als Stadtentwickler aktiv mitgestalten möchten. Das Anforderungspaket der kommunalen Verwaltungen sei für die Projekt- und Quartiersentwickler im realen Markt wirtschaftlich meist nicht umsetzbar. Deshalb sei eine bessere Abwägung bei schwer vermietbaren Flächen sowie ein verbindlicher Anforderungs- und Leistungskatalog unter den aktuellen Bedingungen in vielen Fällen förderlich, um Leerstände zu vermeiden. Den Investoren sei durchaus bewusst, dass nicht jede Erdgeschossfläche, die in der Erstvermietung einen Mieter gefunden hat, ein nachhaltiger Garant für Mieterträge und Qualität sei. Der Anlageerfolg werde durch Nutzungsflexibilität und Robustheit im Grundkonzept gesteigert. Eine zentrale Rolle für die Zukunft des Erdgeschosses würden auch Alternativen zum Einzelhandel spielen, bspw. Kultur, Büros und Kleingewerbe. Da Grundstückspreise, Immobilienmarktzyklen und Quartiersveränderungen starken Einfluss auf die langfristige Wertstabilität eines Quartiers hätten, sollten klare Strategien obligatorisch sein, mit welchen Risikofaktoren begegnet werden könne. Hierbei spiele Erdgeschoss-Management eine zentrale Rolle für das Gesamtquartier. (ahu)