Vereinzelte Blütenpracht

02.02.2015

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Die deutsche Wiedervereinigung liegt mehr als 25 Jahre zurück. Ostdeutschland holt wirtschaftlich langsam auf. An einigen, selbst unerwarteten Standorten, haben sich hoch lukrative Immobilienmärkte entwickelt. B-Standorte und Schwarmstädte locken mit attraktiven Renditemöglichkeiten.

Eine Studie, die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) jüngst veröffentlichte, belegt, dass in vielen Bereichen die neuen Länder aufholen. Insbesondere die Wirtschaftskraft ist gestiegen und die Lohnstückkosten gesunken. Auch die Einkommen haben sich dem Niveau im Westen angenähert. Eines der Hauptprobleme für Ostdeutschland ist die schrumpfende Bevölkerungszahl, speziell in ländlicheren Regionen. Um zwei Millionen ist die Bevölkerung in Ostdeutschland seit 1990 zurückgegangen, so das IW. Besonders junge Menschen sind auf der Suche nach Arbeit ausgewandert. Die Forscher des IW regen daher an, die ostdeutschen Länder für Zuwanderer attraktiver zu machen.

Ganz so trist ist es im Osten keineswegs,

vereinzelt kann man Pflänzchen der einst versprochenen

„blühenden Landschaften" entdecken.

Die große Zeit der Abwanderung ist vorbei. Laut des Jahresberichts zum Stand der Deutschen Einheit verloren die östlichen Bundesländer im Jahr 2012 nur noch 2.000 Bürger durch Abwanderung. In den Jahren 2000 bis 2005 waren es jährlich durchschnittlich 66.000 Personen. Die Geburtenzahlen steigen und einige Hochschulen genießen internationale Anerkennung. „Einige Ballungsräume in den neuen Bundesländern führen längst kein Schattendasein mehr am Wohnimmobilienmarkt, beispielsweise Leipzig und Dresden. Diese Städte verzeichnen bereits seit Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum, das dem Anstieg der Wirtschaftskraft, der positiven Arbeitsmarktentwicklung und nicht zuletzt dem Flair dieser Städte zu verdanken ist. Diese Städte holen nicht auf, sondern bewegen sich längst auf Augenhöhe mit Standorten in den alten Bundesländern, wenn man einmal von Premiummärkten wie München, Düsseldorf und Co. absieht", sagt Sven Herbst, Vorstand VALERUM Invest AG. Das unterstreicht auch Marcus Kraft, Vorstand der ZBI, die schon seit einigen Jahren in Ostdeutschland investiert. „Leipzig und Dresden zählen inzwischen zu den großen und attraktiven Städten deutschlandweit. Grund sind nicht nur etablierte Unternehmen, die ihre Standorte dorthin verlagern und vergrößern, sondern auch die High- Tech Start-ups, die sich u. a. in Dresden ansiedeln", so Kraft. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind im Osten vergleichsweise hoch, sie liegen klar über dem EU-Durchschnittsniveau und erreichen mit 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts etwa das Niveau der Vereinigten Staaten.

Während der Erwerb von Wohneigentum in

Westdeutschland teilweise unbezahlbar ist, finden wir

in Ostdeutschland in fast allen Regionen

bessere Bedingungen vor.

Eine aktuelle Postbank-Studie belegt, dass in 70 von 77 Kreisen und kreisfreien Städten, von Mecklenburg-Vorpommern bis Sachsen, auch Haushalte mit geringerem Nettoeinkommen eine finanzierbare 70-Quadratmeter-Wohnung bekommen. Zudem sind die Aussichten auf Wertsteigerung in einigen Städten überdurchschnittlich gut. Die besten Zukunftsaussichten für Immobilien in Ostdeutschland bietet laut Postbank-Experten Jena. In Summe aller untersuchten Zukunftsfaktoren zu Arbeitsmarkt, Wettbewerb und Innovation sowie Wohlstand und sozialer Lage steche die Universitätsstadt hervor. Bundesweit liegt sie auf Platz 39. Für Jörg Walter, Geschäftsführer IVM, bietet vor allem auch Potsdam als Landeshauptstadt und Universitätsstadt, neben Leipzig und Dresden, gute Chancen, dass der Wert der Immobilie steigt. Potsdam profitiere durch die Nähe zu Berlin und werde auch immer attraktiver, fügt Oliver Bechstedt, Vorstand der DGG AG, an. Niclas Karoff, Mitglied des Vorstandes der TLG IMMOBILIEN AG, ergänzt in diesem Kontext: „Sachsen und Thüringen haben traditionell eine im Vergleich zu anderen ostdeutschen Regionen gut entwickelte Wirtschaftsstruktur und konnten nach der Wiedervereinigung relativ rasch damit punkten. Rostock hat sich nicht nur durch den Tourismus, sondern auch als ein wichtiges Zentrum der maritimen Wirtschaft in Deutschland und als Universitätsstadt schnell unter den Wachstumsstädten eingereiht."

Beim Blick über ostdeutsche Immobilienstandorte

sticht zwangsläufig unsere Bundeshauptstadt

mit ihrer Strahlkraft hervor.

Berlin wächst und das laut einer TLG-Studie so schnell wie keine andere der sieben großen deutschen Metropolen. Zum Jahresende 2013 lag die Berliner Bevölkerungszahl bei circa 3,5 Millionen Personen. Der Wachstumskurs Berlins ist auch für Immobilieninvestoren interessant, wirken sich doch steigende Einwohnerzahlen nicht nur am Wohnimmobilienmarkt, sondern auch am Markt für Gewerbeimmobilien positiv aus. „An der Bundeshauptstadt kommen Investoren nicht mehr vorbei. Dies belegt auch das Städteranking von Urban Land Institute (ULI) und PWC. Berlin ist auf Platz 1 aller europäischen Metropolen angekommen und gefragt wie derzeit keine andere Großstadt", sagt Alexander Schlichting, geschäftsführender Gesellschafter PROJECT Vermittlungs GmbH.

Neben Berlin sehen Experten eindeutiges

Entwicklungspotenzial in den sächsischen

Metropolen Leipzig und Dresden.

Leipzig, mit über 500.000 Einwohnern bedeutende Produktionsstätte im Osten, ist in den vergangenen Jahren auch zunehmend zum Anziehungspunkt für Kreative geworden. Diese haben sich mit Unternehmensgründungen niedergelassen und leisten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung. Allein zwischen 2010 und 2012 wuchs das Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigen um 8,5 %. Zudem konnte Leipzig seit 2007 einen Rückgang der Arbeitslosenquote von 15,5 auf unter 10 % verzeichnen. Das gute Abschneiden der sächsischen Metropole bei Arbeitsmarkt und Demografie spiegelt auch der Prognos-Zukunftsatlas 2013 wider, wo die Stadt deutlich Plätze gutgemacht hat. Leipzig verfüge über eine lange Tradition als Wirtschafts- und Universitätsstandort und vielleicht toppe diese Stadt deshalb in puncto Bevölkerungswachstum derzeit alle anderen Großstädte Deutschlands, ergänzt VALERUM-Vorstand Herbst.

Auch Interessenten von Denkmalschutzobjekten

finden speziell in Ostdeutschland noch viele unentdeckte Perlen.

Mit aufwändigem Sanierungs- und Modernisierungsbedarf lässt sich der historische Charme mancherorts gut erhalten und historisch wertvolle Gebäude vor dem Verfall schützen, die sich dann perfekt ins Stadtbild eingliedern. „Die noch vorhandenen Objekte sind bei den Investoren von sehr großem Interesse aufgrund der erhöhten Abschreibung nach § 7i Einkommenssteuergesetz. Aufgrund der steigenden Nachfrage werden immer mehr Industriedenkmäler zu modernen Wohnlofts umgestaltet", so Bechstedt. Im Osten gäbe es immer noch ein großes Angebot an Denkmalobjekten, die mit den Jahren immer interessanter und wertvoller würden, fügt Walter abschließend an. (ah)

Ostimmobilien – Printausgabe 01/2015