Der deutsche Aktienmarkt hat Potenzial
10.04.2017
Uwe Eilers
Berater und Anleger stellen sich mitunter die Frage, ob deutsche Aktien derzeit noch ein attraktives Investment sind. Und wie sieht es allgemein mit dem europäischen Kontinent aus? Dazu und zu weiteren Aspekten des Allokierens hat Uwe Eilers, Vorstand Geneon Vermögensmanagement AG, eine klare Meinung. finanzwelt sprach mit ihm.
finanzwelt: Der deutsche Aktienindex präsentiert sich zum Ende des ersten Quartals in guter Verfassung. Das Allzeithoch ist in Sicht. Sehen Sie noch Luft nach oben? In welchen Sektoren machen Sie interessante Titel aus?
Eilers: Der DAX ist Ende März fast bis zum Allzeithoch aus 2015 gestiegen. Man könnte meinen, dass die Luft bald draußen sein könnte.
Dagegen sprechen allerdings sehr gewichtige Themen. Der wichtigste ist die Tatsache, dass alle anderen Anlagealternativen mittlerweile wesentlich höhere Bewertungen als in der Vergangenheit haben. Immobilienbewertungen in den Ballungsgebieten haben sich vielfach verdoppelt: vor einigen Jahren wurde zwischen dem 12- und 16-fachen der Jahresnettomiete für ein gebrauchtes Mehrfamilienhaus gezahlt, nun das 25- bis 35-fache.
Für 10-jährige Bundesanleihen gab es Renditen von 5%, also die 20-fache Bewertung. Diese Bewertung hat sich vervielfacht bei Renditen von knapp über 0%.
Dagegen liegen die Aktienbewertungen im DAX noch bei moderaten 14-fachen der Jahresergebnisse der Unternehmen, was auch in der Vergangenheit bezahlt wurde. Daran kann man erkennen, dass die Aktienanlagen den Bewertungsanstieg der übrigen Anlagealternativen nicht mitgemacht haben. So komisch es klingt: wir stehen möglicherweise vor einer weiteren lang anhaltenden Hausse bei deutschen Aktien, die uns bis weit über 15.000 Punkte in den kommenden 24 Monaten führen könnte.
Interessante Branchen sind Versicherer mit ihren relativ stabilen Erträgen sowie durchaus auch die Banken. Gerade letztere haben eine lange Talsohle hinter sich. Aufgrund diverser Restrukturierungen, Filialschließungen, Gebührenerhöhungen sowie eine fortschreitende Digitalisierung wird die Profitabilität der Banken deutlich steigen. Diese Gewinnanstiege könnten das Fundament für deutliche Kursanstiege legen.
finanzwelt: Wie bewerten Sie insgesamt das momentane Umfeld für europäische Aktien?
Eilers: Europäische Aktien könnten ebenso weiterhin zulegen, da einige fundamentale Faktoren die Kurse stützen und weiter pushen könnten. Dazu zählt der niedrige Euro, der die europäischen Produkte weltweit sehr wettbewerbsfähig macht. Parallel dazu können sich die Unternehmen aufgrund der extrem niedrigen Zinsen weiterhin extrem billig refinanzieren. Investitionen und mögliche Übernahmen können sehr günstig finanziert werden. Gleichzeitig können die Kosten für die Verschuldung deutlich gesenkt werden. Gerade Unternehmen mit hoher Verschuldung, also beispielsweise Telekommunikationsunternehmen, Chemiefirmen, Gasehersteller und Energieversorger profitieren davon dauerhaft. Eine Stütze vieler produzierender Firmen sind darüber hinaus die niedrigen Rohstoffpreise, allen voran der Ölpreis.
finanzwelt: Mischfonds dominieren weiterhin die Absatzlisten der großen Maklerpools. Wie muss sich ein "guter" Mischfonds aktuell positionieren?
Eilers: Mischfonds konnten bislang von steigenden Aktienkursen bei gleichzeitig fallenden Zinsen profitieren. Diese Phase könnte nun zu Ende gehen. Ein guter Mischfonds sollte deshalb mittlerweile eher in kurzlaufende Unternehmensanleihen und gegebenenfalls in kurzlaufende Titel des Emerging Markets investieren. Das Chance-Risiko-Verhältnis für langlaufende Anleihen ist mittlerweile kaum noch tragbar. Ebenso sind die Spreads im High-Yield-Bereich viel zu klein geworden, so dass auch in dem Segment die Risiken dominieren. Im Aktienbereich könnte der lange erfolgreiche US-Markt künftig eher zum Rohrkrepierer werden. Die ganzen Trump’schen Versprechen werden sich nach und nach in Luft auflösen und enttäuschte Börsianer zurücklassen. Aus dem Grund sollten die europäischen und asiatischen Aktienmärkte deutlich übergewichtet werden.