Brennglas Krankenhausreform

30.08.2023

Foto: © BMG / Thomas Ecke

Das Gesundheitssystem ist krank. Das Personal ist unterbesetzt, überarbeitet, unterbezahlt und überlastet. Was seit Jahren ein offenes Geheimnis ist, soll mit der Krankenhausreform nun ordentlich umgekrempelt werden. Am 10. Juli wurde im Eckpunktepapier von Bund und Ländern das Ziel für 2024 festgelegt: Wohnortnahe Versorgung und Spezialisierung. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die geplante Reform auf die Assetklasse der Gesundheits- und Pflegeimmobilien haben wird.

In einem Jahrzehnt wird es 20 % der rund 1.700 deutschen Krankenhäuser nicht mehr geben. Jedes fünfte Krankenhaus wird schließen. Aufgrund des Fachkräftemangels, fehlender Finanzierung und Versorgungsengpässen häufen die Kliniken nämlich Schulden in Millionenhöhe an, um ihre Patienten überhaupt noch versorgen zu können. Dr. Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V., erklärt, es gäbe in Deutschland zu wenige Kliniken, um einer angemessenen Versorgung gerecht zu werden (Stand: Juni 2023). Dass die Bevölkerung trotzdem angemessen versorgt werden muss, ist klar. Hier gilt es anzusetzen.

Da kommt die Resilienz der Ärzte- und Gesundheitszentren gelegen: Als systemrelevante Immobilie zur Sicherung der medizinischen, ambulanten Versorgung – in der Regel in eher ländlichen Gegenden, wo es kaum Alternativen oder einen umstandsfreien Zugang gibt – zeigt diese Assetklasse, dass Gesundheit kein Exportgut ist. Die Praxen werden an einem Ort und unter einem Dach konzentriert. Angesichts der kommenden Erfordernisse hat die IWG im 1. Halbjahr 2023 das Beratungsgeschäft für Kommunen und Krankenhäuser neu, aber weiterhin zukunftssicher aufgestellt. Im 2. Halbjahr stehen die Eröffnungen von vier Gesundheitszentren bevor, wie etwa eines in Rodgau mit 3.200 m² Mietfläche. Zudem laufen 15 weitere Projekte. „Die Assetklasse der Healthcare-Immobilien ist im angespannten Immobilienmarkt auch keine ‚Insel der Glückseligen‘, aber besonders Ärzte- und Gesundheitszentren zeichnen sich durch eine besondere Resilienz aus. Gesellschaftlich erforderlich, politisch gefördert, lokal erwünscht“, so IWG-Vorstand Dr. Christian Höftberger. „Zudem sichern eine stabile Mieterstruktur, inflationsgeschützte Mieteinnahmen und hohe Wechselbarrieren langfristig die Werthaltigkeit des Investments.“ Auch Rechtsanwalt Alexander Bechtler ist sich des Umbruchs bewusst, den das marode Gesundheitssystem erwartet. Nicht zuletzt sei es der demografische Wandel, der diese tiefgreifenden Maßnahmen erfordere.

Altersentwicklung der Gesellschaft ist und bleibt Motor

Der demografische Wandel ist ein Prozess, der weder verlangsamt, noch beschleunigt werden kann. Er wird eintreten, denn Menschen werden älter. Darauf vorbereitet zu sein, ist klug und unablässig. Neben Ärztehäusern stellen Pflegeimmobilien eine solche, logische, krisensichere Investition in die Zukunft dar. Angesichts der geopolitischen Lage (Inflation, Leitzinserhöhung, Ukraine-Krieg) ist es allerdings nicht überraschend, dass Investoren aktuell ein wenig Zurückhaltung walten lassen. Carestone-CSO Sandro Pawils erklärt: „Unser Vertrieb wird allerdings maßgeblich von Finanz- und Versicherungsberatern getragen. Gemeinsam mit ihren Kunden nehmen sie unsere Immobilien als sehr gute Vorsorgealternative in Inflationszeiten wahr, was dem Vertrieb entsprechende Dynamik verleiht.“ Für das laufende Halbjahr habe auch die Carestone-Gruppe sich der Marktsituation angepasst und optimiere fortlaufend. „Die Mischung aus KfW-förderfähigen Neubauten und smarten Bestandssanierungen, die aufgrund der Sofortmiete attraktiv sind, treffen den Kundennerv“, ergänzt Pawils. Trotz ökonomischer Herausforderungen erweise sich die Assetklasse gerade jetzt als sehr robust, so der CSO weiter. Aufgrund der alternden Gesellschaft würden Experten allein bis 2040 mit Investitionsbedarfen zwischen 80 und 125 Mrd. Euro rechnen. „Pflegeimmobilien erschließen diese riesigen Marktpotenziale für jene, die ihr Vermögen schützen oder für ihr Alter vorsorgen wollen.“

Vive la révolution!?

Gesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht eine Revolution durch die Krankenhausreform. „Die Menschen können sich darauf verlassen, dass die Krankenhäuser, die wirklich gebraucht werden, zum Beispiel auch in ländlichen Gebieten und in den Stadtteilen, wo es wenig Versorgung gibt, auch überleben können, ohne dass sie immer mehr Fälle behandeln müssen“, wird Lauterbach am Nikolaustag 2022 auf der „Tagesschau“-Website zitiert. Trotzdem stehen nicht alle dieser Revolution positiv gegenüber. Besonders die Level-Struktur: Level 1: Grundversorgung, Level 2: Schwerpunktversorgung mit Spezialisierung, Level 3: Spitzenversorgung, etwa an Unikliniken – gefällt den Ländern nicht. Es könne ein wirtschaftlicher Nachteil bei niedriger Einstufung entstehen. Diese revolutionäre Reform soll zum 01.01.2024 in Kraft treten. Wie sich diese auf das Gesundheitssystem in der Realität auswirken wird, kann noch nicht gesagt werden. Allerdings bleibt eines unverändert: Die Krisensicherheit der Investition in Gesundheits- und Pflegeimmobilien. (ml)