Wirkungsvoll anlegen
15.08.2023
Frank Huttel, Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, FiNet Asset Management AG
Beratung ohne den Faktor Mensch ist zumindest hierzulande nicht denkbar. Gleichwohl haben sich einige Player am Markt für Robo-Advice etabliert. vividam hingegen sieht sich nicht als klassischer Robo. Mit Frank Huttel, Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, FiNet Asset Management AG, sprachen wir in Marburg über die hauseigenen Strategien, die allgemeine Lage und eingehend über sein Steckenpferd Impact Investing.
finanzwelt: Verrückte Zeiten. Krieg, Tumulte überall und die Wirtschaft taumelt, befindet sich in einer Rezession. Ungeachtet dessen feiern wir Höchststände an den Börsen.
Frank Huttel» Tatsächlich verrückte und auch herausfordernde Zeiten. Mit Blick auf die Kapitalmärkte bleiben die Faktoren Inflation, Geldpolitik, Konjunktur und nicht zu vergessen die geopolitische Lage determinierend. Insofern herrscht Unsicherheit nach wie vor. Das betrifft Berater als auch Anleger gleichermaßen. Die Bäume wachsen sodann nicht in den Himmel – etwas Bescheidenheit und Demut bei den Renditeerwartungen sind angebracht und das alles bei einem individuell tragbaren Risiko.
finanzwelt: Sie schreiben das Thema Nachhaltigkeit groß. Greenwashing, Downgrading von Fonds: Viel Wirbel um sinnvolles, nachhaltiges Investieren, oder?Huttel» Nun, der Druck zu einem Mehr an Nachhaltigkeit trifft jedes Unternehmen, und er kommt aus mehreren Richtungen. So verändert sich die Umwelt rasant und die Märkte reagieren darauf. Und schließlich ertönt auch aus der Gesellschaft immer lauter der Ruf nach nachhaltigem Handeln. In der Summe sind Nachhaltigkeitsrisiken keine Randaspekte, die Unternehmen en passant abhandeln können, sondern zentrale Risiken. So müssen wir diese in den Blick nehmen und entsprechend handeln. ESG ist folglich Teil des Risikomanagements. Doch die Diskussion greift etwas zu kurz.
finanzwelt: Inwiefern zu kurz? Erläutern Sie das bitte.
Huttel» Ich bin ein klarer Verfechter der 17 UN SDGs (Sustainable Development Goals). Diese definierten Ziele setzen einheitliche Maßstäbe für Prioritäten und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Es gilt, hier messbare und investierbare Goals im Nachhaltigkeitsumfeld zu haben, die letztlich echten ‚Impact‘ generieren und tatsächliche Verbesserungen bewirken können. Die Wirkung in der realen Welt nachzuweisen, mag auf den ersten Blick komplex erscheinen – doch darauf kommt es letztlich an. Wirkungsvoll anlegen ist das Schlagwort. Impact ist nach unserer Meinung eher im Bereich Small- und Mid-Caps verortet. Wir investieren folglich in jene Fonds, die die SDGs adressieren und aktiv in Lösungsansätze wie beispielsweise Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser etc. anlegen.
finanzwelt: Kurz zu ihrer Produktpalette. Der nachhaltige „Anti“- Robo-Advisor vividam ist bereits seit mehreren Jahren am Markt und das mit unterschiedlichen Strategien.
Huttel» Grundsätzlich verfolgt vividam einen aktiven Anlagestil und setzt daher keine passiven Anlageformen wie ETFs ein. Die Aktienfondsquote beträgt mindestens 30 (vividam 30) und komplette 100 % (vividam 100). Alle Strategien eint, dass sie breit diversifiziert investieren, folglich keine Klumpenrisiken haben und ihre Impact-Wirkung ausweisen. Die meisten Kundengelder befinden sich in der Strategie vividam 50, die meisten Kunden jedoch in vividam 70. Und wir haben eine Frauenquote jenseits der 50 %.
finanzwelt: Mit Blick nach vorne – ist eine Beratung ohne den Faktor Mensch denkbar?Huttel» Die Beratung wird digitaler, kann aber den Menschen nicht vollends ersetzen. Die Vorbehalte bzw. das Misstrauen hierzulande gegenüber rein digitaler Beratung bleiben; es ist auch ein kulturelles Phänomen. (ah)