Asiens Vorteil liegt in der Begeisterung für Technik

12.02.2019

Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG / Foto: © Bayerische Vermögen AG

Die Börsen stehen vor dem Scheideweg: Eine positive, grundlegende Einigung im Handelskonflikt der beiden Wirtschaftssupermächte USA-China würde den Markt nach oben führen und schnell die alten Hochs wieder in Reichweite bringen. Scheitern die Verhandlungen, droht der Rückfall auf die Tiefs von Dezember 2018.

Der Handelsstreit und die Politik der US-Notenbank haben die Märkte übertrieben stark gedrückt. Der Brexit spielt für die Weltwirtschaft dagegen wohl eine untergeordnete Rolle, auch wenn die europäischen Medien voll von dem Thema sind.

Wichtiger: Sowohl die USA als auch China leiden unter einer schwächelnden Konjunktur und brauchen dringend einen funktionierenden Deal. Zum Beispiel braucht die US-Chipindustrie China, denn die führenden Konzerne exportieren 30 bis 60 Prozent ihrer Produktion ins Reich der Mitte. Chinesische Strafzölle oder Handelsbeschränkungen würden die US-Industrie massiv treffen.

Im Streit zwischen Washington und Peking geht es auch um die Reputation als global führende Wirtschaftsmacht. Dabei liegt China in der Wirtschaftsleistung je nach Berechnungsmethode bereits jetzt vor den USA oder fast gleichauf. Und Chinas reale jährliche Wirtschaftsleistung wird im Verhältnis zu den USA in den kommenden Jahren doppelt so stark wachsen.

Chinas Motor ist die junge Mittelschicht

Motor dieser Dynamik ist die chinesische Mittelschicht. Sie ist vornehmlich jung, ein Faktor, der eine echte wirtschaftliche Macht verkörpert. Ihre Verbrauchergewohnheiten und ihre Offenheit neuen Technologien gegenüber werden die Märkte der Zukunft gestalten.

Die Jugend prägt dort Trends, die im krassem Gegensatz zum Westen stehen, wo die im Durchschnitt ältere Bevölkerung zwar über mehr Einkommen und Vermögen verfügt, wo aber auch die Angst vor Big Data ein großes Thema ist. Jugendliche in Asien begrüßen hingegen eine Welt der Wahlmöglichkeiten mit Begeisterung und probiert gern Neues aus.

So fällt auf, dass in China in jeder Altersgruppe eine 100-prozentige Bereitschaft besteht, das autonome Fahren zu akzeptieren. In den USA liegt die Zustimmung bei den über 40-Jährigen nur zwischen 30 und 50 Prozent.

Online-Handel fördert Technikverbreitung

Die Technikverbreitung in China und vielen asiatischen Ländern ist überwältigend. Die Marktdurchdringung nimmt durch den Online-Handel explosionsartig zu, und auch hier ist das Altersprofil der Kunden auffällig. Der Eingriff in die Privatsphäre, die viele dieser Aktivitäten mit sich bringen, da massenweise Daten von den Regierungsstellen und Unternehmen gesammelt und verwendet werden, stößt kaum jemandem auf.

Welchen Schluss sollen nun Anleger aus diesen Informationen ziehen? Asiens Aktienmärkte schwanken im Vergleich zu den US-Märkten deutlich stärker. Aber egal, wie der Handelskonflikt ausgeht, asiatische Wertpapiere gehören in ein international aufgestelltes Depot. Rückschläge beim Handelsstreit sollten Kaufgelegenheiten darstellen, idealerweise über aktive Aktienfonds oder Indexinvestments.

Kolumne von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG, München