Aufpassen und "richtig" positionieren

22.10.2019

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Sind Aktien noch „alternativlos“?

Die Gretchenfrage „Am Kapitalmarkt investieren oder sein Geld auf einem Sparkonto deponieren?“, kannte in den vergangenen Jahren nur eine Antwort. Das Pendel, bedingt durch ein stabiles weltweites Wirtschaftswachstum, schlug in Richtung Börse aus, da die Renditen von Spar- und Tagesgeldkonten nicht annähernd lukrativ waren. An dieser Gemengelage dürfte sich wohl nichts Grundlegendes geändert haben oder etwa doch? Zwar schlagen insbesondere Vertreter der Industriebranche in diesen Wochen weltweit Alarm. Sinkende Aufträge sind Vorboten einer Ernüchterung. Dennoch, tiefe Zinsen machen Anleihen teuer, was Anleger weiterhin in Aktienmärkte treiben dürfte. „Aktien waren, sind und bleiben alternativlos für eine langfristige, renditeorientierte Vermögensanlage. Dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach zehn Jahren Kursrallye erreichte Aktienbewertungen teilweise extreme Höhen erreicht haben, die eine Rückschlaggefahr begründen. Aber wer Anlageklassen relativ zueinander betrachtet, kann eine gewisse Höherbewertung angesichts niedrigster Zinsen und fallender Mietrenditen rechtfertigen“, so Böckelmann. Insbesondere wenn die Märkte gen Süden tendieren, lohnt sich wohl ein gezielter Blick auf Einzelwerte, die trotz des Marktumfelds weiter gute Erträge versprechen könnten. Value-Investing ist hier ein Stichwort. „Aktien von Firmen, die in den ‚richtigen‘ Industriezweigen mit einem guten Geschäftsmodell arbeiten, bieten auch in diesem Umfeld eine gute Alternative zu zinslosen Anlagen“, so Eilers, wohingegen zyklische Unternehmen und Unternehmen, die unter der Strukturänderung leiden (z. B. der Automobilsektor), eher zu meiden sind.

Das Marktumfeld ist rauer geworden. Die Handelskonflikte und das Gezerre um den möglichen Brexit wirken belastend. Zwar verlief das erste Halbjahr an den internationalen Aktienmärkten weitgehend ruhig und mit ordentlichen Wertzuwächsen, doch zum Sommer hin rumorte es im Getriebe. So gab es Anfang August im DAX die größten Wochenverluste seit drei Quartalen. Die Angst kehrte zurück. Wenngleich sich zwischenzeitlich wieder etwas zum Besseren gewendet hat und Verluste ausgemerzt wurden, so schwindet doch mancher Optimismus bei den Investoren und weicht dem Pessimismus. Soll man sich gar ganz vom Kapitalmarkt verabschieden? Oder gibt es einen passenden Schutz? „Temporäre Kursrückgänge können in schwankenden oder fallenden Aktienmärkten nie ganz vermieden werden. Zur Vermeidung von Verlusten ist es jedoch wesentlich, dass aus Kursrückgängen keine wirklichen Verluste werden. Daher sollte auf die sorgfältige Auswahl des Anlageuniversums Wert gelegt werden“, wirft FV Frankfurter Vermögen AG-Vorstand Uwe Eilers ein. Und für Euroswitch-Gründer Böckelmann kann es aus Portfoliosicht je nach Risikobudget sinnvoll sein, Kapitalschutzmaßnahmen einzubauen – diese reichen traditionell vom Ausbau der Liquidität, dem Einbau einer Krisenversicherung durch Gold, sogenannten Liquid Alternatives bis hin zu ausgewählten Anleihen. Insofern bleibt wohl ein breit diversifiziertes Portfolio (über diverse Anlageklassen hinweg) eine mögliche zielführende Antwort, um Verluste entgegenzuwirken oder diese aufzufangen. Nicht zuletzt der schwelende Handelsstreit zwischen den USA und China heizt die Nachfrage nach Gold weiter an. Die „Antikrisen-Währung“ hatte Anfang September den höchsten Stand seit Frühsommer 2013 erreicht; die Feinunze notierte bei 1.555 US-Dollar. In Unruhe- Zeiten fühlen sich Gold-Investoren eben richtig wohl. „Gold glänzt wieder“. Doch trägt diese Aufwärtsbewegung oder sehen wir kurz- bis mittelfristig wieder fallende Kurse? „Gold ist deutlich überkauft und eine Korrektur eigentlich überfällig. Aber man kann immer wieder beobachten, dass Märkte lange überkauft sind und dann die Korrektur wie aus der Ketchup-Flasche kommt. Interessanterweise hängen Goldminen etwas nach. Der Hebel ist geringer als in der Vergangenheit“, fasst FiNet-Experte Huttel zusammen. Für Vorstand Eilers sind insbesondere die Käufe der Zentralbanken, die einen wachsenden Teil ihrer Devisenreserven in Gold anlegen, ein Argument für die steigenden Notierungen. Gleichwohl gibt er auch zu bedenken, dass der Preisanstieg sich aber im Jahresverlauf abflachen sollte, da aufgrund des gestiegenen Preises die Schmucknachfrage zurückgehen könnte (chinesische Investoren sind durch die Renminbi-Schwäche doppelt getroffen) und andererseits bisher weniger produktive Goldminen jetzt profitabel arbeiten würden, so dass das Angebot zunehme. Gold hat einen Versicherungscharakter und gilt mitunter als „sicherer Hafen“. Als Beimischung ist das Edelmetall eine Option für den langfristig aufgestellten Anleger. (hsd)