Nachhaltigkeitsprozesse sind kein Sprint, sondern ein Marathon

18.02.2025

(v. l. n. r.) Stefan Gehrke, Redakteur finanzwelt, Thomas Hein, Gunter Schäfer, Dr. Robin Braun, Philipp Bäcker und Alexander Heftrich, Chefredakteur finanzwelt / Foto: © Sabrina Henkel

Exklusiv

Dr. Braun» Ich gebe Ihnen absolut recht: Es fehlt an positiven Beispielen. Ich bin jetzt mit dem Begriff ‚Impact‘ immer etwas vorsichtig. Da denken viele an ganz junge, innovative, dynamische Startups, die irgendwo in Afrika investieren. Aber in diesen großen Konzernen, die Sie zitiert haben, findet eine Transformation statt, die wirklich etwas bewirkt. Diese Unternehmen haben Notwendigkeiten erkannt und dies auch mit ihrem Geschäftsmodell operativ gekoppelt. Genau diese Transformation gilt es, auch für uns als Investoren hervorzuheben, und das müssen die Firmen in der Außendarstellung besser vermarkten. Bei der ESMA-Namensgebungsleitlinie bin ich immer noch der Meinung, dass ein sogenanntes Crowding-Out von denen, die eher halbherzig agiert haben, gar nicht mal so schlecht ist. Wenn wir den ganzen Prozess mal übertragen würden auf die Nahrungsmittelindustrie, wären wir irgendwann auch skeptisch, wenn das ganze Supermarkt-Regal voll mit grünen Produkten wäre. Das heißt, auch hier wird es ein paar Anbieter geben, die das Öko-Siegel halten, während sich die anderen wieder normal nennen. Ich fand es auch seltsam, wie inflationär mit dem Wort „Bio“ umgegangen wurde. Da hat keine Behörde richtig draufgeschaut. Stattdessen ist die Finanzbranche immer stärker in den Fokus gerückt…
Bäcker» Wir haben in Deutschland den Hang dazu, immer auf das zu schauen, was alles nicht läuft. Denn zugleich fanden einige positive Entwicklungen statt. Wir haben im letzten Jahr 62 % unseres Stroms aus erneuerbarer Energie gewonnen. Im Jahr 2023 waren es noch rund 53 %. Also, es geht durchaus voran. Gerade diese Leuchttürme brauchen wir. Und das gilt nicht nur für die Welt, die wir um uns herum beobachten, sondern das ragt eben auch in unsere Unternehmen hinein. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es sich hier um einen Transformationsprozess handelt. Und als Versicherer sehen wir uns als Transformationsbegleiter: Wir wollen die volle Breite des Marktes abdecken, mit allen zusammenarbeiten und auch gerade die Firmenkunden bei ihren Prozessen unterstützen. Das ist einfach ein Marathon und kein Sprint. Man muss auf lange Frist planen. Hein» Transformation lebt ja auch davon, dass man andere mitnimmt. Wir reden im Grunde über einen Change- Prozess. Manche erkennen den Bedarf sofort und setzen Maßnahmen rund um die Energieeffizienz sofort um. Andere brauchen dafür etwas länger. Umso wichtiger ist es, für die individuelle Gestaltung Zeit zu haben. Auch bei uns ist von dem Zeitpunkt, zu dem wir das erste Mal über Nachhaltigkeit diskutiert haben, bis zum Erreichen der Ziele, Zeit vergangen. Hier ist insbesondere der Gesetzgeber gefragt. Wenn man Unternehmen für das Umsetzen der klimafördernden Maßnahmen nicht nur Vorschriften erteilt, sondern auch realistische Freiräume gibt, dann wird sich auch etwas verändern. Und diese positiven Beispiele führen dazu, dass am Ende die gute Nachricht bei jeder bzw. jedem Einzelnen ankommt: Ich habe das Potenzial, ich kann selbst was tun und Dinge verändern! (sg/ah)