Brexit: Werden Versicherungen zum Risiko?

30.04.2018

Der bevorstehende Brexit wirft für die Versicherungsbranche zahlreiche elementare Fragen auf / Foto: © fotogestoeber - stock.adobe.com

„ . . . tenth of millions of insurance policies“ und daneben auch Derivate wie Optionen oder Swaps mit einem nominalen Volumen von nicht weniger als 96 Billionen Pfund hängen durch den Brexit in der Luft, so Angaben der britischen Finanzaufsicht. Andrew Bailey von der Financial Conduct Authority (FCA) und Sam Woods, verantwortlich für die Finanzaufsicht in der Bank of England haben unter Verweis auf diese Größenordnungen die Gesetzgeber beiderseits des Kanals aufgefordert, den Übrgang zu regeln.

Die Briten werden die EU nach einer Übergangsfrist Ende 2021 verlassen. Dieser Austritt wird vor allem für die Finanzbranche gravierende Folgen haben denn mit dem Austritt verlieren die UK-Unternehmen die Möglichkeit des „passporting“. Damit ist gemeint: Wenn ein Unternehmen die nationale Zulassung in einem EU-Staat zu bestimmten Geschäften (etwa Einlagengeschäft, Versicherung oder Investmentfonds) hat dann kann dieses Unternehmen in der gesamten EU tätig werden, genau genommen sogar im etwas größeren Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), bei dem noch Norwegen, Island und Liechtenstein zur EU hinzukommen. Das ist vor allem für Finanzdienstleister mit den hohen Zulassungsvoraussetzungen wie Genehmigungspflichten, laufenden Prüfungen, Nachweis einer ausreichenden Kapitalunterlegung etc. ein großer Vorteil. Davon haben die Briten auch Gebrauch gemacht: Sie stellen den bei weitem größten Anteil der im deutschen Versicherungsmarkt aktiven Anbieter aus dem EWR.

Mit dem Brexit entsteht die Frage: Was passiert mit den Policen, die noch innerhalb der EU-Regulierung mithilfe des „passporting“ abgeschlossen wurden aber zeitlich über den Austrittszeitpunkt hinweg reichen? Denn mit dem Austritt geht die rechtliche Basis zunächst verloren und die britische Gesellschaft wird gewissermaßen zu einem illegalen Anbieter ohne die nötige Zulassung. Das müsste insbesondere da Konsequenzen haben, wo es um obligatorische Versicherungen geht wie etwa die Berufshaftpflicht, zu der bestimmte Branchen gesetzlich verpflichtet sind oder zum Betrieb von Anlagen oder Fahrzeugen. Würden die bestehenden Versicherungen ungültig, stehen auch Zulassungen und Genehmigungen der Versicherungsnehmer in Frage.

Damit ist der Fortbestand der Verträge fraglich, sofern es keine Regelung gibt, wie die Briten betonen („ . . . no decision on contract continuity . . .“). Der für diese Fragen zuständige Vize-Präsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis erklärte einer Bloomberg-Meldung zufolge allerdings umgehend, dass sich die EU in dieser Frage nicht sonderlich ins Zeug legen wird. Es sei in erster Linie Sache der betroffenen Unternehmen (" . . . the private sector must take the lead in ensuring that existing contracts won’t be disrupted when the U.K. exits the EU.“), hier für Lösungen zu sorgen. (mk)