Russland ist nicht abzuschreiben

07.05.2015

Aristoteles Damianidis

**Krisenherde gibt es en masse. Manchmal liegen diese in unmittelbarer Nachbarschaft. Mit **Aristoteles Damianidis, Portfoliomanager im Emerging-Market Debt-Team bei UBS Global Asset Management, sprachen wir über die Zukunft Russlands und anderer osteuropäischer Staaten.

finanzwelt: Wenn von Russland die Rede ist, dann zuletzt meistens in Kombination mit Sanktionen. Nun kommt die Weltbank zur Einschätzung einer langwierigen Rezession in Russland. Die Konjunkturaussichten hätten sich wegen der Sanktionen des Westens und des Ölpreisverfalls deutlich eingetrübt. Wie schätzen Sie die Lage ein und welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die Gewichtung im Fonds?

Damianidis: Es stimmt, dass sich Russlands Wirtschaftsaussichten eingetrübt haben. Hauptsächlich wegen des Ölpreisverfalls im zweiten Halbjahr 2014, aber auch wegen den Sanktionen des Westens. Die Sanktionen treffen die russische Wirtschaft eher mittelfristig durch ein geringeres Wachstumspotenzial, da Zukunftsinvestitionen durch die Kapitalrestriktionen fehlen. Allerdings ist der Wachstumsausblick nicht der einzige Faktor, der entscheidend für die Bonität eines Landes ist, Verschuldungsgrade und Leistungsbilanzentwicklung sind weitere wichtige Einflüsse. Diese sind traditionell schon sehr gut in Russland gewesen und verbessern sich aktuell trotz des schwierigen Umfelds. Die Auslandsverschuldung Russlands geht massiv zurück und die Leistungsbilanz erzielt weiterhin hohe Überschüsse trotz des Ölpreisverfalls. Das sind starke Anker für uns als Anleihen-Investoren. In der Kombination mit den – unserer Meinung nach sehr attraktiven Bewertungen – wollen wir in russische Anleihen investiert sein.

finanzwelt: Im vergangenen Jahr lag die Performance Ihres Fonds hinter der Benchmark. Worauf führen Sie das zurück? Haben die Kurse an den Anleihemärkten in Osteuropa die verbesserte Wirtschaftslage noch nicht ausreichend wiedergespielt?

Damianidis: Man kann die letztjährige Performance der europäischen Schwellenländer in zwei Gruppen aufteilen, einmal die Anleihen osteuropäischer EU-Mitgliedsstaaten, die letztes Jahr einen positiven Beitrag für die Fondperformance geleistet haben und andererseits die Anleihen ölexportierender Länder der ehemaligen Sowjetunion. Der Ölpreisverfall hat uns in seiner Geschwindigkeit und in seinem Ausmaß überrascht. Länder wie Russland, aber auch Aserbaidschan oder Kasachstan, haben einen negativen Beitrag eingebracht.

finanzwelt: Sie nutzen auch Lokalwährungen als Renditequelle, neben Polnischem Zloty auch die Türkische Lira. Machen Sie in diesem Kontext keine Risiken aus?

Damianidis: Überall können plötzliche Risiken auftreten und auf die muss man reagieren, aber bei den Lokalwährungen sehen wir eher Chancen. Wir sehen hier eine günstige Kombination von einerseits wiedergewonnener wirtschaftlicher Stärke, vor allem der osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten wie z. B. Rumänien oder Ungarn und andererseits eine lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die noch für eine ganze Weile anhalten wird und die den Euro durch niedrigere Zinsen und die Ausweitung der Geldmenge schwächt. Aus beiden Gründen erwarten wir Kapitalzuflüsse in die osteuropäischen Länder, die deren Währungen unterstützen sollten. (ah)

Interview mit Aristoteles Damianidis - Online-Ausgabe 02/2015