„Pflegeversicherung gehört zum ‚Pflichtprogramm‘ jeder Beratung.“

23.09.2013

*Dr. Rainer Reitzler, Vorstandsvorsitzender der MÜNCHENER VEREIN Versicherungsgruppe, fordert eine konsequente Beratung zum Pflegefallrisiko.*

Wir kennen die statistischen Zahlen zum Pflegefallrisiko zur Genüge. Die Anzahl Pflegebedürftiger steigt kontinuierlich von 2,5 auf 4,5 Millionen im Jahr 2050 an. Die gesetzlichen Leistungen der Pflegepflichtversicherung reichen auch mit Abschluss der staatlich geförderten privaten Pflegezusatzversicherung, dem so genannten Pflege-Bahr, nicht aus, die finanzielle Lücke im Pflegefall zu schließen. Befragungsergebnisse zeigen, dass sich zwar die meisten Bundesbürger ihres Pflegefallrisikos bewusst sind, und dennoch ist die nicht ausreichende Absicherung des Pflegefallrisikos fast schon eine Volkskrankheit, denn über 70 Millionen Deutsche sind eben noch nicht ausreichend gegen die finanziellen Folgen eines Pflegefalls abgesichert.

Für diese Menschen tickt eine „Zeitbombe". Das Pflegefallrisiko ist zwar vor allem für den Pflegebedürftigen ein persönlicher Schicksalsschlag, aber es ist auch ein großes finanzielles Risiko, das nicht nur den Pflegebedürftigen selbst, sondern auch seine Angehörigen betreffen kann – finanziell, organisatorisch und vor allem auch durch die psychischen und physischen Belastungen aller Beteiligten. Auch wenn zur Zeit etwa 70 % der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt werden, oftmals durch Angehörige, ist der finanzielle Bedarf im Pflegefall enorm – für einen finanziellen Ausgleich eines pflegenden Angehörigen, für einen ambulanten Pflegedienst oder auch für zusätzliche Dienstleistungen. Die gesamte Versicherungsbranche ist aufgefordert, in der Beratung und Betreuung der Kunden nicht locker zu lassen, die Menschen für das Pflegefallrisiko zu sensibilisieren, den individuellen Bedarf zu ermitteln und die richtige Pflegeabsicherung anzubieten.

Unsere Erfahrungen in der Beratung zum Thema Pflege haben gezeigt, dass der Vorsorgebedarf entsprechend den persönlichen, familiären und finanziellen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich sein kann. Versicherungsunternehmen müssen deshalb geeignete, flexible Pflegeprodukte einschließlich einer vertriebsunterstützenden Beratungssoftware anbieten, damit sich der Vertriebspartner auf die individuelle Beratung des Kunden konzentrieren kann. Der Markt potenzieller „Pflege-Kunden" wächst kontinuierlich, da die Lebenserwartung und damit auch das Risiko, ein Pflegefall zu werden, stetig ansteigen. Der finanzielle Aufwand selbst für eine vollständige Pflegeabsicherung liegt oftmals deutlich unter dem Beitrag für eine Kfz-Vollkaskoversicherung, wobei das finanzielle Risiko eines Pflegefalls deutlich höher ist. Dieses Beispiel sollte uns allen zu denken geben.

Die Pflegeversicherung ist trotz Diskussionen um zukünftige Systeme einer Krankenversicherung oder auch des Garantiezinses in der Lebensversicherung ein ganz zentrales Vorsorgethema, für Vertriebspartner in der Beratung der Kunden fast schon eine moralische Verpflichtung und für die gesamte Versicherungsbranche ein enormer Zukunftsmarkt.

(Dr. Rainer Reitzler)

Meinung - Printausgabe 05/2013