BaFin-Aufsicht bewirkt Marktbereinigung, offenbart aber auch Chancen
22.06.2020
Hartmut Petersmann / © Petersmann Institut
Die Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach §34f Gewerbeordnung (GewO) und Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis nach §34h GewO auf die BaFin bewegt die Gemüter und wird kontrovers diskutiert. In diesem Zusammenhang wollte das Petersmann Institut in Erfahrung bringen, wie die heutige §34f- und h-Vermittler-Landschaft auf den bevorstehenden Wechsel unter die BaFin-Aufsicht reagieren wird. Im Ergebnis zeichnet sich ein sehr heterogenes Bild ab.
Das Petersmann Institut verfolgt den Zweck, den freien und unabhängigen Finanzberater als wichtige Beratungsinstanz im Kapitalmarkt zu etablieren – gerade in Zeiten fortschreitender Regulierung. Die Studie ist in Kooperation mit der DFP Deutsche Finanz Portfolioverwaltung entstanden. „Wir wollten wissen, wie die heutige §34f- und h-Vermittler-Landschaft auf den bevorstehenden Wechsel unter die BaFin-Aufsicht reagieren wird, ob sie das Geschäft aufgeben wird, welche Alternativen sie in Betracht zieht und wie sich das unabhängige Finanzberatungsgeschäft unter dieser Prämisse entwickeln wird“, sagt Hartmut Petersmann, Gründer und Geschäftsführer des Petersmann Instituts.
Dazu haben die Häuser 101 unabhängige Finanzberater befragt, deren fachlicher Schwerpunkt unter anderem die langjährige unabhängige Vermögensanlageberatung ist. Ebenso sind viele Stimmen aus der Branche gehört worden – von Produktgebern, die in diesem Segment tätig sind, über unabhängige Consultants bis hin zu Dienstleistern, die von diesem Vermittlersegment abhängig sind und Interesse daran haben dürften, veränderte Dienstleistungen anzubieten.
Die Ergebnisse deuten auf größere Veränderungen in der Landschaft für Finanzanlagenvermittler hin. Man kann tendenziell sagen, dass je größer der Investment Bestand, desto gelassener die Stimmung. Je kleiner der Bestand, desto eher kommen Überlegungen hoch, das Investment-Vermittlungsgeschäft ganz aufzugeben, seinen Bestand zu verkaufen oder unter ein Haftungsdach zu schlüpfen. Nach unserer Umfrage werden rund zwölf Prozent der Vermittler ihre Lizenz aufgeben. Branchenschätzungen dazu gehen von bis zu 40 Prozent aus. Die sogenannten ‚Schubladenlizenzen‘, also die Lizenzen, die lediglich wegen des Erhalts der Bestandspflegeprovision aufrechterhalten werden, erscheinen nicht mehr lohnenswert“, betont Hartmut Petersmann. Für Petersmann bedeutet dies eine große Chance für professionelle Dienstleister im Investment-Vermittlungsgeschäft. Der Gesetzgeber erreiche damit sein Ziel, an weniger Stellen professionelleres Geschäft überprüfen und regulieren zu können.
Insgesamt wollen fast 70 Prozent der gehobenen Finanzanlagenvermittler ihre Tätigkeit unter der BaFin-Aufsicht fortführen. Der Rest will das Geschäft eben aufgeben oder grundsätzlich unter ein herkömmliches Haftungsdach schlüpfen. 45 Prozent der Finanzanlagenvermittler sind aber noch unentschieden, ob sie den Weg alleine gehen möchten oder unter einer sogenannten Vertriebsstelle, dem „Haftungsdach-light“. Einig scheinen sich jedoch fast alle zu sein: Wenn schon ein Haftungsdach oder ein Haftungsdach-light, dann aber ohne Vorgaben, was die Fondsauswahl oder die Produktpalette schlechthin angeht. Alle Bestände sollen mitwandern, und ebenso sollen alle Plattformanbieter mit an Bord sein.
Der Umfrage zu Folge übersteigen die möglicherweise tatsächlich anfallenden Kosten die Bereitschaft, gewisse Kosten für die neue Aufsicht zu akzeptieren. Dies bleibt eine spannende Frage. Petersmann meint dazu: „Nur besonders clevere Lösungen können von der Masse derer, die ihre Lizenzen aufgeben wollen, profitieren.“
„Im Kern zeigt unsere Studie, dass es auf dem Markt der §34f- und h-Vermittler kein grundsätzlich neues Geschäftsmodell geben wird und dass die Landschaft sehr heterogen bleibt. Die heutige Struktur des Einkommens eines Vermittlers wird darüber entscheiden, wie er sich künftig aufstellt und durch wen er sich dabei helfen lässt. Wir gehen davon aus, dass Qualität und Professionalität des unabhängigen Finanzberaters weiter steigen werden. Was an Bedeutung gewinnen wird, sind verlässliche Partnerschaften und Kooperationen mit erfahrenen, leistungsstarken Dienstleistern, die regulatorisch sowie insbesondere IT-technisch alles anbieten können“, betont Hartmut Petersmann.
Die Executive Summary von „Wie reagieren unabhängige Finanzberater auf die BaFin-Aufsicht?“ ist unter www.provisions-check.de kostenlos erhältlich. Das Petersmann Institut zeigt dort auf, wie die Unabhängigkeit gewahrt bleiben kann und die Kosten kompensiert werden können. (ah)