Die großen Trends der Fondsbranche
23.11.2014
Claude Hellers
**Zum Jahresende steht ein Resümé des ablaufenden Jahres und der Ausblick auf das Jahr 2015 an. "Was bewegt die Fondsbranche?" Dazu und zum Spannungsverhältnis provisionsbasierte Beratung versus Honorarberatung stand *Claude Hellers, Leiter Vertrieb von Fidelity Worldwide Investment, der finanzwelt-Redaktion Rede und Antwort. finanzwelt*: Die Fondsbranche hat Grund zum Feiern und sammelte in den ersten neun Monaten dieses Jahres über 71 Milliarden Euro an neuen Geldern ein. Sind auch Sie mit den Absatzzahlen zufrieden?
Hellers: Schaut man sich die gesamten Fondsabsatzzahlen in Deutschland an, sieht man ein differenziertes Bild: Der größte Teil der Zuflüsse von 71 Milliarden Euro liegt im Spezialfondsgeschäft. Im Bereich der Publikumsfonds legten Mischfonds und Rentenfonds zu, Aktienfonds verzeichneten in Summe Abflüsse. Allerdings muss man auf der Aktienseite nochmals differenzieren zwischen Aktienfonds aus verschiedenen Regionen.
Bei uns spiegeln sich diese Gesamtzahlen weitgehend wieder: Wir sehen bei uns in diesem Jahr im Publikumsfondsbereich die meisten Zuflüsse in Rentenfonds. Beispielsweise im Anfang des Jahres gestarteten Laufzeitfonds Fidelity Laufzeit 2018 und dem Fidelity Rentenanlage Klassik. Dieser weltweit anlegende Fonds kombiniert verschiedene Anleiheklassen – von Staatsanleihen über Unternehmensanleihen bis hin zu Schwellenländeranleihen – für eine möglichst stabile Wertentwicklung. Risiken werden laufend kontrolliert und Verlustgefahren minimiert. Oberstes Ziel des Fondsmanagers ist der reale Kapitalerhalt des Vermögens. Dazu passt er den Fonds aktiv und flexibel an die aktuelle Marktsituation an.
Auf der Aktienfondsseite ist unser Fidelity America Fund hervorzuheben. Der Fonds zählt von seiner Wertentwicklung zurzeit zu den besten aktiv gemanagten US-Aktienfonds weltweit. Vor allem im zweiten Halbjahr 2014 haben wir hier deutliche Zuflüsse gesehen.
finanzwelt: Die Börse ist keine Einbahnstraße. Sollten sich Anleger nun wieder stärker an Aktien/Aktienfonds herantrauen?
Hellers: Deutschland ist ein Land der Sparer. Das Geld der privaten Haushalte liegt zum großen Teil in festverzinslichen Klassikern wie dem Sparbuch oder in Festgeld. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Menschen hierzulande viel zu wenig auf Sachwerte bzw. Produktivkapital wie Aktien setzen. Die Konsequenz ist, dass sie nicht an der Wirtschaftskraft Deutschlands partizipieren und von der Stärke deutscher Unternehmen und dem Aufschwung in anderen Teilen der Welt profitieren. Das ist nicht nur schade, sondern langfristig auch schlecht für jeden Einzelnen.
Natürlich sind Aktien und Aktienfonds für alle, die ihr Geld nur kurzfristig anlegen oder zwischenparken möchten, nicht geeignet. Für Anleger, die einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont haben, sind sie jedoch ideal. Das gilt übrigens insbesondere für das per Definition langfristige Thema Altersvorsorge: Ich rate allen, die noch relativ weit vom Renteneintritt entfernt sind, in ihrer Altersvorsorge auch auf ein gut gestreutes Portfolio an Aktienfonds zu setzen.
Ein Beispiel verdeutlicht das. Wer vor 30 Jahren – keine ungewöhnliche Zeitspanne für die Altersvorsorge – angefangen hat, monatlich 100 Euro (beziehungsweise die entsprechende Summe in D-Mark) in Aktien der Dax-Unternehmen anzulegen, hat bis September 2014 ein Vermögen von rund 131.000 Euro angespart. Eingezahlt hat er über diesen Zeitraum 36.000 Euro. Über 40 Jahre wurden unter den gleichen Umständen aus eingezahlten 48.000 Euro sogar rund 341.000 Euro.
finanzwelt: Welche Produkte/Produktsparten standen/stehen bei Ihnen weit vorne auf der Absatzliste?
Hellers: Neben den oben erwähnten Fonds setzen wir unseren Vertriebsfokus aktuell auf zwei Produktbereichen: Ertragsorientierte Fonds und Multi Asset Fonds.
Wir sind im intensiven Dialog mit Kunden, um die Produkte auf den Markt zu bringen, die genau das erfüllen, was die Anleger bewegt. Sie suchen entweder Wachstum, Ertrag oder Stabilität. In Deutschland ist das Bedürfnis nach Stabilität besonders stark ausgeprägt. Der größte Schmerz des deutschen Anlegers ist das Verlustrisiko. Wir sind daher aktuell dabei, Multi Asset Lösungen vorzubereiten, die den Fokus auf Stabilität legen. Sie starten nächstes Jahr.
Und dann haben wir noch einen weiteren Schmerz der Anleger – das Niedrigzinsumfeld und die schwieriger werdende Suche nach regelmäßigen stabilen Erträgen aus der Anlage. Um dem wachsenden Ertragsbedürfnis der Anleger gerecht zu werden, haben wir im Oktober den Multi Asset Fonds Fidelity Zins & Dividende gestartet. Er strebt eine Ausschüttung von rund 5 % pro Jahr an und ergänzt unsere ertragsorientierte Fondsfamilie mit deutschen Produktnamen. Zu ihren gehören beispielsweise auch der oben erwähnte Fidelity Rentenanlage Klassik und der Fidelity Rentenanlage Zinsertrag. Der Fonds erzielt selbst im Niedrigzinsumfeld eine Ausschüttung von aktuell rund 2,3 % jährlich nach Kosten – und das bei Investment-Grade Rating des Gesamtportfolios. Dazu setzt er auf ein globales Anleiheportfolio mit breiter Streuung über verschiedene Anleiheklassen.
finanzwelt: Das Damoklesschwert Regulierung hängt über der Branche. Sind wir mittlerweile „überreguliert", so dass die eigentliche Beratungsdienstleistung unter den Vorschriften zu kurz kommt?
Hellers: Regulierung ist gut, solange sie die Transparenz für Kunden erhöht und das Beratungsangebot verbessert. Insbesondere hinsichtlich des zweiten Punktes ist es wichtig, dass beide Vergütungsmodelle, die wir derzeit im Beratermarkt haben, weiterhin nebeneinander bestehen bleiben. Honorarberatung und provisionsbasierte Beratung. Darauf müssen die Regulierer in Deutschland achten.
Das Interview führte Alexander Heftrich