„Man muss den Kunden dort abholen, wo er ist“
27.08.2020
Dr. Rolf Wiswesser, Vorstand Maklervertrieb Allianz Versicherungs-AG / Foto: © Allianz
finanzwelt: Ist es nicht so, dass der Kunde von der Akzeptanz her nie das Problem war, sondern vielmehr, dass der Makler gedacht hat, dass der Kunde das Problem wäre? Dr. Wiswesser: Die Makler haben sicherlich unterschätzt, in welchem Umfang sich Kunden für solche Selfservices interessieren. Wir sehen aber auch hier einen deutlichen Impuls wegen Corona. Unsere krankenversicherten Kunden haben coronabedingt und natürlich auch, weil andere Kanäle schwieriger zu bedienen waren, zu einer Verneunfachung der digitalen Anfragen für unseren Service ‚Doc on Call‘ geführt. Für die Allianz Gesundheits-App stiegen die Anmeldungen im März gegenüber Februar um 25 %.
finanzwelt: Müssen sich Makler Gedanken machen über die Akzeptanz von Selfservices bzw. die neuen technischen Möglichkeiten, oder können sie davon sogar profitieren? Dr. Wiswesser: Ich bin davon überzeugt, dass der Gewinner allein die Mischung aus persönlicher Beratung und digitalen Selfservices ist. Ein rein digitaler Vertrieb hat immer den Nachteil, dass er bestimmte Beratungsbereiche des Kunden nicht abdeckt. Auch ist es für einen rein digitalen Vertrieb schwierig, Kunden auf seine Plattform zu bringen. Das Beste holt man aus intelligenteren, digitalen und persönlichen Interaktionen. Man muss den Kunden dort abholen, wo er eben ist. Manche Services will der Kunde schnell und sofort haben, da sind digitale Kanäle der bessere Weg. Aber manchmal ergibt es mehr Sinn, den Kunden persönlich zu besuchen oder ihn in einer Videokonferenz persönlich zu beraten. Die ideale Kombination ist das intelligente Vernetzen dieser Kanäle, das schafft das richtige Kundenerlebnis. Das verstehen die Makler und Vermittler bestens.
finanzwelt: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Maklern, gerade in Hinsicht auf Beratung und Verkauf oder Datenauswertung? Dr. Wiswesser: Ein einfaches Beispiel: Der Kunde steht an der Zulassungsstelle und braucht spontan eine Versicherungsbestätigung. Wird er sich dann wieder ins Auto setzen, irgendwo hinfahren, um sich die Doppelkarte von irgendjemandem zu holen? Nein! Er wird das digital machen. Diese Selfservices finden Sie heute auch auf der Homepage eines Vermittlers. Dort kann ich mich einloggen und mir die Unterlagen herunterladen. Ein zweites Beispiel: Wenn ich mit dem Auto einen Unfall oder eine Panne habe und ad hoc eine Lösung brauche. Ich will jetzt nicht warten, bis in zwei Tagen jemand von der Allianz auftaucht und eine Schadensbegutachtung macht. Das muss möglichst schnell und spontan gehen. Hier ist der Berater gefordert, in seiner Dienstleistung eine digitale Unfallbesichtigung mit anzubieten. Es ist nicht seine Aufgabe, das selbst zu machen. Aber er muss sich mit einem Partner zusammentun, der in der Lage ist, die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
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