45 Milliarden Dollar Potenzial

17.10.2024

Karl im Brahm, CEO bei der deutschen Einheit von Objectway. Foto: © Objectway

Vermögensverwalter stehen vor der Herausforderung, mit den wachsenden Anforderungen ihrer Anleger Schritt zu halten. Die wohlhabende Mittelschicht, bekannt als Affluent-Segment, gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung und wird künftig voraussichtlich mehr als die Hälfte der Investoren ausmachen. Diese Gruppe fordert maßgeschneiderte Lösungen und sucht in ihrer Bank einen Partner, der sie aktiv beim Vermögensaufbau unterstützt. Karl im Brahm, CEO von Objectway für die DACH-Region, betont, dass Finanzinstitute weg von standardisierten Produkten hin zu personalisierten Leistungen gehen müssen, um Anleger kontinuierlich und proaktiv bei ihren individuellen Zielen zu begleiten. Auch die finanzielle Bildung, die Integration ergänzender Dienstleistungen und die Positionierung in Marktnischen werden zu wichtigen Differenzierungsmerkmalen und bestimmen, welche Bank die neue Anlegergeneration für sich gewinnt.

Die Demokratisierung des Wealth Managements gewinnt an Fahrt. Ein wesentlicher Treiber hierfür ist die fortschreitende Digitalisierung, die inzwischen auch bei den konservativen Traditionsbanken in Deutschland Einzug hält – bereits die Hälfte unter ihnen kooperiert bereits mit Fintechs, um den digitalen Wandel voranzutreiben. Parallel dazu verändert sich auch die Struktur der Anleger: Sie werden immer jünger und heterogener. Besonders das Affluent-Segment, also die wohlhabende Mittelschicht, rückt zunehmend in den Fokus der Vermögensverwalter und bietet ein enormes, bisher unerschlossenes Potenzial. Nach Ansicht von Marktanalysten wird dieses Segment künftig 60 Prozent der gesamten Einnahmen im Sektor ausmachen. Karl im Brahm, CEO für die DACH-Region von Objectway, einem führenden Anbieter von Vermögens-, Bank- und Asset-Management-Lösungen betont: „Wenn Finanzinstitute mit Neobanken mithalten und neue Kundengruppen für sich gewinnen wollen, muss ein Umdenken stattfinden: Banken müssen verstehen, dass sie für ihre Investoren nicht nur Dienstleister sind, sondern Partner, die sie bei der Verwirklichung ihrer Träume unterstützen.“ Um das nächste Level der Kundenbindung zu erreichen, müssen Privatbanken hierfür weg von einfachen Finanzprodukten hin zum

„Engagement Banking“. Das bedeutet, dass sie ihren Investoren personalisierte Lösungen anbieten müssen, die auf individuelle Ziele zugeschnitten sind. Digitale Tools sollten kontinuierliche Handlungsempfehlungen und Statusupdates bereitstellen, um Anleger aktiv in ihre Finanzplanung einzubeziehen und sie dabei zu unterstützen, ihre Lebensziele zu erreichen. Das langfristige finanzielle Wohlbefinden rückt stärker in den Fokus der Investoren. Besonders junge Anleger wollen hierfür von ihren Banken an die Hand genommen, finanziell ausgebildet und mit Anlagestrategien ausgestattet werden. „Das Level an persönlicher und proaktiver Kundenbindung wird entscheidend sein in dem Wettbewerb um die immer anspruchsvolleren Bankkunden“, weiß im Brahm.

Warum Banken die aufstrebende Mittelschicht brauchen

Bisher lag der Fokus im Wealth Management auf den Ultra-High Net Worth Individuals (UHNWIs) und High Net Worth Individuals (HNWIs), also auf wohlhabenden Personen mit Privatvermögen in Millionenhöhe. Doch in den letzten Jahren gewinnt das Mass-Affluent-Segment zunehmend an Bedeutung. Nach mehreren Analysen werden diese Anleger bis 2026 rund 45 Milliarden US-Dollar an neuen Erträgen generieren, was über die Hälfte des gesamten Wealth-Management-Marktes ausmachen wird. Trotz dieses Potenzials bedienen Vermögensverwalter derzeit nur zehn bis 15 Prozent dieses wachsenden Marktes. Anleger, die häufig jung und digital affin sind, erwarten ein müheloses und zugleich maßgeschneidertes Bankerlebnis. Neben den klassischen Vermögensverwaltungsfunktionen wünschen sie sich Unterstützung bei der Budgetierung, Ausgabenverfolgung, Zielsetzung und Vermögensplanung. „Nur Wealth Manager, die diese Anleger für sich gewinnen, werden in Zukunft im Wettbewerb führend sein. Dazu müssen sie jedoch zunächst die Bedeutung dieser Zielgruppe anerkennen und aktiv in ihre Kundenbindungsstrategien integrieren“, betont im Brahm.

Finanzbildung ist der neue Schlüssel zur langfristigen Kundenbindung

In der sich wandelnden Finanzlandschaft reicht es nicht mehr aus, dass Banken lediglich gute Finanzprodukte anbieten. Zwar bleibt die Grundlage der Vermögensberatung – Budgetverfolgung, Vermeidung von Kontoüberziehungen und das Erreichen von Sparzielen – wichtig, doch die Ansprüche gehen deutlich darüber hinaus. Anleger wünschen sich heute auch professionelles Schuldenmanagement und eine Verlinkung zu ergänzenden Dienstleistungen und alternativen Anlagen, wie beispielsweise Versicherungen, tokenisierten Vermögenswerten, Immobilien oder Kunst. Vor allem aber spielt die Finanzbildung eine immer größere Rolle. Besonders für das aufstrebende Segment der wohlhabenden Mittelschicht wird sie laut im Brahm zum entscheidenden Differenzierungsmerkmal werden. Die neue Generation sucht aktiv nach Aufklärung über Anlagestrategien und Vermögensaufbau. Sie betrachtet ihre Bank nicht nur als Verwahrer ihres Kapitals, sondern als aktiven Partner auf dem Weg zum Wohlstand. Investoren werden von ihrer Bank proaktive Beratung und maßgeschneiderte Bildungsangebote fordern. Diese sollten beispielsweise mittels interaktiven Tools zur Finanzplanung sowie regelmäßigen Updates zu Marktentwicklungen und Anlagemöglichkeiten vermittelt werden. „Durch die Integration von Finanzbildung in ihr Kerngeschäft können Banken nicht nur das Vertrauen ihrer Kunden stärken, sondern auch deren sogenannte finanzielle Gesundheit fördern. Ein Win-win-Szenario, das die Kundenbindung nachhaltig verbessert und das Image der Bank als verantwortungsvoller Partner festigt“, schlussfolgert Karl im Brahm.

Wie Banken ihre Marktposition und ihre Kundenleistungen personalisieren und vermarkten müssen

Im Private Wealth Management gewinnen personalisierte Leistungen zunehmend an Bedeutung. Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, diese Personalisierung auf allen Ebenen der Bank zu implementieren. Mit der wachsenden Vielfalt der Anlegergruppen werden auch deren Bedürfnisse immer differenzierter. „Führende Banken werden darauf reagieren, indem sie spezialisierte Bereiche einführen: von der Cashflow-Analyse für Kleinunternehmen über die Verwaltung von

Studentenschulden bis hin zu familienorientierten Angeboten wie Teenager-Banking“, prognostiziert Karl im Brahm. Entscheidend ist, dass Finanzinstitute ihr Wertversprechen individuell auf jeden Anleger zuschneiden, diesen kontinuierlich daran erinnern und das Leistungsangebot fortlaufend weiterentwickeln. Gleichzeitig liegt eine bedeutende strategische Chance für Vermögensverwalter darin, eine Marktnische zu besetzen und sich gezielt als führender Anbieter für ein bestimmtes Marktsegment zu positionieren. Durch eine konsistente Kommunikation ihrer spezifischen Leistungen können Banken Kunden langfristig binden. Der Experte fasst zusammen: „Das Zeitalter der Einheitslösungen für alle Kunden ist vorbei – der Erfolg liegt in der individualisierten Ansprache und Betreuung jedes einzelnen Anlegers.“ (fw)