Lebensmitteleinzelhandel vor Neubewertung

25.08.2017

Habona hat innerhalb kurzer Zeit sieben Nahversorger gekauft / Foto: © o_lypa - stock.adobe.com

Transaktion drückt Lebensmittelaktien

Die Transaktion hatte entscheidende Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Wenige Minuten, nachdem das Geschäft am 16. Juni bekannt gegeben wurde, stieg die Marktkapitalisierung von Amazon um mehr als den Kaufwert von WFM an. Gleichzeitig büßten die Aktienkurse großer Einzelhändler wie Ahold Delhaize, Wal-Mart und Tesco um bis zu 9 % ein. Antoine Ruotte kommentiert dies folgendermaßen:

„Der Kursrutsch unterstreicht die Sorgen der Anleger hinsichtlich des Lebensmitteleinzelhandelsmarkts, da die Transaktion den Vorstoß Amazons in den Lebensmittelmarkt beschleunigt und den Preiswettbewerb aller Wahrscheinlichkeit nach verschärfen dürfte. Unserer Ansicht nach war der Abverkauf aber überzogen. So weisen einige Lebensmitteleinzelhändler bereits die erforderliche Größe auf, um mit Amazon mitzuhalten. Darüber hinaus konzentrieren sich viele Einzelhändler bereits seit geraumer Zeit auf vielfältige Vertriebswege, wie etwa Wal-Mart mit der 2016 abgeschlossenen Übernahme von Jet.com. Die Übernahme von WFM durch Amazon könnte kurzfristig dennoch zu Verwerfungen im Lebensmitteleinzelhandelsmarkt führen und eine preisliche Neubewertung auslösen. Es könnten die Margen des gesamten Sektors unter Druck kommen und eine neuerliche Welle der Marktkonsolidierung nach sich ziehen.“

Aus den enormen Mengen an Daten über die Gewohnheiten der Endverbraucher würde Amazon äußerst nützliche Informationen ziehen. Solche Daten dürfte die weltweite Nummer eins im Onlinehandel aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur nutzen, um sein Lebensmittelangebot zu optimieren, sondern vor allem, um sein Angebot an Hausmarken anzupassen und drastisch auszuweiten.

„Alexa“ als Türöffner zum gläsernen Kunden

Eine tragende Rolle würde dabei die künstliche Intelligenz "Alexa" spielen, die die bequemste, schnellste und günstigste Möglichkeit für den Einkauf von Lebensmitteln bieten würde. Der sich noch in einer recht frühen Entwicklungsphase befindende persönliche Heimassistent, für den man nicht mehr benötigt als lediglich den Klang der eigenen Stimme, könnte im Laufe der Zeit viele Haushaltsaktivitäten übernehmen. Und zwar, indem er Einkaufslisten online bestellt und daran erinnert, dass bald wieder Milch, Kaffee oder Äpfel gebraucht werden.

Kein reiner US-Trend

Auch in Europa kaufen immer mehr Verbraucher die Waren des täglichen Bedarfs online ein. Wenngleich zum Beispiel in Deutschland der Anteil am gesamten Einzelhandel erst 1 % beträgt. Marktforscher gehen davon aus, dass aber schon in ein paar Jahren dieser Anteil bis auf 10 % ansteigen könnte. Im Frühsommer ist Amazon auch in Deutschland in den Markt der Lebensmittellieferdienste eingestiegen. Testweise in Berlin liefert der US-Riese mit ‚Amazon Fresh‘ Wurst, Käse, Obst und vieles mehr an die Kunden aus.

Doch die Konkurrenz schläft nicht: Supermarkt-Platzhirsche wie REWE, Edeka und Kaufland mischen bereits im Online-Handel kräftig mit. „Im Moment ist der Markt zwar noch im Aufbau. Es bleibt deshalb, spannend wie sich das Segment weiterentwickelt“, sagt Antoine Ruotte. (ahu)

www.degroofpetercam.com