"Inflationsraten könnten auch für die nächsten 3 Jahre hoch bleiben"
09.09.2021
Uwe Eilers, Vorstand FV Vermögen AG - Foto: © FV Vermögen AG
Kurz vor der richtungsweisenden Wahl und angesichts vermeintlich hoher Aktienkurse lohnt sich ein Blick auf die Märkte und Segmente. finanzwelt sprach hierzu mit Uwe Eilers, Vorstand FV Frankfurter Vermögen AG.
finanzwelt: Mit Blick auf die deutschen Aktien, welche Erwartungen hegen Sie kurz- bis mittelfristig? Uwe Eilers: Kurz- bis Mittelfristig ist das Risiko einer deutlichen Marktkorrektur überaus groß. Schließlich verharren die Inflationsraten in den relevanten Industrieländern auf sehr hohem Niveau. Dabei sieht es eher so aus, dass die Preisanstiege nicht nur temporär sind. Aufgrund der weiter steigenden Kosten sowohl für Rohstoffe und Vorprodukte als auch für Transport- und Arbeitskosten könnten die Inflationsraten auch für die nächsten 3 Jahre hoch bleiben. Dies sollte den Druck auf die Notenbanken EZB und FED deutlich erhöhen und eine Straffung der sehr laschen Geldpolitik bewirken. Dies wiederum könnte starken Druck auf die Aktienmärkte ausüben.
finanzwelt: Wie fällt Ihr Fazit zur Berichtssaison aus? Eilers: Die Berichtssaison ist im Wesentlichen im Rahmen der allgemeinen Erwartungen ausgefallen. Große Überraschungen sind ausgeblieben.
finanzwelt: Wird nach Ihrer Meinung eher der große DAX oder die Kleineren MDAX bzw. SDAX besser abschneiden? Eilers: Grundsätzlich sollten kleinere Unternehmen höhere Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn ausweisen. Allerdings ist ein wesentlicher Teil eingepreist. Sofern die Aktienmärkte zunächst den Rückwärtsgang einlegen sollten, könnten die DAX-Werte durchschnittlich eher besser performen als die Werte aus MDAX und SDAX.
finanzwelt: Wie bewerten Sie die Vergrößerung des DAX auf 40 Werte? Eilers: Im internationalen Vergleich war der DAX immer recht klein. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass mit dieser Verbreiterung eine wesentliche Änderung einhergeht. Schließlich wird die Gewichtung der Zugänge insgesamt nicht sehr hoch sein.
finanzwelt: Welche Auswirkungen könnte die Bundestagswahl im September haben? Eilers: Die Bundestagswahl könnte kurzfristig deutliche Bremsspuren bei den Versorgern und Wohnungsbauunternehmen hinterlassen. Schließlich ist zu erwarten, dass die Grünen an einer Regierungskoalition beteiligt werden. Klimaschutz wird für alle Parteien ein sehr wichtiger Punkt aller Gespräche sein. Allerdings werden die Grünen einen schnelleren Ausstieg aus Kohlekraft fordern und im Immobiliensektor energetische Sanierungen zur Auflage machen. Letzteres wird die Immobilienpreise voraussichtlich unter Druck bringen.
finanzwelt: Welche Regierungskonstellation käme den Investoren gelegen? Eilers: FDP-CDU oder „Große“ Koalition
finanzwelt: Welche Trends machen Sie für deutsche Aktien aus (Megathemen im Fokus o.ä.)? Eilers: Das Thema Wasserstoff wäre ein Thema für die deutschen Fahrzeughersteller als auch für die Gase-Lieferanten und alle Zulieferer von dafür nötigen Technologien.
finanzwelt: Sehen Sie bspw. einzelne Sektoren als „Outperformer“? Eilers: Die Sektoren rund um das Thema Wasserstoff sollten langfristig ebenso profitieren, wie auch Chip-Technologie, Cyber Security, 5G und vor allem die verschiedensten innovativen Trends in der Medizintechnik.
finanzwelt: Bleibt Value ein gewichtiges Thema hierzulande? Eilers: Value insgesamt sollte differenziert werden. Value-Titel mit rückläufigen Märkten (z.B. Öl-Unternehmen, Versorger, Immobilienunternehmen) könnten auf Dauer eher leiden. Dagegen könnten Unternehmen mit starken Marken und steigenden Umsätzen dauerhaft weiter profitieren (z.B. große Technologie-Unternehmen, Versicherer, Unternehmen aus der Medizintechnik). (ah)