Asien- Quo Vadis?

05.06.2014

Alexander Heidenfelder

Trotz der zyklischen Abschwächung ist Asien noch in recht guter Verfassung. Zwar dürfte das Gewinnwachstum der Unternehmen im hohen einstelligen Bereich modester ausfallen als in den vergangenen Jahren, dennoch sind die Unternehmensbilanzen robust. Die beste Verteidigung gegen Marktunsicherheiten besteht in der Fokussierung auf Unternehmen mit hoher Qualität und Wertigkeit.

Welche Entwicklung haben die asiatischen Aktienmärkte bisher in 2014 erlebt?

Eine sehr positive. Blieb der asiatische Aktienmarkt (MSCI Asia ex Japan ) in 2013 mit einer eher Seitwärtsbewegung noch deutlich hinter dem MSCI World oder etablierten Märkten wie etwa dem S&P 500 zurück, so liegt der asiatische Markt per Ende Mai sogar wieder leicht vor den etablierten Märkten.

Zum Jahresanfang plagten die regionalen Börsen anhaltende Sorgen im Zusammenhang mit der Verlangsamung der chinesischen Konjunktur sowie Bedenken über das Tapering. Dennoch konnten sie die Verluste reduzieren und sogar bescheidene Gewinne im ersten Quartal generieren. Indonesien und Indien, die im Jahre 2013 hinterherhinkten, haben sich, getrieben vom Optimismus vor den Wahlen, erholt. Allerdings sind die Erwartungen der Anleger inzwischen gut eingepreist; es gibt wenig Spielraum für Enttäuschungen. Andernorts fielen die Kurse, so in Hongkong analog ihren chinesischen Pendants. Die Anlegerstimmung litt unter den schwächelnden Konjunkturdaten vom Festland sowie unter Sorgen über Vertrauensverluste unter Investoren und mögliche Anleihen-Ausfälle. Historisch gesehen erscheinen regionale Aktien jedoch attraktiv und werden mit einem geschätzten 12,3-fachen KGV für 2014 gehandelt. Zwar wird das Ertragswachstum der Unternehmen voraussichtlich bescheiden, im hohen einstelligen Bereich, sein, aber die Unternehmensbilanzen sind robust.

Welche Argumente sprechen weiter für ein Engagement in Asien?

Trotz der zyklischen Abschwächung scheint Asien noch in recht guter Verfassung zu sein. Die Staatshaushalte sind solide finanziert, die Konsumenten sind nach westlichen Standards nicht überschuldet, und – noch wichtiger – die Unternehmensbilanzen sind nach wie vor gesund, mit vertretbaren Schuldenniveaus. Es gibt aber Ausnahmen. In Thailand, Indien und Indonesien hat das politische Risiko merklich zugenommen, was diese Wirtschaften potenziell vom Kurs abbringen könnte.

Ist Indien reif für den politischen Wandel?

Wir denken ja und selbstverständlich hoffen wir, dass die nun gewählte neue Regierung um Narendra Modi den Willen zeigt, die Reformen und die ins Stocken geratenen Infrastrukturvorhaben wieder anzukurbeln, um der Konjunktur neuen Schwung zu geben.

Davon dürften auch einige Wirtschaftsbereiche und gut aufgestellte Unternehmen profitieren. Im Vorfeld der Wahlen in Indien hat die verbesserte Anlegerstimmung die Aktienkurse zum Beispiel Zementfirmen nach oben getrieben. Man hofft auf eine Wiederaufnahme der Ausgaben für Arbeiten der öffentlichen Hand nach den Wahlen.

Was mag Aberdeen an indischen Unternehmen?

Das unternehmerische Indien begeistert uns schon seit langem. Die Unternehmen, in die wir investieren, werden gut geführt und weisen eine gute Aktionärskultur auf.

Aberdeen ist ja ein fundamentaler Stock – Picker, d.h. wir investieren nicht in Märkte oder Volkswirtschaften, sondern gezielt in qualitativ hochwertige Unternehmen mit wettbewerbsfähigem Geschäftsmodell, erfahrenem Management und soliden Bilanzen, die attraktiv bewertet sind. Hier bieten sich in Indien aus unserer Sicht gute Chancen.

Die Präsidentschaftswahlen in Indonesien

Angesichts schwächelnden Wachstums und politischer Inaktivität lässt die Unterstützung für die scheidende Regierung nach. Obgleich Präsidentschaftsfavorit Joko Widodo von der Democratic Party Struggle (PDI-P) nach wie vor vorne liegt, verfehlte seine Partei die entscheidende Mehrheit in den letzten Parlamentswahlen. Im Vorfeld der Wahlen im Juli werden demnach entsprechende politische Allianzen gebildet werden müssen; dies erschwert die Bemühungen um eine effektive Führung des Landes. Wir hoffen auf eine stabile Koalitionsregierung, welche die dringend benötigten aber politisch schwer durchsetzbaren Reformen umsetzen kann.

Warum Aberdeen die ASEAN-Länder in den Portfolios stärker gewichtet

Wir halten sehr viel vom Thema asiatischer Konsum und mögen das freundliche Konsumklima, das gestützt wird durch die niedrige Verschuldung der privaten Haushalte und steigenden Einkommen. Viele lokale Firmen profitieren von hausgemachten Vorteilen, wie Vertriebs- und Liefernetzwerken. Daneben bestehen gesetzliche Hürden, welche die Konkurrenz von außen einschränken. Zudem sind sie vielfach im Familienbesitz, gehen konservativ vor, und haben wenige Schulden. Dies alles ergibt häufig eine positive Liquidität und solide Renditen auf das Eigenkapital bzw. Vermögen.

Klare Investmentstrategie: Fundamentale Einzeltitelauswahl

Vor jedem Investment analysieren wir konsequent alle Unternehmen selbst, um sicherzugehen, dass sie unseren Qualitätsansprüchen genügen. Unsere Checkliste umfasst neben einer guten Finanzlage, die Berücksichtigung von Minderheitsaktionären, eine qualifizierten Unternehmensführung, nachhaltige Geschäftsmodelle und solide langfristige Aussichten. Darüber hinaus achten wir noch darauf, dass die Kurse angemessen sind. Diesen Prozess führen wir auch nach einem Investment fort. Wir glauben, dass wir mit diesem Ansatz bei der Titelauswahl gut gegen die Unsicherheiten der Märkte gewappnet sind.

Beeinflusst das Länder- oder Branchenpotenzial unsere Investmententscheidungen?

Unsere Länder- und Branchengewichtungen ergeben sich aus unserem Stock Picking-Ansatz und sind nicht vorbestimmt. Zum Beispiel sind wir in Hongkong und Singapur übergewichtet, da wir in diesen Märkten mehr attraktive Unternehmen finden als beispielsweise in China. Aus dem gleichen Grunde sind wir auch in Indien übergewichtet. Auf Branchenebene favorisieren wir Konsum- und Finanzunternehmen, die in der Lage sind, von der wachsenden Nachfrage in Asien zu profitieren.

(Autor: Alexander Heidenfelder, Aberdeen Asset Management Deutschland AG)