US-Aktien: „Stabile Verhältnisse für Investoren"

12.10.2015

„Unternehmen könnten in aktueller Berichtssaison positiv überraschen" Anleger sollten sich keine allzu großen Sorgen um die mittelfristige Börsenentwicklung in den USA machen, so Till Christian Budelmann.

Der Manager des amerikanischen Aktienfonds Berenberg Systematic Approach – US STOCKPICKER Fund ist zuversichtlich, dass US-Unternehmen in der gerade angelaufenen Berichtssaison für das dritte Quartal 2015 bessere Gewinne ausweisen als erwartet. Dass die US-Notenbank (Fed) ihre Leitzinsen erst später anheben wird und dabei sehr vorsichtig agieren dürfte, beurteilt der Portfoliomanager ebenfalls positiv.

„Ich gehe davon aus, dass die Fed entweder im Dezember oder Anfang des kommenden Jahres eine kleine Zinserhöhung von 0,25 Prozent beschließen wird“, so Budelmann. Gleichzeitig sollte die Notenbank ankündigen, weitere Zinsanhebungen zeitlich gestreckt und nur in Trippelschritten vorzunehmen. Das wären dann die ersten Maßnahmen in Richtung einer Normalisierung des Zinsgefüges. „Allerdings würde sich dieser Anpassungsprozess vermutlich über mehrere Jahre hinziehen und wäre von der Wirtschaft zu verkraften“, ergänzt der Kapitalmarktexperte.

Fed-Entscheidung sorgte für Verwirrung

Auf ihrer Sitzung im September 2015 sahen die US-Notenbanker davon ab, die bereits seit längerer Zeit angekündigte Zinswende einzuleiten. Fed-Chefin Janet Yellen verwies zur Begründung direkt oder indirekt auf Schwächetendenzen der Weltwirtschaft und die Unruhe an den Finanzmärkten. Die Argumentation der Geldpolitiker versetzte Investoren in Aufruhr. Die Aktienindizes setzten währenddessen ihre jüngste Talfahrt nach der Fed-Entscheidung fort.

Budelmann kann diese Marktreaktion nur schwer nachvollziehen. „Befürchtungen, die Konjunktur werde einbrechen, halten wir für übertrieben. Dies gilt gerade für die USA“, betont der Fondsmanager. Gemäß der aktuellen Prognosen der Hamburger Privatbank dürfte das Bruttoinlandsprodukt in den Vereinigten Staaten 2015 um solide 2,5 Prozent anziehen. Für das kommende Jahr wird ein Zuwachs von 2,7 Prozent erwartet. Berenberg baut seine Präsenz in den USA derzeit aus. So konnte der renommierte Ökonom Dr. Mickey Levy, früherer Chefvolkswirt der Bank of America, als Chefvolkswirt für die Regionen USA, Lateinamerika und Asien gewonnen werden.

US-Börsen von einem Bärenmarkt weit entfernt

Nach den Worten Budelmanns können Investoren davon ausgehen, dass der langfristige Aufwärtstrend an den Aktienmärkten in Nordamerika weiterhin intakt ist: „Von einem sogenannten Bärenmarkt kann nach gängiger US-Definition erst gesprochen werden, wenn sich die Indizes auf Schlusskursbasis um mindestens 20 Prozent von ihren Top-Ständen entfernt haben.“ Ein solches Niveau liege jedoch in weiter Ferne. „Der S&P 500-Index müsste auf rund 1.700 Punkte fallen, um das Kriterium eines Bärenmarktes zu erfüllen“, erläutert der Experte.

Der Portfoliomanager geht nicht davon aus, dass der Markt einen potentiellen Test dieser Marke nicht bestehen könnte. „Wir halten es für weitaus wahrscheinlicher, dass der US-Leitindex mittelfristig neue Höchststände erreicht und damit das bullische Szenario bestätigt.“ Seine Begründung für diese Einschätzung: „Bärenmärkte gingen in der Vergangenheit beinahe ausschließlich mit Rezessionen einher.“ Von einem Abschwung sei in den USA aber nichts zu spüren. Die Wirtschaft befinde sich vielmehr im Aufwärtstrend. Außerdem seien die börsennotierten US-Unternehmen keineswegs überteuert.

Für die spätsommerlichen Turbulenzen der vergangenen Monate an der Wall Street kann Budelmann keine markanten fundamentalen Gründe ausmachen. „Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Chinas waren ebenso bekannt wie die bevorstehende Zinswende in den USA“. Vielmehr hätten technische Faktoren die Korrektur ausgelöst. Berenberg-Recherchen ergaben, dass die Kurse 2015 bis Anfang August in einer so engen Bandbreite wie noch nie in der Geschichte der US-Börsen schwankten. „Eine kleine Abwärtsbewegung reichte schließlich aus, um unzählige Absicherungsgeschäfte auszulösen, was den Markt nach unten zog“, erläutert der Portfoliomanager.

Übervorsichtige Prognosen

Dass diese Bewegung in den kommenden Wochen auslaufen könnte, begründet Budelmann mit den möglicherweise zu pessimistischen Gewinnschätzungen der US-Analysten. Der Portfoliomanager erkennt folgendes Muster: „Vor Beginn der Quartalsberichterstattung werden die Ertragserwartungen reduziert. Tatsächlich kommt es dann aber nur halb so schlimm. Anschließend schreibt man die übervorsichtigen Prognosen auf das nächste Quartal fort.“

Spätestens zu Beginn des Jahres 2016 sollte dieses übervorsichtige Vorgehen jedoch nicht mehr zu halten sein. Erfreulichere Prognosen würden die Märkte sodann stützen, so Budelmann. „Voraussetzung ist allerdings, dass die US-Notenbank die wirtschaftliche Erholung tatsächlich mit dem von uns erwarteten moderaten Kurs begleitet und die Konjunktur nicht durch eine übereilte starke Geldverknappung ausbremst.“ Der US-Experte geht allerdings nicht davon aus, dass dieses Negativszenario eintritt.

Value-Aktien womöglich vor Aufholjagd

Im Fonds hatte Budelmann zuletzt Gesundheitsaktien hoch gewichtet. Das Portfolio profitierte entsprechend vom Aufschwung der Healthcare-Unternehmen. Aktuell schaut der Manager auch wieder etwas stärker auf Gesellschaften aus dem Energiesektor. Diese sind derzeit dem Value-Segment zuzuordnen, das zuletzt den Growth-Titeln hinterherhinkte. „Die Diskrepanz zwischen Value- und Growth-Titeln verlangt förmlich nach einer Gegenbewegung“, erläutert der Manager. Sein Fonds verfolgt einen Blend-Ansatz, bei dem sowohl Wachstums- als auch Substanztitel erworben werden. Welche Sektoren über- bzw. untergewichtet werden, wird anhand des systematischen Selektionsmodells des Fonds flexibel gehandhabt.

Ganz allgemein sollten renditeorientierte Anleger den US-Markt keinesfalls vernachlässigen. Aktien aus Nordamerika schwankten in diesem Sommer abermals deutlich weniger als ihre Pendants in Europa oder Asien. Budelmanns Schlussfolgerung: „Wer in Aktien investiert, findet in den USA die stabilsten Verhältnisse vor – gestern, morgen und auch übermorgen.“

Till Budelmann, Berenberg