Emerging Markets: Neue Spielregeln
10.01.2017
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Die vom IWF und anderen internationalen Organisationen wie der International Capital Markets Association (ICMA) propagierten neuen Vertragsgrundlagen zur Bereinigung von Kreditstörungen für Staatsanleihen setzen sich am Markt offenbar durch. Dies zeigt eine kürzlich vom IWF veröffentlichte Übersicht. Demnach weisen 154 der 228 zwischen Oktober 2014 und Oktober 2016 platzierten staatlichen Emissionen mit rund 74 % des nominalen Volumens diese neuen Klauseln auf. In diesen Daten sind allerdings noch ältere Emissionen enthalten wie etwa Aufstockungen in früheren Jahren platzierter Anleihen oder neue Tranchen länger laufender Emissionsprogramme. Die Konditionen dieser nur im weiteren Sinne „neuen“ Emissionen lassen sich kaum noch im Nachhinein anpassen. Rechnet man deren Anteil heraus, so wurden sogar rund 85 % aller im engeren Sinne „neuen“ Emissionen seit Oktober 2014 mit den neuen Konditionen ausgestattet.
Diese Neuerungen sind eine Konsequenz aus den langwierigen juristischen Auseinandersetzungen um Argentiniens Default von 2001. Die neue Strukturierung der Rechte und Pflichten der Beteiligten im Falle einer Staatspleite soll eine geordnete Umschuldung ermöglichen. Im Fokus stehen zwei Punkte: Es werden so genannte „collective action clauses“ festgeschrieben mit dem Ziel, bindende Entscheidungen qualifizierte Mehrheiten der Gläubiger (in der Regel mit mindestens 75 % des Gesamtvolumens) zu ermöglichen. Die alle Gläubiger bindende Mehrheitsentscheidung soll Erpressungsstrategien den Boden entziehen, die es kleinen Gläubigergruppen erlaubt, Umschuldungen zu blockieren mit dem Ziel, für sich Sonderkonditionen herauszuschlagen.
Genau dies war im Falle Argentiniens geschehen, als US-Hedgefonds große Teile der 2001 ausgefallenen Anleihen teilweise zu einstelligen Prozentwerten des Nominalbetrags aufkauften und dann die vollen Summen vor US-Gerichten einklagten obwohl rund 93 % der 2001 ausgefallenen Anleihen bereits mit einem hohen Schuldenschnitt umgeschuldet waren. Der entscheidende Trumpf der Kläger vor den willfährigen US-Gerichte war die so genannte „pari-pasu“ oder Gleichbehandlungsklausel. Diese besagt (grob vereinfacht), dass kein Gläubiger bevorzugt werden darf in dem der Schuldner willkürlich bestimmte Anleihen bedient und andere nicht. Diese Regel wendeten die US-Richter auf die Alt-Anleihen an mit dem Ergebnis, dass die im Zuge der Umschuldung ausgegebenen neuen Anleihen solange nicht bedient werden durften, wie nicht auch die Altanleihen Zins und Tilgung geleistet wurden. Faktisch nahmen die US-Richter damit die überwiegend Nicht-US-Anleger mit den neuen Anleihen als Geisel und verschafften den US-Hedgefonds mit den Alt-Anleihen einen beträchtlichen finanziellen Vorteil.
Um solche Blockaden zukünftig zu verhindern war der zweite Punkt. Die pari-pasu-Klausel wurde so verändert, dass umgeschuldete und nicht umgeschuldete Anleihen zukünftig nicht mehr ohne weiteres gleichgestellt werden können.
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