Märkte hoch nervös, Bauzinsen schwanken extrem
14.03.2023
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Bauzinsen erst auf-, dann abwärts
Bis zur zweiten Märzwoche sind Baufinanzierungen deutlich teurer geworden, der Darlehenszins stieg um zirka 0,4 Prozentpunkte innerhalb eines Monats. Grund war laut Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Kreditvermittlers Dr. Klein, eine Korrektur der Markterwartungen: „Die Investoren haben lange auf ein Abflauen der Inflation spekuliert, ihre Annahme aber revidiert. Sie stießen Anleihen ab, woraufhin die Kurse fielen und die Renditen stiegen – und in Folge auch die Zinsen für Baufinanzierungen“, so Neumann weiter.
Aktuell schürt der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank sowie die Schließung von zwei weiteren Kreditinstituten in den USA Angst vor einer Bankenkrise und sorgt für Turbulenzen an den Märkten: US-Banken-Aktien rutschen ab, mit fallenden Ölpreisen zeigen sich Auswirkungen auch an den Energiemärkten. Investoren flüchten sich in sicherere Alternativen und stocken ihre Anleihebestände wieder auf. Das verteuert die Anleihen und drückt die Renditen. „Die Märkte sind hoch nervös und die Baufinanzierungszinsen sind zuletzt wieder zurückgegangen“, so Michael Neumann. „Stabilisiert sich die aktuelle Situation, erwarte ich in den nächsten Tagen weitere Zinssenkungen der Banken, womit das zwischenzeitliche Plus der letzten Wochen bei den Baufinanzierungszinsen nahezu ausgeglichen werden dürfte.“
Den Bestzins für ein 10-jähriges Darlehen weist der Kreditvermittler Dr. Klein mit 3,69 % aus (Stand: 13.03.2023).
Notenbanken könnten auf Bankenpleiten reagieren
Ob und in welchem Ausmaß sich die Bankenpleite in den USA auf den europäischen Bankensektor sowie das globale Finanzsystem auswirkt, ist schwer einzuschätzen. Aber die Notenbänker sind alarmiert – derzeit wird sogar spekuliert, ob die US-amerikanische Fed ihre nächste Zinserhöhung aufgrund der Turbulenzen aussetzen wird. „Auch die EZB könnte in ihrer Sitzung am kommenden Donnerstag auf die Bankpleiten reagieren“, meint Michael Neumann. Möglich seien Überlegungen, das geplante Zinstempo zu drosseln oder einen vorsichtigeren Ausblick auf die Inflationsbekämpfung zu geben. „Aber auch wenn die EZB den Leitzins um die angekündigten 0,5 Prozentpunkte anhebt: Die Märkte sind extrem unruhig und ich rechne in den nächsten Wochen mit einer hohen Volatilität und deutlichen Ausschlägen bei den Baufinanzierungszinsen.“
Mittelfristig Zinsanstieg auf über 4 % möglich
Die EZB bewegt sich auf einem extrem schmalen Grat zwischen Marktberuhigung und Inflationsbekämpfung. Und die ist drängender denn je: Die Kerninflation ist zum dritten Mal in Folge gestiegen, auf aktuell 5,6 %. Diese Preissteigerung ist um Nahrungsmittel und Energie bereinigt und gilt als guter Indikator für die mittelfristige Entwicklung. Dennoch gehen laut Neumann die Märkte aktuell davon aus, dass die Inflation auf absehbare Zeit in Richtung 2-Prozent-Ziel absinken wird. Hiervon hänge die weitere Entwicklung der Bauzinsen ab: „Wenn das Inflationsziel – 2 % in 2025 – realistisch bleibt, werden wir bei den Baufinanzierungszinsen eine hohe Volatilität sehen, aber keine extremen und nachhaltigen Anstiege. Sprechen die Inflationsdaten in den nächsten Monaten dagegen, erwarte ich spürbare Zinsausschläge nach oben. Dann sind Zinssätze für 10-jährige Darlehen von deutlich über 4 % möglich“, so Neumann. (ml)