Wir müssen über die Energiewende sprechen
14.02.2025
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Stephanie Kelly. Foto: @ Greenwheel
Die letzten Jahre waren für Investoren in Sachen Klima ziemlich anstrengend. Große Zusagen wurden schnell und umfassend gemacht: Netto-Null-Verpflichtungen, Verpflichtungen zum Desinvestment, Zusagen für umweltfreundliche Lösungen. Aber in der realen Welt scheinen diese Veränderungen nicht die erhofften Effekte zu bringen. Wenn es um das Klima geht, ist der Weg zur Hölle womöglich mit guten Vorsätzen gepflastert.
Hier sind drei Punkte, die wir meiner Meinung nach brauchen, wenn wir die Energiewende wirklich vorantreiben und zugleich die damit verbundenen Investitionschancen nutzen wollen:
1. Weniger Vogelscheuchen, mehr Analysten
Nachhaltiges Investieren leidet oft an dem, was ich als Vogelscheuchen-Syndrom bezeichne: viel Herz, nicht genug Gehirnleistung. Der Klimawandel ist eine der komplexesten intellektuellen Herausforderungen, die wir uns vorstellen können: Eine Weltwirtschaft, die von fossilen Brennstoffen angetrieben wird, steht vor der Zerstörung durch genau das, worauf sie aufgebaut ist.
Wissenschaftler und Ökonomen, die ihr Leben lang an der Erforschung des Klimawandels arbeiten, sind sich nicht einig darüber, wie schnell oder langsam diese Zerstörung vor sich geht. Denn es bestehen große Unsicherheiten – in Bezug auf Kipp-Punkte, auf die Verlässlichkeit unvollkommener Modelle ohne Alternativen, auf ein sich wandelndes politisches Umfeld – die Liste ist endlos.
Die Investoren sollten sich angesichts dessen in Zurückhaltung üben. Kühl kalkulierende Anleger, die glauben, das Klima sei ein rührseliges Hippie-Zeug, besonders. Ich wünschte, dem wäre so! Wenn überhaupt, dann glaube ich, dass wir viel mehr traditionelle Finanzanalysten und Investoren brauchen, die dieses Wissen nehmen und anwenden, weil wir vielleicht endlich das Ausmaß der Klimarisiken in den heutigen Portfolios verstehen und Wege finden, sie anzugehen.
Mehr noch: Die Investoren, denen der Klimawandel am Herzen liegt, die sich aber nicht die Zeit nehmen, die Komplexität des Themas zu verstehen und die Tragweite ihrer Entscheidungen zu prüfen, müssen zurückhaltender sein. Nur weil sich etwas gut anfühlt, ist es nicht immer eine gute Investitionsentscheidung für ihren Kunden – oder für die Welt.
2. Investitionen in die Energiewende nicht mit Ethik-Investments gleichsetzen
Bei Klimainvestitionen gehen Anleger zum Teil davon aus, dass diese so aussehen und sich so anfühlen müssen wie gute, altmodische Ethik-Investments, nur weil es ihnen so richtig erscheint.
Klimainvestitionen können und sollten jedoch nicht die Praktiken des ethischen Investierens imitieren. Bei Ethik-Investments geht es um die individuelle Entscheidung, ein Geschäft wie etwa den Handel mit Tabak oder Alkohol zu unterstützen oder nicht zu unterstützen. Alle Anleger haben dieses Recht.
Investitionen in die Energiewende sind jedoch von Natur aus etwas anderes. GreenwheelUntersuchungen zu Desinvestitionen haben gezeigt, dass sich trotz enormer Summen, die von großen Vermögenseigentümern und -verwaltern abgezogen wurden, bei börsennotierten Unternehmen kaum etwas bewegt hat. Ich glaube eher, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die verbleibenden Aktionäre, denen die Energiewende egal ist, mehr Einfluss auf die Unternehmensstrategie haben, wenn klimabewusste Investoren verkaufen.
Insofern müssen wir als Anlegergemeinschaft Wege finden, wie wir die Unternehmen mit hohen Emissionen zu einem effektiven Kurswechsel bewegen können. Ein strukturiertes Engagement und eine verantwortungsvolle Aktionärskoordination sind der erste Schritt. Dieser Weg ist schwieriger, er wird wahrscheinlich steinig sein und wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob er funktioniert. Aber wir wissen, dass Desinvestitionen bisher nicht funktioniert haben, und mitten in der Klimakrise haben wir keine Zeit für nutzlose Maßnahmen zu verlieren.
Wir müssen auch aufhören, über Klimainvestitionen so zu sprechen, als ob es sich nur um Nischeninvestments handelt, die sich auf Technologie konzentrieren. Das A und O bei Investitionen in die Energiewende liegt in der Regel in den weniger auffälligen Dingen: dem Ausbau der Stromkapazität und -verteilung, um einen massiven Anstieg der Energienachfrage aus Rechenzentren zu decken; der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energien und den benötigten Ausgangsstoffen; und in Effizienzsteigerungen in der gesamten Wirtschaft, die es uns ermöglichen, mehr aus dem zu machen, was wir haben. Durch die Öffnung der Definition von Klimainvestitionen wird diese sowohl den Realitäten des Klimawandels gerechter als auch dem Spektrum der Anlagestile und -ansätze, mit denen in den Übergang investiert werden kann.
3. Anpassen oder kläglich scheitern
Wenn es etwas gibt, das uns das Jahr 2024 gelehrt haben sollte, dann dass der Klimawandel da ist und seine Auswirkungen tödlich sind. 2024 war wahrscheinlich das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Das ganze Jahr über wurde in den Nachrichten über erschütternde klimabedingte Katastrophen auf der ganzen Welt berichtet, wobei kein Kontinent verschont blieb. Die 10 kostspieligsten dieser Katastrophen verursachten Schäden in Höhe von 229 Milliarden US-Dollar und forderten 2.000 Menschenleben.
Wenn wir über Investitionen zur Anpassung an diese wärmere Welt sprechen, bedeutet das nicht, dass wir den Wandel aufgeben. Es bedeutet, dass wir anerkennen, wo wir bereits stehen und dass wir uns zwangsläufig anpassen müssen. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für unsere Kunden und für unsere Gesellschaft.
Auch wenn dies nicht auf alle Anpassungsinvestitionen zutrifft, ergab eine Greenwheel-Studie aus dem vergangenen Jahr, dass viele Anpassungslösungen positive Nebeneffekte für die Eindämmung des Klimawandels haben können.
Marktkommentar von Stephanie Kelly, Leiterin von Redwheels SustainabilityInsights-Partner Greenwheel.
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