„Zurückhaltung bleibt die oberste Devise im laufenden Bullenmarkt“
26.02.2020
Torsten Reidel, Geschäftsführer Grüner Fisher Investments / Foto: © Grüner Fisher Investments
finanzwelt: Wie schaut es mit der Bewertung der US-Aktien aus?
Reidel: Wie üblich gaben zum Jahreswechsel zahlreiche Experten ihre Prognosen für diverse Aktienindizes ab – der Marktkonsens liegt dabei mit Regelmäßigkeit daneben. Es ist vor allem zu beobachten, dass das hervorragende Aktienjahr 2019 keine großen Begehrlichkeiten für 2020 geweckt hat. Für den marktbreiten US-Index S&P 500 liegt die durchschnittliche Prognose für 2020 nur bei einem Zuwachs von 2,1 %. Zurückhaltung ist und bleibt die oberste Devise im laufenden Bullenmarkt. Bei genauerer Betrachtung war selbst für das abgelaufene Jahr 2019 keine hohe Erwartungshaltung zu entdecken. Der relativ hohe Durchschnittswert von 15,8 % ist der Tatsache zuzuschreiben, dass einige Punktprognosen bereits vor dem heftigen Einbruch im Dezember getroffen wurden – zum Zeitpunkt eines deutlich höheren Indexstands. Im reifen Bullenmarkt 2020 sehen wir eine typische KGV-Expansion, die absolut im Rahmen verläuft. Es sind keine irrationalen und schnellen KGV-Anstiege zu beobachten, die nahelegen würden, dass sich die Erwartungshaltung der Anleger deutlich von der Realität entfernt. Auch ist die relative Attraktivität der Aktienmärkte immer noch hervorragend - wenn man sich das Bewertungsniveau im festverzinslichen Bereich anschaut.
finanzwelt: Wachstumswerte/Technologietitel sind in der Vergangenheit gut gelaufen. Welche Sektoren werden 2020 Ihrer Meinung nach vorne liegen?
Reidel: Auch im späten Bullenmarkt sehen wir bei Technologie- und Tech-ähnlichen Aktien weiterhin Potenzial. Diese Titel vereinen vorteilhafte Eigenschaften wie Größe, Stabilität, globale Präsenz, vielfältige Einkommensströme, starke Bilanzen und Markennamen. Stärken, die auch im bisherigen Bullenmarkt überzeugten und in weiten Teilen auch die aktuelle Outperformance der US-Märkte verantwortet. Dasselbe gilt auch für Pharma-Titel. Global aufgestellte Konzerne verfügen über eine breite Produkt-Pipeline und profitieren von einer gesteigerten Nachfrage, vor allem aus den Schwellenländern. (ah)