Schlägt David Goliath?
01.03.2023
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Größe ist immer relativ. Und wenn schon groß, dann auch besser? Mit Blick auf die Performance einiger DAX-Werte stellen sich Marktteilnehmer diese Frage. Natürlich sind die großen Dickschiffe jedem Anleger ein Begriff, doch es lässt sich auch in kleinere Werte, Segmente und Indizes investieren. Der deutsche Leitindex DAX ist landauf, landab bekannt. Doch Nebenwerte können im Portfolio Ihrer Kunden durchaus eine sinnvolle, lukrative Alternative sein. Dann werden aus den kleinen Stars die wirklich Großen.
2022 war ein aufreibendes Jahr. Die positive Korrelation von Aktien und Anleihen hat viele Investoren auf dem falschen Fuß erwischt. Zum Jahresende waren einige froh, wenn sie mit einem blauen Auge, d. h. einstelligen Verlusten, davonkamen. Der große deutsche Leitindex DAX 40 hatte 2022 mit einem Minus von 12 % beendet. Leidvoller war es für die viele Nebenwerte. Tief im roten Bereich mit einem Abschlag von mehr als 25 % schloss der MDAX das vergangene Jahr ab. Ähnlich katastrophal fiel es für den noch kleineren Bruder SDAX aus. Hier betrug das Minus knapp 28 %. Mit dem Beginn 2023 zeigte sich eine Kehrtwende – aus den Verlierern wurden Sieger. Hält der positive Trend bei den Nebenwerten an?
Konjunktursensitives Investment
„Die Situation ist sehr spannend! In der Vergangenheit wurden europäische Small Caps aufgrund ihres höheren Wachstums mit einem Aufschlag gegenüber Large Caps gehandelt; nach der deutlichen Underperformance von Small Caps ist dieser Aufschlag jedoch fast verschwunden. Erfolgreiche Small Cap-Unternehmen sind in der Vergangenheit über den Konjunkturzyklus hinweg viel stärker gewachsen als ihre größeren Konkurrenten, da sie in der Lage sind, sich anzupassen und von der zunehmenden Marktgröße zu profitieren“, sagt Phil Macartney, Investment Manager European Equities und Fondsmanager des Jupiter Pan European Smaller Companies bei Jupiter Asset Management. Stéphanie Bobtcheff, Managerin für europäische Aktien und Teamleiterin für Small und Mid-Caps bei LFDE, ergänzt, dass die starke Underperformance jedoch hauptsächlich im 1. Quartal 2022 stattfand – im Zuge der Sektorrotation von Growth zu Value und der Verdichtung der Bewertungsmultiplikatoren bei Wachstumswerten. „Der Beginn des Jahres 2023 war mit einem Anstieg der Märkte um bis zu 8 % sehr stark. Unserer Ansicht nach ist das etwas zu viel und zu schnell“, fügt sie ergänzend an. Blickt man auf die Werte, so ist die schiere Fülle an interessanten Unternehmen atemberaubend. Denn rund 90 % der Firmen zählen insgesamt zu den Nebenwerten. Viele sind in Nischen unterwegs und/oder Weltmarktführer. Bei einem Großteil dieser Unternehmen spielt die Gründerfamilie bis zum heutigen Tag eine mitentscheidende Rolle. Die Geschäftstätigkeit ist vergleichsweise längerfristig ausgelegt – auch das unterscheidet diese Werte der zweiten/dritten Reihe von den Dickschiffen in der ersten Reihe. Mehr als 1.200 „Hidden Champions“ soll es hierzulande geben, knapp die Hälfte aller Hidden Champions weltweit. Sie sind so etwas wie die „Speerspitze der deutschen Ökonomie“. „Geht man davon aus, dass die Inflation in Europa ihren Höhepunkt erreicht hat und sich auch die Zinsen stabilisieren, hellt sich das Umfeld für Small und Mid Caps deutlich auf“, so die LFDE-Expertin Bobtcheff. Blickt man auf einzelne Werte, so zeigt sich beispielsweise im MDAX ein sehr differenziertes Bild. Zu den Tops, bezogen auf die Wertentwicklung in den vergangenen drei Monaten (Stichtag: 29.01.23), zählen aktuell die Aktien von Delivery Hero, Aurubis, Aroundtown und TAG Immobilien. Zu den Flops gehören u. a. die EVOTEC und K+S. Insgesamt notierten von den 50 MDAX-Werten zu Ende Januar nur zehn im Minus. Anders ausgedrückt: Da wurde schon ein guter Schluck aus der Pulle genommen.
Marktkenntnisse unverzichtbar
Bei der Auswahl von kleineren Unternehmen ist naturgemäß mehr Know-how gefragt. Denn die kleineren Titel sind tendenziell eher spekulativer, bieten dafür aber höhere Ertragschancen. Und im Gegensatz zu multinationalen Konzernen sind weniger Nebenwerte-Unternehmen gezwungen, aufgrund finanzieller Altlasten aufgenommenes Fremdkapital abzubauen. Das spült Geld in die Kasse, was seinerseits zur Expansion genutzt werden kann. Darüber hinaus bieten kleinere Werte gegenüber den großen DAX-notierten Firmen den Vorteil, dass sie tendenziell flexibler sind und sich schneller neuen Marktgegebenheiten anpassen können. Investoren bieten sie zudem die Möglichkeit, dass man über eine Anlage in bestimmte hochspezialisierte Small- und Mid Caps gezielt in ein Thema oder einen Wirtschaftstrend investieren kann. Denjenigen, die Nebenwerte als willkommene Beimischung und möglichen Renditetreiber in ihrem Portfolio sehen, bieten sich entsprechende Fondslösungen. Jedes Haus hat Mid/Small Caps im Sortiment. Gelegentlich lohnt jedoch ein Blick auf jene kleineren Anbieter und Boutiquen, für die das Nebenwerte-Segment eher in Richtung ihrer Kernkompetenzen geht. (ah)