Ausweg für den Vertrieb

06.08.2015

Foto: © fotogestoeber - Fotolia.com

Angesichts der tristen Lage am Zinsmarkt mit allen damit verbundenen Konsequenzen für die Überschussbeteiligung bei klassischen Produkten richtet sich der Blick der Makler und Kunden nach der Börse. Fondsgebundene Policen versprechen einen gelungenen Spagat zwischen Rendite und Garantie. Bei der richtigen Produktauswahl bieten Fondspolicen zudem besondere Vorteile.

Laut GDV lag der Anteil fondsgebundener Policen an den Brutto-Beitragseinnahmen der Lebensversicherer 2014 – weitgehend stagnierend – bei knapp über 15 %. Wieso sollte er dann in den kommenden Jahren deutlich wachsen? Denn in der Vergangenheit korrespondierte die Zahl der Neuabschlüsse eng mit der aktuellen Entwicklung an der Börse. Bis zur großen Finanzkrise 2008 lag der Anteil der Fondspolicen am gesamten Jahresgeschäft der Lebensversicherer bei 27,5 %, bis zu 8 % hatte zuvor der jährliche Bestandszuwachs ausgemacht. Doch selbst der Höhenflug des DAX konnte in den vergangenen Jahren dem Geschäft nicht mehr so recht auf die Beine helfen. Der Zuwachs der Fondspolicen bewegte sich in engen Grenzen – obwohl die Anbieter einen kompletten Systemwechsel in ihren Tarifen vollzogen.

Es kamen immer mehr Produkte auf den Markt – von statischen über dynamische Hybridprodukte oder Variable Annuities bis hin zu iCPPIs. Außer der statischen Variante versprechen sie die Chance auf eine möglichst hohe Rendite und geben gleichzeitig Garantien, etwa für den Werterhalt des aktuellen Guthabens und/oder die eingezahlten Beiträge. Doch am Ende ist das Angebot derart vielfältig und nur schwer überschaubar geworden, dass den jeweiligen Auswirkungen des Chance-Risiko-Verhältnisses nur noch mit der von MORGEN & MORGEN entwickelten Software Volatium® beizukommen ist. Inwieweit können Makler und Kunden die angebotenen Tarife verstehen? Interessieren sich die Kunden wirklich für derart schwere Kost und das Zustandekommen von Garantien? Gert Wagner, Bereichsleiter Produktmanagement bei Swiss Life, hält dies jedoch für zwingend erforderlich: „Sie sollten sich dafür interessieren, denn damit wird eine schwerwiegende Weichenstellung vorgenommen, die erheblichen Einfluss auf das Versorgungsniveau im Alter hat. Faktisch tun sie das aber nicht, sondern delegieren diese Entscheidung im Regelfall an ihren Vermittler. Dieser muss daher zwingend dazu in der Lage sein, die grundsätzlichen Wirkungen verschiedener Garantiemodelle zu verstehen und die daraus für den Kunden resultierenden Konsequenzen aufzuzeigen.“ Dies bedeute natürlich nicht, dass er seinem Kunden den Umschichtungsalgorithmus bei einem 3-Topf-Hybrid im Detail erklären müsse – sondern dass er in einfachen Worten darlegen könne, welche praktischen Auswirkungen die Wahl des Garantiemodells für den Kunden haben könne. Wagner: „Dazu gehört beispielsweise die schlichte Wahrheit, dass Garantien immer zu einem Renditeverzicht führen und auch durchaus unerwünschte Effekte für den Kunden zur Folge haben können.“ Unterbleibe auf Seiten des Vermittlers eine kritische Auseinandersetzung mit Garantiemodellen und ihren Wirkungen, seien auf Kundenseite eine falsche Erwartungshaltung und damit Enttäuschungen nahezu schon vorprogrammiert. Zumindest grundsätzlich gibt Frank Neuroth, Mitglied des Vorstands der ERGO Lebensversicherung, Entwarnung: „Wir sind überzeugt, dass die Kunden den Wert der Garantie eines Versicherers erkennen. Die Lebensversicherung wird von der Aufsicht im Sinne des Versichertenschutzes scharf kontrolliert. Der Kunde kann sich deswegen darauf verlassen, dass er seine Garantie von einem soliden und finanzstarken Unternehmen bekommt.“ Und er genießt bei den Anbietern fast marktweit volle Freiheiten – etwa im Hinblick auf die Zusammensetzung und Risikohaftigkeit der Fondsanlage. Denn bei vielen Produkten ist ein zwischenzeitliches Switchen der persönlichen Risikoneigung erlaubt. Und je nach Lage der Kapitalmärkte auch sinnvoll.

Qualifizierte Beratung ist entscheidend.

Klaus-Peter Klapper, Leiter Produkt- und Vertriebsmarketing der Stuttgarter Lebensversicherung, sieht hier in erster Linie den Vertrieb in der Pflicht: „Mit unseren Produkten kann der Kunde zum Beispiel seine Fonds während der Vertragslaufzeit aktiv wechseln. Wie und wann er die Flexibilitäten seines fondsgebundenen Produktes nutzt, dafür ist er in erster Linie selbst verantwortlich.“ Dies betreffe auch Entscheidungen, die den Average-Effekt beeinflussten. Deshalb empfehle man den Kunden, sich, je nach Anlegermentalität, qualifiziert beraten zu lassen. Klapper: „Die Stuttgarter arbeitet ausschließlich mit freien Vermittlern zusammen. Sie führen die Beratungsgespräche durch. Und auf deren Kommunikation und Beratung üben wir als reiner Produktgeber keinerlei Einfluss aus.“ Hilfe erhalten diese von den Versicherern selbst, wie Nicolai Engel, Leiter Produktmanagement bei der Gothaer Leben, bestätigt: „Unseren Vertriebspartnern stehen vielfältige Dialoge zu Bestandsverträgen und damit auch zur Fondsanlage in fondsgebundenen Versicherungen zur Verfügung.“ Zudem gebe es viele Kunden, die sich im Rahmen des breiten Fondsportfolios für Fonds mit einem langfristigen Anlagehorizont oder für aktiv gemanagte Fondsvarianten entschieden hätten. Bei Beratungen während der Laufzeit sei aber auch darauf zu achten, dass der Makler nicht erst dadurch in Haftungsfragen gerate. Engel: „Die Fondsauswahl zu Beginn bzw. während der Laufzeit trifft immer ausschließlich der Kunde und damit nutzt er alle Chancen, trägt aber auch potenzielle Anlagerisiken.“ Diesen potenziellen Anlagerisiken könne sehr gut wiederum durch aktiv gemanagte Varianten oder beispielsweise Life- Cycle-Modelle, Fondsbaskets oder auch dynamische Hybridlösungen begegnet werden. Dann muss sich auch der Makler nicht mehr kümmern. (hwt)

Printausgabe 04/2015