Frauen wird finanzielle Unabhängigkeit immer wichtiger

07.03.2023

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Frauen legen zunehmend Wert auf finanzielle Unabhängigkeit und berufliche Anerkennung, so eine aktuelle Postbank Umfrage. Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel könnte dieser auf lange Sicht dazu beitragen, die Aus-wirkungen des sogenannten „Gender Time Gap“ zu mildern – der geringeren Wochenarbeitszeit von Frauen, die sich nachteilig auf ihre Erwerbsbiografie, finanzielle Unabhängigkeit und Altersvorsorge auswirkt.

Immer weniger Frauen sind in Deutschland auf der Suche nach einem Partner, der sie finanziell versorgt. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle YouGov-Umfrage im Auftrag der Postbank. Während sich 2013 noch 18 % der weiblichen Befragten einen Partner oder eine Partnerin wünschte, der oder die mehr verdient als sie selbst, gilt dies heute nur noch für 11 % – eine Abnahme um 39 %. Die Zahl der Männer, die auf ein Einkommensplus durch Partnerschaft hoffen, ist von knapp 6 % auf 5 % gefallen und hat sich damit kaum verändert.

„Der Wandel der Rollenbilder zeigt sich gerade in der jüngeren Frauengeneration“, erklärt Angela Stein, Abteilungsleiterin Vertriebsanalysen und Impulse bei der Postbank. „Ein eigenes Einkommen und damit finanzielle Unabhängigkeit sind für viele mittlerweile ein hohes Gut.“

Finanzielle Unabhängigkeit – eine Illusion?

Zugleich, auch das zeigen die Umfrageergebnisse, bezeichnet sich eine wachsende Zahl Frauen als finanziell unabhängig. Im Vergleich zu 2011 ist ihre Zahl von knapp 55 % auf rund 61 % gestiegen. Der Anteil der Männer, die angeben, finanziell eigenständig zu sein, ist hingegen gesunken – von knapp 90 % auf rund 78 %. „Es ist bemerkenswert, dass sich so viele weibliche Befragte als finanziell unabhängig wahrnehmen. Denn auch heute sind deutlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit beschäftigt und verdienen bei gleicher Arbeit immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen“, meint Angela Stein. Gleichzeitig betreuen viele von ihnen zu Hause Kinder oder pflegen Angehörige. Diese Care-Arbeit wird in der Regel nicht vergütet und geht deshalb auch nur in geringerem Umfang mit Ansprüchen auf Sozial- und Rentenleistungen einher.

Mehr Vollzeitjobs für Frauen

Laut Statistischem Bundesamt gingen Männer 2020 durchschnittlich knapp acht Stunden mehr pro Woche einer bezahlten Tätigkeit nach als weibliche Beschäftigte. Dieser „Gender Time Gap“ wirkt sich nachteilig auf Erwerbsverlauf und Einkommen von Frauen aus. „Beschäftigungszeiten sind für Frauen wichtig, um bei Krankheit, Arbeits-losigkeit und im Alter ausreichende Ansprüche auf Sozial- und Rentenleistungen zu haben“, betont Angela Stein. „Auch der Arbeitsmarkt ist angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels vermehrt auf weibliche Arbeitskräfte angewiesen.“ Deshalb wäre es wichtig, dass künftig mehr Frauen in Vollzeit arbeiten können. Vielen Deutschen ist diese Problematik offenbar durchaus bewusst. Laut Postbank Umfrage waren 2017 noch knapp 90 % der Meinung, dass Arbeit im Haushalt genauso viel wert sei wie eine berufliche Tätigkeit. 2023 verringerte sich die Zahl auf knapp 78 %. Besonders stark gesunken ist der Anteil der Männer, die Haus- und Erwerbsarbeit als gleichrangig einstufen – von 93 % in 2017 auf knapp 77 % aktuell. Unter den Frauen verringerte er sich von 86 % auf 79 %

Weniger Arbeit – mehr Zeit

„Gleichzeitig legen immer mehr jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance“, so Stein. Ein mögliches Zukunftsmodell – das auch die Belange von Frauen stärker berücksichtigt – wäre, dass beide Partner um die 30 Stunden pro Woche arbeiten und die Care-Arbeit untereinander aufteilen. Voraussetzung für so ein Modell ist allerdings, dass Kinderbetreuung und Pflegeangebote für Senioren flächendeckend sichergestellt sind. Zudem wäre ein Umdenken in Unternehmen nötig: Mitarbeitende beider Geschlechter sollten trotz reduzierter Arbeitszeit keine Nachteile für ihre Karriere befürchten müssen. (ml)