No panic!

27.10.2023

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Auch der US-Immobilienmarkt ächzt unter der Zinswende. Die Hypothekenzinsen in den USA sind so hoch wie seit langem nicht mehr. Der Transaktionsmarkt ist nahezu zum Erliegen gekommen. Doch auch vor diesem Hintergrund tun sich Chancen auf. Stabile Fundamentaldaten sprechen für die USA als führende Volkswirtschaft.

Analysiert man die Entwicklungen an den Immobilienmärkten, dann lohnt ein Blick auf die Volkswirtschaft. Geht es der Wirtschaft gut, dann florieren – vereinfacht gesagt – auch die einzelnen Marktsegmente. Wie schaut die Lage in den USA im Spätsommer/Frühherbst 2023 aus? Die Inflation ist runtergekommen, die Anspannung am Arbeitsmarkt hat sich im August weiter verringert, gleichzeitig sind Erwerbsbeteiligung und Arbeitslosenquote gestiegen. Der Eindruck entsteht, dass wir jenseits des Atlantiks auf einem guten Weg zur „Normalität“, sind. Natürlich darf dabei nicht vergessen werden, dass der Zinserhöhungszyklus auch Bremsspuren auf dem US-Immobilienmarkt hinterlassen hat. Christian Kunz, Sales und Marketing Manager TSO, sagt zur aktuellen Lage: „Die US-Wirtschaft befindet sich in einer durchwachsenen Verfassung. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im 2. Quartal 2023 mit 2,4 % stärker als im Quartal davor. Dies lässt darauf hoffen, dass sich die Erholung weiter und womöglich sogar dynamischer fortsetzen wird. Das Risiko einer Rezession scheint zu sinken, und sollte sie eintreten, dürfte sie nur von kurzer Dauer sein.“ Ins gleiche Horn stößt auch Martin Stoß, Geschäftsführer und Leiter des Geschäftsbereichs Immobilien USA, BVT Holding: „Da die Fed jedoch – wie auch ihr europäisches Pendant – eine Inflation von 2,0 % anpeilt, sind weitere Zinsschritte zwar nicht ausgeschlossen, doch die US-Geldpolitik ist wohl auf der Zielgeraden und eine Zinsatempause daher wahrscheinlich.

Back for good?

Die Heftigkeit des Zinsanhebungszyklus hat dem US-Immobilienmarkt zweifellos zugesetzt. Die vergangenen Monate waren für den US-Immobilienmarkt nicht einfach. Im 1. Quartal 2023 traten die Sorgen um die Banken hinzu. In diesem Zusammenhang rückte auch die Assetklasse der Immobilien, im Besonderen des Gewerbesegments, wieder in den Fokus. Parallel dazu stiegen die Leerstandsquoten im Büromarkt immer höher. Doch die Zinswende machte auch vor den anderen Immobiliensegmenten nicht Halt. Folglich sind die Investmentvolumina in der 1. Jahreshälfte eingebrochen. Dies gelte bei Weitem nicht nur für das Bürosegment, sondern erstrecke sich über alle Segmente, so Analysten der Deka in ihrem jüngsten Marktbericht. Dr. Gisbert Beckers, Gründungspartner und geschäftsführender Gesellschafter, German American Realty, kommentiert die Lage mit Blick auf die gestiegenen Hypothekenzinssätze folgendermaßen: „Zuletzt ist der 30-jährige Hypothekenzinssatz auf 7,5 % p.a. gestiegen, er liegt so hoch wie zuletzt vor etwa 20 Jahren. Die Auswirkungen sind vor allem auf dem gewerblichen Immobilienmarkt zu spüren, über eine sinkende Mietnachfrage und erhebliche Preisabschläge. Der Wohnungsmarkt weist weiterhin eine stabile Nachfrage und Mietpreisentwicklung auf und ist damit fundamental gesund. Direkt von den hohen Zinsen betroffen sind klassische Eigenheimkäufer.“ TSO-Experte Kunz fügt in diesem Kontext an, dass sein Haus sich die vorangegangene Niedrigzinsphase zunutze gemacht habe, um niedrige Zinsen festzuschreiben und Refinanzierungen vorzunehmen. Hinsichtlich der Investitionsvolumina im 1. Halbjahr 2023 kommen die Deka-Spezialisten zur Aussage, dass Apartments trotz des spürbaren Rückgangs immer noch den größten Anteil an den Investitionen ausmachen, gefolgt von Logistik und Retail. Büros folgen bei den Gesamtinvestitionen auf dem vierten Rang, dahinter das Hotelsegment. Natürlich haben die restriktiveren Vorgaben Spuren im Investitionsgeschehen bzw. bei der Projektfinanzierung hinterlassen. USA-Kenner Stoß bemerkt: „Fremdkapitalquoten von 60 % sind nicht mehr möglich, wir sehen diese derzeit im Bereich von 50 bis 55 %. Hinzu kommt eine deutlich restriktivere Kreditvergabepraxis seitens der Banken.“

Lichtblicke aus fundamentaler Sicht

Positiv ins Feld lässt sich führen, dass der Hochpunkt des aktuellen Straffungszyklus erreicht sein dürfte. Eine vergleichbare Situation zur Finanzkrise 2008/09 und dem damaligen Platzen der Immobilienblase ist nicht gegeben. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: der Bevölkerungsanstieg. Und damit einhergehend der Wunsch jedes Einzelnen, adäquat zu wohnen. Ein genauer Blick auf die einzelnen Teilmärkte bleibt jedoch unverzichtbar. Aufgrund stark gestiegener Preise für Einfamilienhäuser und Hypothekenzinsen bewertet CBRE die Nachfrage nach Mietwohnimmobilien in der näheren Zukunft besonders gut. Bei Büroimmobilien sehen die Analysten hingegen ein stark gespaltenes Bild und gehen davon aus, dass die Flächennachfrage bei Top-Immobilien an A-Standorten weiter anziehen wird.

In diesem Zusammenhang, auch im Kontrast zu Deutschland, sollte man sich vergewissern, wie heterogen und groß die Vereinigten Staaten sind. „Finde heraus, wohin die Leute gehen und sei vor ihnen dort“, sagt Christian Kunz, der insbesondere den Südosten für US Gewerbeimmobilienmarkt für nach wie vor attraktiv hält. Den Fokus auf Neubau im Wohnsegment und sehr gut gelegenen Bestandsimmobilien, bevorzugt im „Sun Belt“, ist auch für die German American Realty entscheidende Maxime. Auch für die BVT sind und bleiben die US-Ostküste, vor allem die Großräume Boston, Washington, Atlanta und Orlando, sowie der Sun Belt, die bevorzugten Investitionsschwerpunkte. Spannend zu verfolgen dürfte es auch sein, wohin sich die USA in Sachen ESG und die Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien bei Immobilien entwickeln. Hier scheint Europa einen Schritt voraus zu sein. (ah)

                                            
                                      
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