Wieder auf Kurs
03.03.2022
Foto: © aerial-drone - stock.adobe.com
Schiffsinvestment lohnen sich gerade sehr, aber es mangelt an Angeboten für Privatanleger. Der Zweitmarkt profitiert davon.
Ein quer gestelltes Schiff im Suezkanal hat im vergangenen Jahr wochenlang für Schlagzeilen gesorgt. Die auf Grund gelaufene „Ever Given“ blockierte eine der verkehrsreichsten Schifffahrtsstraßen des Globus und bescherte der halben Welt Verzögerungen im internationalen Handel. Schiffseigner waren über die Havarie gar nicht so unglücklich, denn die Staus auf beiden Seiten des Kanals verknappten die Tonnage und bescherten ihnen steigende Charterraten und somit Einnahmen. Seitdem sind die Verdienstmöglichkeiten der Schiffsinvestoren sogar weiter gestiegen. „Teilweise werden Rekordabschlüsse getätigt, die vor wenigen Monaten noch undenkbar gewesen wären. Dabei haben wir im August 2021 schon von goldenen Zeiten in der Schifffahrt gesprochen“, sagt Hendrik Jordan, Geschäftsführer der Oltmann Gruppe. Das Emissionshaus für Schiffsbeteiligungen hat derzeit 63 Fonds in der Verwaltung, und die meisten haben sich seit der Schifffahrtskrise außerordentlich gut entwickelt. „Wer noch dabei ist, hat großes Glück gehabt“, meint Jordan. Allerdings laufen aufgrund der langen Schifffahrtskrise einige Fonds der Entwicklung hinterher und konnten ihre Rückstände noch nicht aufholen, einige andere erlitten Schiffbruch. Jordan spricht bei den derzeitigen Charterraten von einem „traumhaften Niveau“. Selbst bei um die Hälfte reduzierten Einnahmen würde es den meisten Investoren noch gut gehen: „Bei den hohen Ausschüttungen ist es möglich, dass Anleger ihre komplette Einlage in nur einem Jahr verdienen. Bei einigen neueren Schiffen sehen wir Ausschüttungen von 100 %.“ Logisch, dass die Zeichner der Fonds das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen.
Fakten von den Schifffahrtsmärkten belegen die gute Laune. So notiert der World Container Index der auf Schiffe spezialisierten Research-Agentur Drewry Anfang Januar 2022 rund 80 % über dem Wert ein Jahr zuvor. Die aktuelle Tages-Charter für einen Container mit 40 Fuß Länge liegt mit rund 9.400 Dollar mehr als dreimal so hoch wie der Fünf-Jahres-Durchschnitt. Das Statistische Bundesamt zählte im Jahr 2020 eine Transportmenge von 147,8 Millionen TEU, wobei TEU für Twenty-foot-Equivalent Unit steht, also einen Standard-Container mit 20 Fuß Größe, was gut sechs Meter sind. Für Ende 2021 rechneten die Datensammler mit 161 Millionen TEU. Die Reederei Ernst Russ AG fasst in ihrem aktuellen Schifffahrtsmarkt- Kommentar die ersten neun Monate 2021 als „überwältigen Boom in der Containerschifffahrt“ zusammen und spricht von sehr guten Aussichten für 2022.
Trotzdem liegt aber auch bei der Oltmann Gruppe der bislang letzte Publikumsfonds schon einige Jahre zurück. Anleger beteiligten sich ab 20.000 Euro an dem Mehrzweckfrachter „MS Bootes“. Gut denkbar jedoch, dass es in diesem Jahr wieder Angebote für private Kapitalanleger gibt – falls das Unternehmen geeignete Fonds-Schiffe findet: „Wir haben in der Vergangenheit viele Second-Hand-Schiffe platziert. Das ist als AIF bei den üblichen Vorlaufzeiten von sechs bis neun Monaten bei der BaFin nicht machbar. So lange wartet kein Käufer“, sagt Jordan. Nun jedoch sieht er auch die Zeit für Neubauten wieder gekommen. Oltmann will in diesem Jahr vier Schiffe für semiprofessionelle Investoren als Vermögensanlage ab 200.000 Euro Kapitaleinsatz platzieren.
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