Den Blick weiten lohnt sich

07.05.2015

Foto: © gui yong nian - Fotolia.com

Weniger im Fokus, aber renditestark. Immobilien in Städten abseits der Metropolen sind für Investoren attraktiv. Das gilt für das dezentral strukturierte Deutschland genauso wie für Großbritannien mit seinen starken Großstädten.

In Deutschland und im Vereinigten Königreich gibt es jeweils fast 80 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Deutschland hat vier Städte mit mehr als einer Million Einwohnern, aber mehr als 90 % der Gesamtbevölkerung lebt abseits der Metropolen. In Großbritannien leben fast drei Viertel der Menschen außerhalb der dortigen fünf Millionenstädte. Auch im Hinblick auf die Wirtschaftskraft lassen sich beide Länder kaum auf ihre Metropolen beschränken: So entfällt beim Einzelhandel in Deutschland mehr als 80 % des Umsatzes auf Standorte außerhalb der zehn wichtigsten Märkte.

Dennoch beschränkt sich ein Großteil der Investoren in beiden Ländern bei ihrer Anlage in Immobilien derzeit auf die Ballungszentren, in UK sogar vielfach ausschließlich auf die Metropole London. Die gute Verfügbarkeit von Objekten und Marktdaten sowie die Sorge um die Liquidität der Objekte sind als Argumente nicht von der Hand zu weisen. Zudem sind diese Märkte oft sehr stark durch regionale oder lokale Anbieter geprägt, sodass man sich als Außenstehender (ob Inländer oder Ausländer) oft schwer tut.

Doch diese Probleme sind lösbar.

Ganz wesentlich sind Know-how und Vernetzung, um ein zuverlässiges Bild zu bekommen, in welche Richtung sich die Märkte entwickeln. Hier gehört der persönliche Kontakt zu Eigentümern und Gewerbetreibenden vor Ort dazu. Ein Gang durch die Innenstadt, verbunden mit Gesprächen mit ansässigen Einzelhändlern, liefert wertvolle Informationen und ergänzt die Analyse von Kennzahlen wie Kaufkraft oder Zentralität. Dabei gilt es genau hinzuschauen. So lassen sich in Städten, die aus der Vogelperspektive zunächst wenig attraktiv erscheinen mögen, erfolgreiche Investments realisieren, wenn Mikrolage und Objektqualität stimmen. Die Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen etwa landet bei Städte-Rankings in der Regel weit hinten. Dennoch ist die dortige Bahnhofstraße als Zentrale sehr attraktiv. Hinzu kommt, dass kleinere Städte häufig innerhalb ihrer Region eine herausragende Position als Versorgungszentrum haben oder sich erfolgreich als Bildungs- oder Tourismusstandort positionieren konnten. Winchester oder Guildford im Süden Englands sind entsprechende Beispiele aus dem Vereinigten Königreich, die beide über ein geringes Einzelhandelsflächenangebot und gleichzeitig ein hohes Kaufkraftniveau im Einzugsgebiet verfügen.

Bleibt die Frage nach dem Timing:

Obwohl die Preise für Immobilien in den vergangenen Jahren gestiegen sind, ist es für einen Einstieg gerade in den Städten der zweiten Reihe nicht zu spät. So liegen die Preise für Büroimmobilien in den UK-Märkten außerhalb Central Londons noch um teilweise mehr als ein Drittel unter ihrem ehemaligen Höchstwert aus den Jahren 2007/2008, während sie diesen in der Hauptstadt bereits wieder erreicht oder sogar überschritten haben. Gleichzeitig greift die wirtschaftliche Erholung dort mehr und mehr auch auf die Regionen über, wo zugleich nur wenig neue Flächen geschaffen werden, sodass sich die Perspektiven für die Vermietung des Bestands verbessern dürften.

In Deutschland wiederum liegen die Renditen für Einzelhandelsimmobilien in den Groß- und Mittelstädten abseits der so genannten „Top 7" um bis zu 150 Basispunkte höher. Die Vermietungsperspektiven sind positiv, denn bei den Expansionsmanagern der großen Einzelhandelsfilialisten stehen solche Städte auf dem Radar um eine ausreichende Marktabdeckung zu gewährleisten. Die günstigen Finanzierungskosten und die historisch geringe Verzinsung von Alternativanlagen forcieren zudem Anlagen in Immobilien.

Unterm Strich bleibt, dass der Zug für erfolgreiche Immobilien Investments keinesfalls abgefahren ist. Für Schnäppchenjäger sind die Zeiten sicher schwierig. Aber insbesondere bei Standorten außerhalb der Millionenmetropolen bieten sich für langfristig orientierte Anleger gerade jetzt interessante Gelegenheiten für Investments, die höhere Renditen ermöglichen, als die Metropolen.

Iris Schöberl, Managing Director F&C REIT Deutschland, und Guy Glover, UK Fund Manager F&C REIT Asset Management London

B-Standorte Deutschland und Großbritannien - Online-Ausgabe 02/2015