Einfach ist nicht mehr

15.06.2015

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Mal schnell zur Tür hinein – oder, noch verwegener, over-the-counter eine Wohngebäudeversicherung vermitteln, gehört längst der Vergangenheit an. Wer als Makler auf diesem Feld tätig sein will, bedarf profunder Marktkenntnisse und muss sich ständig auf dem Laufenden halten. Das aber lohnt sich allemal.

Immobilienbesitzer sind Maklers Lieblinge, denn sie versprechen reichlich Cross Selling-Potenzial. Von Hausrat über biometrische Risikovorsorge bis hin zur Kunstversicherung – es geht eine ganze Menge, wenn man erst mal „drin" ist. Ein häufig wesentlicher erster Schritt hierzu ist die Beratung zur Wohngebäudeversicherung. Das wäre nicht besonders erwähnenswert, würden in diesen Tagen nicht auch viele im Kompositgeschäft noch unerfahrene Makler auf der Flucht vor dem zu erwartenden Provisionsabrieb in Leben die Sachversicherungen für sich entdecken. Und damit auch die Wohngebäudeversicherung. Doch das kann dann auch zu einem frühzeitigen Scheitern führen. Oder zu für die Kunden unerfreulichen Ergebnissen, erläutert Kai Waldmann, Mitglied des Vorstands der ALTE LEIPZIGER Versicherung: „Die Wohngebäudeversicherung ist eine beratungsintensive Sparte mit hoher Bedeutung für Kunden. Im Bereich der Privatkunden handelt es sich vermutlich um die Sparte mit den größten Herausforderungen. Vermittler, die bisher eher oder ausschließlich im Personenversicherungsbereich tätig sind, werden sich intensiv damit beschäftigen müssen, um qualifiziert beraten zu können."

Die Beratung zu Hausrat, Rechtsschutz, Haftpflicht & Co. ohne großes Vorwissen will gelernt sein.

Zumal der Angebotssektor immer mehr Zielgruppen-Policen kennt. Und die Wohngebäudeversicherung ist nicht nur laut ALTE LEIPZIGER-Vorstand Waldmann eine besonders anspruchsvolle. So erklärt auch Angelika Jäckel, Vorstandsbeauftragte Sach bei der Barmenia: „Grundsätzlich sichert die Wohngebäudeversicherung, neben der Privathaftpflichtversicherung, eines der größten Risiken ab, die eine Privatperson versichern kann. In der Regel sind die Eigenheime und natürlich auch die fremdgenutzten Immobilien fremdfinanziert. Das heißt, hat der Kunde einen lückenhaften Versicherungsschutz, kann hier schnell die Existenz auf dem Spiel stehen." In der Wohngebäudeversicherung gebe es einige Details, die immens wichtig seien, wie zum Beispiel der Verzicht auf die Regressnahme bei grober Fahrlässigkeit oder auch das Problem der Ableitungsrohre außerhalb des Versicherungsgrundstückes. Jäckel: „Der Makler muss hier auf wichtige Details achten und sollte in jedem Fall die leistungsstärksten Produktlinien der Versicherer empfehlen. Schwierig kann es dann werden, wenn der ‚unerfahrene' Sachmakler hierbei lediglich auf den Preis schaut und nicht auf die wichtigen Details." Gerade die Rohre sind es auch, die den Versicherern immer mehr Kummer bereiten, erläutert Anja Hartwig, Abteilungsleiterin Privatkunden in der Sachversicherung der R+V: „Die Schäden durch Leitungswasser steigen seit Jahren dramatisch an – in den letzten zehn Jahren um rund 50 %. Gerade in älteren Gebäuden sind die Leitungen marode und müssten erneuert werden. Dies ist der maßgebliche Grund dafür, dass in der Wohngebäudesparte der R+V, wie in der gesamten Versicherungsbranche, seit Jahren die Schadenaufwendungen die Beitragseinnahmen deutlich übersteigen." Folglich müssten die Eigenheimbesitzer dafür geradestehen, so Hartwig: „Daher müssen die Beiträge entsprechend angepasst werden, damit wir auch in Zukunft die Leistungsversprechen gegenüber unseren Kunden erfüllen können."

Nicht weniger anspruchsvoll darf der technologische Fortschritt gesehen werden.

Denn der technologische Fortschritt macht weder vor der Bauweise der Häuser und deren Ausstattung noch vor der Haustechnik halt. Auch hier sind beim Makler einerseits solide Sachkenntnisse, andererseits aber auch profunde Markt- und Tarifkenntnisse unerlässlich. Mit dem einmaligen Vertragsabschluss ist es in Wohngebäude nicht getan. Verträge müssen regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Grundsätzlich sind alle mit dem versicherten Gebäude verbundenen Sachen im Rahmen der Wohngebäudeversicherung mitversichert. Hierzu gehören auch Antennenanlagen und Photovoltaik-, Solar-, Wärmepumpen- oder Windkraftanlagen mit ihren Bestandteilen und dem Zubehör. Doch Rolf Mertens, Bereichsleiter bei ERGO, weist auf eine Besonderheit hin: „Darüber hinaus gibt es in der Regel eine Reihe von Kostenpositionen, die darauf abzielen, den vollständigen Wiederaufbau unter denen dann aktuell gegebenen Rahmenbedingungen zu gewährleisten." Dazu zählten dann auch technologische Weiterentwicklungen.

Neben den Kosten durch behördliche Auflagen für die Wiederherstellung des Gebäudes, wenn es vor dem Versicherungsfall diese Auflagen bereits gab oder für sie keine Fristsetzung bestand, seien das auch die Kosten für Technologiefortschritt bei der Wiederherstellung des Gebäudes. Mertens: „Auch die Haustechnik, dazu gehören ebenso integrierte Smart Home Lösungen, ist ein Gebäudebestandteil und somit ersatzpflichtig." Wichtig sei es dabei, dass derartige werterhöhende Installationen dem Versicherer mitgeteilt würden, da sich dadurch die Versicherungssumme erhöhe beziehungsweise erhöhen könne. ERGO frage zum Beispiel im Rahmen der Wertermittlung des Gebäudes zur Gewährung der Haus-zurück-Garantie, ob „besondere technische Anlagen", zum Beispiel Haustechnik mit einem Wert von mehr als 5.000 Euro, vorhanden seien. Dass der technologische Fortschritt sogar Einfluss auf die Produktgestaltung haben kann, bestätigt Patrick Prüss, Leiter des Gothaer Haftpflicht-Produktmanagements: „Waren vor 20 Jahren Begriffe wie Photovoltaik, Geothermie oder Solaranlagen noch wahre Exoten, so kommt heute kaum ein Neubau ohne ein regeneratives Element in Frage. Der technische Fortschritt geht auch an Versicherungen nicht vorbei. Aus diesem Grunde sichten wir genau die Entwicklungen am Markt und von modernen Bauverfahren und passen unsere Produkte an diese Entwicklung an." (hwt)

Printausgabe 03/2015