Danske Invest mit Brexit-Kommentar
23.06.2016
Bo Bejstrup Christensen
Jetzt kein falscher Mut mit Aktienkäufen: Auch wenn der Brexit kein Weltuntergang ist, rät Chefanalyst Bo Bejstrup Christensen Anlegern dazu, die Entwicklung abzuwarten.
Das britische Pfund fällt wie ein Stein. Die Zinsen gehen auf Tauchstation. Die Aktienmärkte in Asien, Europa und sicherlich auch in den USA geben kräftig nach. Die Briten haben für einen Austritt aus der EU gestimmt – und der Markt hat reagiert. Deutlich reagiert. Steht uns ein neuer Kollaps bevor? Nein! Ist denn jetzt aber der richtige Zeitpunkt für einen Aktienkauf? Nein!
Eine Sache ist sicher: Uns steht eine massive politische Unsicherheit bevor…
Lassen Sie uns das direkt klarstellen: Wir wissen nicht, welche politischen Konsequenzen das britische Referendum haben wird. Premierminister David Cameron hat bereits seinen Rücktritt angekündigt. Sein Nachfolger ist noch unbekannt. Naheliegend ist jedoch, dass es eine Person und Fraktion der Partei sein wird, die eine weitaus EU-skeptischere Linie fährt und damit nicht nur der Zusammenarbeit mit Europa, sondern auch dem Rest der Welt durch Handelsabsprachen schaden wird. Wir wissen natürlich auch nicht, wie die EU in den bevorstehenden Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens reagieren wird. Vielleicht wird das der Startschuss für eine noch größere EU-Skepsis und damit eine Bedrohung für die übergeordnete europäische Zusammenarbeit. Kurz gesagt: Wir wissen nur eines mit Sicherheit – nämlich, dass uns eine lange Phase mit massiver Unsicherheit bevorsteht. …
und das sind schlechte Nachrichten insbesondere für die britische und europäische Wirtschaft
Wenn wir seit der Krise 2008/2009 eine Sache gelernt haben, dann die, dass politische Unsicherheit dem Wirtschaftswachstum schadet. Denken Sie an die USA und die unendliche Diskussion über die Schuldenobergrenze. Denken Sie an den politischen Wahnsinn, der Teile des öffentlichen Sektors wochenlang lahmlegte und die Wirtschaft beinahe in eine Rezession schickte, da die Politiker erst in letzter Sekunde eine massive finanzpolitische Straffung abwehrten. Denken Sie an Griechenland und den endlosen Zirkus dort. Denken Sie an die Wirkung von Russland und der Ukraine. Und denken Sie an die elendige Kommunikation rund um Chinas Währung. Die Konsequenzen für die Wirtschaft sind klar: Die Unternehmen blicken in eine unsichere Zukunft und sind daher weniger gewillt, in Maschinen und neues Personal zu investieren. Die Folge ist ein schwächeres Wachstum. Und im schlimmsten Fall eine Rezession. Das gilt auch für Großbritannien und vermutlich das restliche Europa, wo eine leichte Rezession nun das wahrscheinlichste Szenario ist.
Aber das ist immer noch kein Weltuntergang
Die Märkte haben bereits reagiert – und das tut den meisten weh. Aber es ist nicht der Beginn einer neuen weltweiten Krise. Die britische Zentralbank (Bank of England) hat auch die Verantwortung, die finanzielle Stabilität sicherzustellen – und neben einer lockeren Geldpolitik zur Unterstützung der Wirtschaft - wird die sie gemeinsam mit anderen Zentralbanken die notwendige Liquidität im Bankensystem gewährleisten. Außerdem ist das Bankensystem auf globaler Ebene Pressemitteilung heutzutage robuster und besser reguliert und kann somit negativen Schocks wie den aktuellen Geschehnissen besser standhalten. Was die Realwirtschaft betrifft, wird der Handel nicht morgen zusammenbrechen, wie er es beinahe 2008 getan hat, als sich die Banken aus der Handelsfinanzierung zurückzogen. Die Auswirkungen auf die USA und China sollten begrenzt sein.
Trotzdem ist es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Heldentaten!
Was bedeutet das also für die Finanzmärkte? Hier und jetzt kann man von niedrigeren britischen Zinsen und einem schwächeren britischen Pfund ausgehen. Großbritannien hat ein großes Handelsdefizit mit dem Rest der Welt, das finanziert werden muss. Eine schwächere Währung ist ein Teil der Antwort. Kurzfristig werden europäische Aktien leiden. Das gleiche gilt für globale Aktien, aber wahrscheinlich zu einem geringeren Grad. Es stellt sich zweifellos die Frage, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Aktienkauf ist. Unsere Antwort lautet nein! In Erwartung eines rückläufigen chinesischen Wachstums, aufgrund der unsicheren US-amerikanischen Geldpolitik und zum Schutz vor politischen Unsicherheiten haben wir in den letzten Monaten unsere Aktienbestände reduziert. Eine Zinsanhebung in den USA ist jetzt zwar erst einmal vom Tisch, aber nicht komplett gestrichen. Und auch wenn wir mit unserer Erwartung, dass der globale Aufschwung die politische Unsicherheit überlebt, rechtbehalten sollten, rechnen wir trotzdem mit einem niedrigeren chinesischen Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 2016. Kurz gesagt: Wir sehen nur wenige Faktoren, die die Aktienmärkte nach dem Brexit dauerhaft wieder nach oben treiben können. Deshalb ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Heldentaten: Wir bleiben abwartend und haben nicht mehr Aktien in unseren Portfolios als normalerweise, das heisst wir sind neutral gewichtet. Und dann harren wir der Dinge, die noch kommen.
Ein Kommentar von Danske Invest Chefanalyst, Bo Bejstrup Christensen