Zerbricht der Euro am Italien-Referendum?
02.12.2016
Carsten Mumm / Foto: © Donner & Reuschel
Welche Rolle spielt das Bankensystem in Italien?
Ein direkter Zusammenhang zum anstehenden Referendum besteht nicht. Klar ist jedoch, dass derzeit alle europäischen Banken vor großen Herausforderungen stehen, die unter anderem aus fehlenden Ertragsperspektiven aufgrund der Niedrigzinsphase und gleichzeitig steigenden Kosten wegen anstehender Investitionen für Digitalisierung und Regulierung entstehen. Bei einigen italienischen Großbanken kommt ein relativ großer Anteil fauler Kredite hinzu, weswegen teilweise dringende Kapitalerhöhungen vorgenommen werden müssen. Dafür ist ein entspanntes Kapitalmarktumfeld die bessere Grundlage. Sollten den Banken die Kapitalerhöhungen aus eigener Kraft nicht gelingen, käme erneut die Frage nach einer staatlichen Rettung auf die Agenda, die aufgrund der bestehenden europäischen Regularien jedoch nahezu ausgeschlossen ist. Noch ein Grund mehr, dass die EZB-Offiziellen im Zweifel schnell zur Seite springen dürften.
Was bedeutet die Situation für Anleger?
Grundsätzlich ist das italienische Referendum kein Grund eine unter langfristigen strategischen Gesichtspunkten festgelegte Anlagestrategie umzuwerfen. Letztlich handelt es sich „nur“ um eine von vielen Zuspitzungen der politischen Lage in Euroland in den vergangenen Jahren. Zweifellos könnte sich daraus allerdings eine negative Kettenreaktion entwickeln, die die Ausmaße der Griechenlandkrise noch übersteigen könnte. Sicher ist dies jedoch keineswegs. Schon die Marktreaktionen nach dem Brexit und nach der US-Wahl haben positive Überraschungen gezeigt. Es wird also auch in den kommenden Wochen darauf ankommen, die taktische Positionierung der Kapitalanlage dynamisch auf sich ändernde Marktvoraussetzungen anzupassen. Dem Risikomanagement kommt dabei eine essentielle Rolle zu.
Marktkommentar von Carsten Mumm, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Privatbank Donner & Reuschel