Eine Branche in Höchststimmung

25.08.2014

Foto: © marqs - Fotolia.com

Die niedrigen Zinsen erleichtern es immer mehr Bürgern, ein Haus oder eineWohnung zu erwerben. Wohin auch mit dem Ersparten, wenn es keine Zinsen bringt? Viele Deutsche investieren daher in Immobilien und an der Attraktivität von Sachanlagen dürfte sich auch mittelfristig wenig ändern.

Eigentlich ist die Story am deutschen Wohnimmobilienmarkt ganz einfach. Einem tendenziell, zumindest in weiten Teilen des Bundesgebietes, knappem Angebot steht eine steigende Nachfrage gegenüber und sorgt dafür, dass für deutsche Wohnimmobilien immer tiefer in die Tasche gegriffen werden muss. Erst kürzlich hatte die Ratingagentur Standard & Poor's vermeldet, dass Wohnimmobilien hierzulande durchschnittlich um 4,5 % sowie im kommenden Jahr um weitere 4 % teurer werden und damit im europäischen Vergleich einen Spitzenwert erreichen. In keinem Euroland werden dieses Jahr die Immobilienpreise so stark steigen wie in Deutschland. Die Gründe für den anhaltenden Boom liegen auf der Hand: Niedrige Arbeitslosigkeit, eine vergleichsweise gute Verbraucherstimmung und eine zunehmende Einwanderung treiben die Preise an. Hinzu kommt, dass die Zinsen auf neue Hypothekenkredite seit nunmehr 3 Jahren von mehr als 4 % auf unter 3 % gefallen sind. Daran, dass Hypotheken historisch günstig sind, dürfte sich so schnell auch nichts ändern: Die Europäische Zentralbank hat angekündigt, den Leitzins noch längere Zeit auf dem Rekordtief von 0,15 % zu belassen.

Es sind jedoch nicht nur Bundesbürger, die ihr Erspartes in Betongold investieren, sondern zunehmend auch ausländische Käufer, die die Potenziale der deutschen Immobilien erkannt haben. So gehen beispielsweise Chinas vermögende Bürger beim Immobilienkauf jetzt auch in Deutschland auf Shopping-Tour. Die Preise schnellen nach oben, zumindest in den angesagten Großstädten und Ballungszentren. Hat nun die Flucht ins Betongold ihren Zenit überschritten? „Nein, das sehen wir derzeit nicht. Immobilien in Deutschland sind bei Anlegern derzeit sehr gefragt, da es wenige sichere Anlagealternativen gibt. Zudem lassen sich mit Immobilien gute Renditen erzielen, zumindest wenn man sich für die richtigen Objekte in guten Lagen entscheidet", sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbands Deutschland IVD. Auch Wolfgang Dippold, geschäftsführender Gesellschafter der PROJECT Investment Gruppe, sieht angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase kaum Alternativen zu Sachwertinvestments, um das eigene Vermögen zu sichern. Selbst dann nicht, wenn bei steigenden Objektpreisen die Renditen für Bestandsimmobilien geringer würden.

Es ist Schwung drin im Investmentmarkt Wohnimmobilien. Laut aktuellen Zahlen des international tätigen Immobiliendienstleisters CBRE war der Handel mit deutschen Wohnimmobilien in der ersten Jahreshälfte 2014 sehr lebhaft. In den ersten sechs Monaten wechselten deutschlandweit Wohnpakete ab 50 Wohneinheiten in Höhe von rund 7,3 Mrd. Euro den Besitzer – eine Steigerung um 19 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Diese Zahlen stehen für die hohe Attraktivität von Wohnimmobilien. Hauptakteure sind vor allem börsennotierte Immobilienunternehmen, die im großen Stil investieren und damit die stärkste Käufergruppe bilden.

Mietpreisbremse. Dem positiven Trend kann auch die Diskussion um eine von der Politik geforderte Mietpreisbremse wenig anhaben. Michael Kiefer, Chefanalyst bei ImmobilienScout24, kommentiert hierzu: „Mittlerweile haben die Verantwortlichen wohl erkannt, dass sie so das eigentliche Problem noch verschärfen könnten. Deshalb ist die Ausnahme von Neubauten aus der Mietpreisbremse ein wichtiges Signal in Richtung der Investoren. Um jedoch wirklich Wohnraum für Geringverdiener zu schaffen, bräuchten wir mehr öffentlichen oder sozialen Wohnungsbau." Tatsächlich fehlen hierzulande viele Sozialwohnungen. Jährlich fallen durchschnittlich 100.000 Wohnungen aus der Mietpreisbindung, also aus der Festschreibung des Mietpreises auf eine sozialverträgliche Höhe. Ende 2013 gab es laut Statistischem Bundesamt nur noch 1,4 Millionen Sozialwohnungen in der gesamten Bundesrepublik. Im Jahre 1988 waren es noch knapp 4 Millionen. Auch ein Indiz dafür, dass weiterhin regional begrenzte Wohnungsknappheit besteht, die für den Preisanstieg verantwortlich ist.

Obwohl die Häuserpreise in Deutschland zuletzt so dynamisch gestiegen sind, sehen Experten keine Immobilienblase in Deutschland. Gleichwohl gehen die Meinungen dahingehend auseinander, ob man weiterhin bevorzugt auf Metropolen/Ballungszentren setzen sollte oder auf ausgewählte B-Standorte ausweicht. „Mit gutem Grund fokussieren wir bei unseren Projektentwicklungen ausschließlich auf die Metropolregionen Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Nürnberg und München. Es handelt sich um besonders gefragte Ballungszentren in Deutschland, die Gewinner des demografischen Wandels unserer Gesellschaft sind", sagt Dippold. Auch die Postbank-Studie „Wohneigentum 2014" bescheinigt bspw. Süddeutschland und Metropolenregionen im Westen wie Frankfurt oder Köln langfristig die besten Chancen auf Wertsteigerungen bei Immobilien. In vielen Teilen Ostdeutschlands ist die Suche nach Eigenheimjuwelen jedoch nicht ganz so einfach. Weite Teile in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern kämpfen dagegen stark gegen rückläufige Bevölkerungszahlen. Dadurch überwiegen dort die Risiken, dass Immobilien künftig an Wert einbüßten, so die Postbank.

Etwas anderer Meinung ist Immo-Scout24-ChefanalystKiefer, demzufolge eher Mittelstädte und ausgesuchte B-Standorte wie kleinere Universitätsstädte deutlich bessere Wertsteigerungschancen hätten als große Metropolen.

**

Fazit**

Wohnimmobilien in Deutschland gelten weiterhin als attraktive Anlage. Eine hohe Nachfrage sorgt für ein anhaltend dynamisches Transaktionsgeschehen. Die Zuversicht in die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hat, neben dem niedrigen Zinsniveau, entscheidend zur positiven Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt beigetragen. Künftig wird von Anbietern mehr Expertise in die regionalen Gegebenheiten gefordert sein, um neben den Top-Standorten von heute auch die Gewinner von morgen zu identifizieren. Politische Eingriffe in einen Marktmechanismus sind, trotz guter Absicht, hingegen nicht immer zielführend. (ah)

Wohnimmobilien - Onlineausgabe 03/2014