Börsencrash in China würde Weltwirtschaft bedrohen

03.08.2015

Susanne Woda

Der jüngste Einbruch an der Shanghai Stock Exchange ist in den Anlegerfokus gerückt. Es geht um die Folgen für die Wirtschaftsentwicklung, denn ein Börsencrash hätte fatale Auswirkungen auf den chinesischen Binnenkonsum und damit auf die Weltwirtschaft.

Rund 3,5 Billionen US-Dollar wurden mit dem Kurssturz im Juli verbrannt – das Dreifache der gesamten Marktkapitalisierung im DAX, doch nun sieht es so aus, als wäre die Talfahrt noch nicht zu Ende.

Nur durch die Eingriffe der Regierung konnte der Rutsch an der Börse in Shanghai im Juli gestoppt werden. Auch wenn der 30-prozentige Kurseinbruch gemessen an den Gewinnen der Vormonate verkraftbar scheint - die Börse hatte zuvor auf Jahressicht um über 240 % zugelegt - auf den fahrenden Zug der Börsenrallye sind viele Chinesen erst in den letzten Monaten aufgesprungen. Klassisch für Blasenkonstellationen wird dadurch beim Platzen mehr Kapital vernichtet, als zuvor durch die Kursanstiege geschaffen wurde.

Seit Beginn des Jahres wurden in China über 22 Millionen Depots eröffnet – viermal so viel, wie im vergangenen Jahr. Das private Vermögen der Bürger dürfte laut der Credit Suisse um 20 Billionen Euro gestiegen sein, im Jahr 2012 lag es noch bei 12 Billionen. Ein Rekordwert, der auch auf die Aktienrallye zurückzuführen ist. Zudem liegt auch die private Sparquote im Reich der Mitte lag mit über 40 % außergewöhnlich hoch. Doch statt mit der lockeren Geldpolitik die Investitionen in die Realwirtschaft zu lenken, lockte sie die Investoren an die Börse. Einen Eindruck viel davon in den letzten Monaten in Aktien geflossen ist, vermitteln auch die folgenden Daten (jeweils zum 30.06. des Jahres):

Anzahl Börsengänge 2014:     103
Anzahl Börsengänge 2015:239
Emissionsvolumen 2014:17 Mrd. USD
Emissionsvolumen 2015:40 Mrd. USD

Auch Anleger. die nicht direkt in der Region investiert haben, sollten die Börsenentwicklung beobachten. Denn nach einem Börsencrash säße das Geld nicht mehr so locker und ein Konsumeinbruch in China hätte Folgen für das globale Wachstum und insbesondere für die deutsche Exportwirtschaft.

Der Anteil des weltweit bevölkerungsstärkten Landes an der globalen Wirtschaft lag im Jahr 2014 bereits bei 16 %. Das Land könnte den Amerikanern bald den Rang ablaufen, die mit 19 % derzeit noch die Nase vorn haben. Im Transformationsprozess des chinesischen Wachstumsmodells spielt der Konsum eine immer bedeutendere Rolle. Gerade Deutschland konnte von diesem Wandel profitieren, die Umsatzanteile der DAX-Konzerne in China reichen bis zu 37 %. Besonders hoch ist die Abhängigkeit deutscher Autobauer, deren Wachstum in hohem Maße auf die steigende Kaufkraft im Reich der Mitte und dortige Affinität zu deutscher Qualitätsarbeit zurückzuführen ist. Dass diese Abhängigkeit auch umgekehrt wirken kann, musste als erstes kürzlich VW erfahren, die Autoverkäufe des Konzerns in China waren im Juni 2015 um 22 % eingebrochen.

Die gute Nachricht ist: Die Gefahr hat auch die chinesische Regierung erkannt. Um den Ausverkauf an den Börsen zu stoppen und das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen, wurden zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, darunter Finanzspritzen am Devisenmarkt und Verkaufsbeschränkungen für Großinvestoren. Vorerst ist der Plan aufgegangen, doch ob die Maßnahmen dauerhaft die gewünschte Wirkung haben, wird sich in den nächsten Wochen erst zeigen müssen.

Autorin: Susanne Woda, Portfoliomanagerin der GVS Financial Solutions GmbH