Ausfallraten noch unter Niveau vergangener Krisen
30.09.2020
Paul Gurzal - Foto: © La Française AM
High Yield Bonds sind immer mit etwas Vorsicht zu genießen. So zumindest die landläufige Meinung. finanzwelt sprach mit Paul Gurzal, Head of Credit, La Française AM über die künftige Entwicklung dieses Anleihesegments.
finanzwelt: Wie sehen Sie die Perspektiven für Anleger, die bei Hochzins-Anleihen nach Rendite Ausschau halten?
Paul Gurzal: Technische Faktoren bleiben für spekulative Wertpapiere („High Yield“-Wertpapiere) wie für andere Carry-Assets sehr günstig, wobei Investoren im Umfeld einer äußerst akkommodierenden Geldpolitik, die die Zinsen am Markt langfristig niedrig halten sollte, weiterhin nach Rendite streben. Die Märkte gehen davon aus, dass die Leitzinsen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank bis Dezember 2023 auf dem derzeitigen Niveau bleiben werden. (Quelle Bloomberg, August 2020)
finanzwelt: Ist denn momentan ein guter Einstiegszeitpunkt für Investments in High-Yield-Fonds (auch mit Blick auf die Ausfallrate)?
Gurzal: Die Ausfallraten steigen zwar seit Beginn der Krise, bleiben aber deutlich unter dem Niveau früherer Wirtschaftsrezessionen (2001 und 2008) und den Prognosen der Rating-Agenturen, die für 2020 eine durchschnittliche Ausfallrate von 12% für die Vereinigten Staaten und 8% für Europa („emittentengewichtete“ Methode*) erwarteten. Diese liegen derzeit bei 4,3% und 0,7% seit Jahresbeginn („emittentengewichtet“). Ohne eine zweite Welle der Pandemie – unser Hauptszenario – werden die Ausfallraten gegenüber dem derzeitigen Niveau voraussichtlich nicht wesentlich ansteigen. Dies ist auch ein unterstützender Faktor für die Assetklasse.
finanzwelt: Erscheint Ihnen der US-Hochzinsanleihenmarkt gegenwärtig attraktiver als der europäische Markt?
Gurzal: Auf globaler Ebene stieg der Spread von Anfang Januar bis Ende August von 335 auf 477 (mit einem Spitzenwert von 895), in der Eurozone von 268 auf 403 (Spitzenwert von 708), in den Vereinigten Staaten von 315 auf 459 (Spitzenwert von 887), in den Schwellenländern von 427 auf 588 (Spitzenwert von 1072).
Quellen: Bloomberg, BofAML, Indizes HY € (HE00), weltweit (HW00), USA (H0A0), Schwellenländer (EWUH)
Für den Herbst erwarten wir angesichts der starken Rallye seit April (auf globaler Ebene sind die Spreads von High-Yield-Papieren um 75 % gemessen an ihrer Post-Covid-Ausweitung zurückgegangen) im Vorfeld der US-Wahlen eine leichte Ausweitung der US-High Yield-Risikoprämien (in der Größenordnung von 30 bis 50 Basispunkten).
Die Ungewissheit über den Wahlausgang könnte zu einer erhöhten Volatilität auf den Finanzmärkten führen.
Die ungünstigsten Szenarien wären:
- Wahlen ohne endgültiges Ergebnis am 03/11
- eine Wiederwahl von Donald Trump, bei der der Senat an die Demokraten geht.
Das günstigste Szenario wäre aus unserer Sicht:
- die Wahl von Joe Biden, bei der der Senat in den Händen der Republikaner bleibt.
Wenn sich diese Ausweitung der US-High-Yield-Spreads verwirklicht, werden wir diese Chance nutzen, um unsere Positionen zu stärken.
finanzwelt: In welchen Branchen sehen Sie hierbei derzeit ein gutes Rendite-Risiko-Profil?
Gurzal: In geografischer Hinsicht setzen wir auf Europa und die Vereinigten Staaten und bleiben vorsichtig gegenüber Schwellenländern und Emittenten aus den Peripherieländern
In sektoraler Hinsicht stehen wir in den Sektoren, die weniger empfindlich auf das aktuelle Umfeld reagieren (Technologien, Medien und Telekommunikation, Nahrungsmittel, Pharmazeutika usw.), weiterhin positiv gegenüber. Wir bekräftigen unsere Vorsicht gegenüber zyklischen Emittenten. Was die Ratings betrifft, so tendieren wir zu „Best-in-Class“-Emittenten, d. h. zu „Fallen Angels“ und Emittenten mit einem Rating von BB. (ah)