Durch die Hintertür
22.09.2013
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42 Millionen Bundesbürger gehen derzeit einer bezahlten Arbeit nach. Etwa acht Millionen davon werden das reguläre Ende ihrer Berufstätigkeit nicht mehr aktiv erleben – weil sie bis dahin berufsunfähig sein werden.
Doch nur drei von den 42 Millionen haben tatsächlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Und dann auch noch oft mit lausigen, weil weit zu niedrig gewählten Leistungen. Die durchschnittliche private BU-Rente liegt laut Ratingagentur Franke und Bornberg bei 900 Euro. Das ist allenfalls Grundversorgung, Sicherung des Lebensstandards sieht anders aus.
Zunehmend suchen die Produktanbieter ihren Weg nun durch die Hintertür. Wer eine Lebens- oder private Rentenversicherung abschließt, hört von seinem Berater immer häufiger die Frage, ob er denn nicht dazu eine BU-Zusatzabsicherung (BUZ) wolle.
Doch damit nicht genug. Auch der Staat hat sich 2005 eingeschaltet, als er die Rürup- bzw. Basis-Rente einführte. Wer sich nicht nur mit dem Aufbau einer zusätzlichen Altersrente begnügt und stattdessen gleichzeitig auch für das BU-Risiko vorsorgen will, bekommt darauf in der Ansparphase denselben Steuervorteil wie auf den Hauptvertrag. Der Umfang der BU-Absicherung im Gesamtkonstrukt darf bis zu 49 % betragen. Das lohnt in bestimmten Fällen ganz besonders, bekräftigt Michael Rosch, Leiter Produktmanagement Leben bei HDI Versicherungen: „Eine solche Lösung ist wegen der damit verbundenen Steuerersparnis gerade für Kunden mit höherem Steuersatz attraktiv." Wer nun denkt, Kleinvieh mache auch Mist, großartige BU-Leistungen könnten mit diesem Modell nicht erwartet werden, der irrt gewaltig. Andrea Schölermann, Leiterin des Produktmanagements der Condor Lebensversicherung, rechnet dies vor: „Ein 30-jähriger Rechtsanwalt erhält beispielsweise für 200 Euro Monatsbeitrag nicht nur den Beitrag von 69,44 Euro für seine BU-Rente in Höhe von 1.500 Euro steuerlich gefördert, sondern darüber hinaus auch eine lebenslange garantierte Altersrente von 222,96 Euro. Diese Kombination ist vor allem für Selbstständige wichtig. Denn sie können ihre Altersrente steuerlich begünstigt aufbauen und darüber hinaus die Beiträge für ihren existenziellen BU-Schutz als Sonderausgaben steuerlich geltend machen."
Das Modell ist also ein richtiges Highlight, wie auch Miriam Michelsen, Leiterin Vorsorge bei MLP, bestätigt: „Die Kopplung einer Basis-Rente an eine BUZ ist die am besten geförderte Option, die eigene Arbeitskraft abzusichern." Allerdings: „Ob eine Kopplung Sinn macht, hängt sehr von der jeweiligen Kundensituation ab. Wichtig ist, dass Kunden durch die so genannte Wechseloption bei Kündigung des Hauptvertrags die Möglichkeit haben, in eine selbstständige BU-Versicherung zu wechseln." Auch Thomas Klein, Head of Sales und Marketing der Heidelberger Lebensversicherung, gibt zu bedenken: „Hauptargument gegen eine kombinierte Form ist häufig, dass im Fall von Liquiditätsengpässen der gesamte Vertrag reduziert oder beitragsfrei gestellt wird. Folge: Im gleichen Maße wie die Altersvorsorge reduziert sich auch der Berufsunfähigkeitsschutz." Dass mit der Beitragsfreistellung oder Kündigung des Hauptvertrages auch der BU-Schutz verlorengeht, gehört bei etlichen Versicherern nämlich längst der Vergangenheit an. Auf diese Feststellung legt Klein großen Wert: „Hier bieten einige Versicherer, wie etwa die Heidelberger Leben, eine Wechseloption an. Damit kann der Versicherungsnehmer seinen Berufsunfähigkeitsschutz aus dem Hauptvertrag herauslösen und ohne erneute Gesundheitsprüfung als selbstständige Versicherung weiterführen."
(Theresa Appenzell)